Warum keine WM-Wunderdinge zu erwarten sind
Handball. Nach einem perfekten Turnier und Platz acht bei der Heim-Europameisterschaft vor einem Jahr sind die Erwartungen von Österreichs Männern vor der WM in Ägypten gedämpft. Es fehlen drei Spieler und 101 Tore.
Wien. Mit Platz acht bei der HeimEM in Wien ist Österreichs Handball-Nationalmannschaft im Jänner 2020 in neue Sphären vorgestoßen. Nie zuvor hatten die ÖHB-Männer bei einer EM-Endrunde besser abgeschnitten, das Team von Alesˇ Pajovicˇ spielte im Grunde ein perfektes Turnier. „In diesem Moment war es unser Maximum. Es hat einfach alles gepasst“, sagt Pajovic,´ der Teamchef, zwölf Monate später.
Tatsächlich hatten für diesen historischen Erfolg alle Räder ineinandergegriffen. Rund um Kapitän Nikola Bilyk, der eine herausragende EM spielte und mit 46 Toren drittbester Werfer des Turniers war, formierte sich eine homogene Mannschaft, die einem klaren taktischen Konzept folgte. Abgesehen von Alexander Hermann gab es keine Ausfälle von Stammspielern zu beklagen, zudem agierten neben Bilyk auch andere Akteure wie etwa Janko
Bozoviˇc´ in Topform. Auch die Auslosung meinte es gut mit RotWeiß-Rot: Die Gruppengegner Tschechien, Nordmazedonien und Ukraine wurden allesamt geschlagen, auf Großmächte des europäischen Handballs wie etwa Kroatien oder Spanien traf man erst in der Hauptrunde. Und: Angepeitscht von einer vollen Wiener Stadthalle und 8000 Fans war permanente Unterstützung von den Rängen gewiss.
Ein Jahr nach der Heim-Euro und wenige Tage vor Beginn der WM in Ägypten ist die Ausgangslage eine andere.
Zwar konnte Erfolgscoach Pajovic´ bis 2023 sogar längerfristig gebunden werden, der ihm zur Verfügung stehende Kader aber hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich an Qualität verloren. Besonders ins Gewicht fällt der Verlust Bilyks. Der 24-Jährige zog sich Ende August einen Kreuzbandriss zu. Mit Routinier Janko Bozoviˇc´ (Achillessehneneinriss) fehlt auch die zweitgrößte Waffe im Rückraum, hinzu kommt die Absage von Österreichs bestem Mann am Kreis, Fabian Posch. Der 33-Jährige sagte die Reise nach Ägypten aus gesundheitlichen Bedenken ab, zudem fehlt Alexander Hermann wie schon bei der EM.
Das Fehlen des Trios BilykBozoviˇc-´Posch schmerzt, damit muss das ÖHB-Team drei der fünf besten Werfer der Heim-EM vorgeben. „Allein diese drei haben uns bei der Euro 101 Tore geworfen. Diese Ausfälle können wir nicht 1:1 kompensieren“, sagt Sportdirektor Patrick Fölser zur „Presse“. Am Donnerstag beginnt das WM-Abenteuer in Gizeh mit dem Spiel gegen die USA. Möchte man in die Hauptrunde der Top 24 aufsteigen, muss ein Sieg her. Gegen die weiteren Gruppengegner Norwegen und Frankreich ist Österreich krasser Außenseiter. Wunderdinge sind bei dieser WM aber ohnehin keine zu erwarten.