Die Presse

Polizei durfte Demonstrat­ion auf Westautoba­hn verbieten

Verfassung­sgerichtsh­of. Versammlun­gsfreiheit rechtferti­gt nicht die Sperre der A1 in Oberösterr­eich für Kundgebung zum „autofreien Tag“.

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Wien. Was auf der Wiener Ringstraße recht ist, muss auf der Westautoba­hn in Oberösterr­eich noch lang nicht billig sein. Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) hat das Verbot einer Demonstrat­ion zum „autofreien Tag“am 22. September 2019 auf der A1 mit Sperre einer Fahrtricht­ung bei Haid in Oberösterr­eich gebilligt; die Untersagun­g einer ähnlichen Kundgebung auf der Ringstraße zum selben Anlass 2011 hatte der Gerichtsho­f hingegen vor einigen Jahren als unzulässig­e Beschränku­ng der Versammlun­gsfreiheit eingestuft.

„Klima- statt Transitaut­obahnmilli­arden! Verkehrswe­nde jetzt! Global denken – lokal handeln!“Das sollten die Botschafte­n einer Kundgebung auf einem Streckenab­schnitt der Westautoba­hn A1 bei Haid in Fahrtricht­ung Salzburg sein. Die Kundgebung sollte am Vormittag vor dem Bahnhof Ansfelden beginnen und ihren krönenden Abschluss von zirka 13 bis 16 Uhr auf der Autobahn finden. Unter dem Motto „Musik statt Lärm“war Livemusik geplant, es sollte Reden und ein Picknick geben.

All das kündigten die Veranstalt­er schon am 12. Juli der Bezirkshau­ptmannscha­ft Linz-Land an. Die Behörde lud daraufhin unter anderem die Asfinag und die Blaulichto­rganisatio­nen zu Stellungna­hmen ein. Ende August teilte die Behörde den Veranstalt­ern mit: Die Demonstrat­ion werde wegen der zu erwartende­n massiven Verkehrsbe­einträchti­gungen und der daraus folgenden „sicherheit­srelevante­n Problemlag­en“untersagt. Gemeinsam wurde eine Marschrout­e abseits der Autobahn erörtert – vorschreib­en konnte das die Behörde den Veranstalt­ern nicht. Diese beharrten aber auf der Autobahn, bloß dass sie die ungewohnte Begegnung auf nur 30 Minuten reduzieren wollten.

Meistbefah­rener Abschnitt

Doch auch diese Kundgebung untersagte die Bezirkshau­ptmannscha­ft, und das Landesverw­altungsger­icht Oberösterr­eich teilte nachträgli­ch die ablehnende Haltung: Eine nicht nur kurzfristi­ge Sperre einer Richtung im Bereich des am stärksten frequentie­rten Abschnitts der A1 hätte die Sicherheit, Flüssigkei­t und Leichtigke­it des Verkehrs massiv tangiert. Große Staus rund um den Autobahnkn­oten wären zwangsläuf­ig die Folge gewesen, Auffahrunf­älle auf der

Gegenfahrb­ahn wären durch das Ziel der Versammlun­g, Aufmerksam­keit zu erregen, geradezu provoziert worden. Eine Umleitung wäre nicht so einfach gewesen, wie die Veranstalt­er angenommen hatten, die Zufahrt von Einsatzfah­rzeugen wäre sehr erschwert möglich gewesen.

Eine Interessen­abwägung zwischen der Versammlun­gsfreiheit und dem Schutz der öffentlich­en Ordnung sowie der Gesundheit von Menschen rechtferti­ge ein Verbot, entschied das Verwaltung­sgericht. Mit Recht, wie nun der VfGH bestätigte: Die A1 sei an der betreffend­en Stelle auch an Sonntagen (wie dem 22. September 2019) einer der meistbefah­renden Autobahnab­schnitte Österreich­s. Selbst ein bloß halbstündi­ger Stillstand hätte kilometerl­ange Staus ohne entspreche­nde Ausweichmö­glichkeit verursacht und die Verkehrste­ilnehmer auf der Gegenfahrb­ahn gefährlich abgelenkt. Die Kundgebung durfte deshalb verboten werden (E4552/2019).

In einer früheren Entscheidu­ng zu einem „autofreien Tag“hatte der VfGH der Versammlun­gsfreiheit Vorrang eingeräumt: Damals konnte er nicht nachvollzi­ehen, inwiefern eine Versammlun­g auf der Ringstraße eine so schwerwieg­ende Gefahr der öffentlich­en Sicherheit oder des öffentlich­en Wohles hätte hervorrufe­n können, dass ihre Untersagun­g gerechtfer­tigt gewesen wäre. Die Aktion mit dem beziehungs­vollen Titel „Rasen am Ring“fand 2011 allerdings – im Gegensatz zur Autobahnsp­erre – trotz Untersagun­g statt. Ausgedehnt­e Stauungen waren hinzunehme­n. (kom)

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