Ein Programm für Europa
Salzkammergut. Der Waldviertler Stephan Rabl setzt sich für Kunst und Kultur abseits urbaner Zentren ein – nun als Leiter der Kulturhauptstadt-Region 2024.
Wie umgehen mit den Touristen, die in Massen Orte wie Hallstatt oder Bad Ischl heimsuchen? Das war eine der Fragen, die sich die Initiatoren der Bewerbung des Salzkammerguts als europäische Kulturhauptstadt 2024 bei der Konzeption stellten.
Gut ein Jahr nachdem die Region unter der Führung von Bad Ischl den Zuschlag erhielt, ist es mit dem vielfach beklagten Overtourism vorerst vorbei – viele Unternehmer und Bewohner wünschen sich die vielen Gäste und das gewohnte soziale Leben zurück. Corona hat vieles verändert. „Wir sind die erste Kulturhauptstadt, die die Auswirkungen der Pandemie auf das kulturelle, gesellschaftliche und soziale Leben noch in ihre Konzeption miteinfließen lassen kann“, sagt Stephan Rabl.
Seit 1. November 2020 ist der gebürtige Waldviertler der künstlerische Geschäftsführer der neuen „Kulturhauptstadt Bad Ischl – Salzkammergut 2024 GmbH“, die er gemeinsam mit der Kulturmanagerin Manuela Reichert leitet. Das, was sich gerade an gesellschaftlich-kulturellen Umwälzungen tut, auch im Programm des Kulturhauptstadt-Jahres abzubilden, sieht er als eine wichtige Aufgabe. Schließlich wurde das Bewerbungskonzept noch in einer Zeit geschrieben, in der Corona kein Thema war.
Die Anregung, sich als Leiter der Kulturhauptstadt zu bewerben, kam von Freunden und Bekannten. „Mich haben viele Menschen angesprochen und gemeint, das wäre etwas für mich“, erzählt Rabl. Der 56-Jährige, der in Wien lebt, ist bekannt für sein Engagement für Kunst und Kultur abseits urbaner Zentren.
Ausbildung zum Clown
„Ich bin im Waldviertel in einem Dorf mit dreizehn Häusern aufgewachsen“, sagt Rabl. Die Enge und die Großfamilie ließ er in den 1980er-Jahren hinter sich, um sich mit Theater, Tanz und Performance zu beschäftigen. Er absolvierte in Frankreich eine Ausbildung zum Clown, danach gründete er mit Freunden „Die Schockerlinge“, die damals einzige Clowntruppe in Österreich.
Seine ersten Auftritte führten ihn nach Hallstatt, seither zieht es den Niederösterreicher, der Festivals wie „Szene Bunte Wähne“, „Schäxpir“oder „Szene Waldviertel“gegründet hat, immer wieder ins Salzkammergut. Landschaft und Menschen faszinieren ihn dabei ebenso wie die regionalen Traditionen und die engagierte Kulturarbeit in dieser vom Tourismus geprägten Region.
In Bad Ischl sieht er seine Aufgabe darin, die vielen Ideen und Ansätze zu einem Programm zu vereinen, das dem europäischen Anspruch gerecht wird. Eine Gratwanderung, wie er weiß. Spannend ist für ihn, dass es erstmals nicht eine Stadt, sondern eine Region ist, die den Titel Kulturhauptstadt 2024 trägt. „Es gibt nicht mehr viele Gegenden, wo die traditionellen
Kulturzugänge so ausgeprägt sind wie hier“, beobachtet er. Gleichzeitig gibt es eine starke Szene, die für aktuelle Kulturarbeit und zeitgenössische Kunst steht.
Das Programm der Kulturhauptstadt soll um die vier Themenstränge Macht der Tradition, Kraft der Gegenkultur, Auswirkungen des (Hyper-) Tourismus und Durst auf Rückzug kreisen. „Es gibt viele Ideen, dieses Jahr wollen wir nützen, um sie zu konkreten Projekten reifen zu lassen“, sagt Rabl.
Viele kleine Ereignisse
Sein Ziel für 2024 sind nicht einige große Events, sondern viele Ereignisse und Interventionen, die Bestand haben sollen. Eines ist für ihn klar: Wer das Salzkammergut als Kulturregion 2024 erleben will, wird sich dafür Zeit nehmen müssen. Nur so werde sich die Kultur der Region den Besuchern erschließen, ist er sicher. Aber diese Entschleunigung ist ohnehin eine der großen Veränderungen, die Corona in den vergangenen Monaten mit sich gebracht hat – in der Stadt ebenso wie auf dem Land.