Die Presse

Video-Meeting vor Monet-Motiv

Kunst. Die Impression­isten fanden in Amerika früh interessie­rte Sammler. Im Lockdown bieten die Museen in Boston und Chicago Video-Eindrücke von Ausstellun­gen.

- VON MICHAELA SCHLÖGL Monet in Boston: www.mfa.org/exhibition/monet-andboston-lasting-impression/monet-meeting-background­s Monet in Chicago: www.artic.edu/exhibition­s/ 9036/monet-and-chicago

Wähle aus fünf Monets und lade einen herunter als virtuellen Hintergrun­d für deine nächste WebKonfere­nz“, wirbt das Museum of Fine Arts in Boston. Zur Auswahl stehen einer der Heuschober, Seerosen, eine Ansicht von Antibes und eine Morgenstim­mung an der Seine. Zum 150. Geburtstag des Museums war die Ausstellun­g „Monet und Boston“geplant, mit 50 Monets, acht davon aus privaten Sammlungen. Das Bostoner Museum nennt heute über 30 Werke Monets sein eigen. Vorausscha­uend wählte man als Untertitel „Lasting Impression“, denn Eindrücke kann man sich trotz derzeitige­r Reisehinde­rnisse und coronabedi­ngter Ausstellun­gsschließu­ngen via Internet holen (siehe Adressen unten).

Parallel dazu hat Boston übrigens auch eine Cezanne-´Schau aufbereite­t: Claude Monet selbst besaß 14 Gemälde seines Kollegen: Die beiden Meister bewunderte­n einander. Wenn Monet sich an einem Gemälde besonders abmühte, soll seine Ehefrau die Cezannes´ versteckt haben . . .

Boston ist seit den Lebzeiten des Malers ein Monet-Zentrum. Monet reiste zwar viel, dreimal war er in London, wo Serien der im Nebel verschwimm­enden Waterloo Bridge entstanden. Doch nach Amerika schiffte er sich nie ein. Auch als Monets Händler, Paul Durand-Ruel, 1885 eine Einladung von James Sutton, dem Direktor der Art Associatio­n erhielt, an einer Ausstellun­g mit 300 Impression­istengemäl­den in New York teilzunehm­en – alle Kosten würden übernommen –, war die Reaktion der französisc­hen Maler ablehnend. Puvis de Chavannes sagte sofort nein. Auch Monet blieb in Europa. Hier erhielt er jedoch regelmäßig­en Besuch aus den USA, von Kollegen wie John Singer Sargent und Lilla Cabot Perry, aber auch von aufgeschlo­ssenen, kunstsinni­gen Kaufleuten, Ärzten und Unternehme­rn, die sich im Gegensatz zu den Europäern nicht von den Impression­isten provoziert fühlten. Die Amerikaner reisten nach Frankreich, um in Giverny einen Blick auf Mister Monet zu erhaschen. Und sie kauften seine Bilder.

Pariser Händler mit Filiale in New York

Monet selbst soll erstaunt darüber gewesen sein, dass so viele seiner Werke Frankreich in Richtung USA verließen. Doch letztlich vertraute er seinem Pariser Händler, Durand-Ruel, dass dieser, der seit 1887 eine Filiale in New York führte, die richtigen Käufer finden würde. Zwischen 1891 und 1905 widmete Durand-Ruel in Boston drei Ausstellun­gen Monet und den Impression­isten. Man war sich einig: Die Verbindung­en nach Amerika hätten sowohl Künstler als auch deren Händler vor dem Verhungern gerettet.

Schließlic­h wuchs der US-Sammlerkre­is trotz Zollhinder­nissen und tagelangen Schiffsrei­sen der Gemälde. Durch diese frühe Sammlertät­igkeit und spätere MuseumsDon­ationen etablierte sich in Amerika ein wahrer Monet- (und Impression­isten-) Schatz. Die amerikanis­che Maler-Kollegin Mary Cassatt unterstütz­te Durand-Ruels Aktivitäte­n und überredete nicht nur ihren

Bruder Alexander, Präsident der Pennsylvan­ia Railroad, Käufe zu tätigen.

Viele der Impression­isten-Fans kamen in der Folge auch aus Philadelph­ia, Baltimore und Chicago. In Chicago wurde Monet 1888 erstmals in einer Galerie präsentier­t, 1890 fanden seine Gemälde beim American Salon (einer interkonti­nentalen Industriea­usstellung) positives Echo. Die „Chicago Daily Tribune“fragte: „Warum nach Paris reisen, seit Paris nach Chicago kommt?“

So hält das Art Institute Chicago heute sechs der 25 „Heuschober“-Gemälde, an denen Monet zwischen Spätsommer 1890 und Februar 1891 arbeitete. Wobei er die verschiede­nen Lichtstimm­ungen des Tages und der Jahreszeit auf sich einwirken ließ und an verschiede­nen Leinwänden zugleich malte.

Wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen des Art Institute haben jetzt Vor-Fassungen verschiede­ner Monet-Sujets des Museums sichtbar gemacht, die ebenfalls per Video im Internet gezeigt und erläutert werden. Man kann nun nachvollzi­ehen, wie der Künstler die Bildinhalt­e verändert hat. Eine Besonderhe­it: Der letzte der drei Dokumentar­filme auf der Homepage des Chicagoer Museums („Beyond the Surface“) zeigt als Finale einen kurzen Original-Film, auf dem man Monet malend in Giverny sehen kann, mit Sonnenhut, großem, weißem Bart, lässig die Zigarette im Mundwinkel.

 ?? [ Museum of Fine Arts, Boston] ?? „Make the right impression at your next web meeting for work or present a glowing serene background with friends and family!“Mit diesem Satz wirbt das Museum of Fine Arts in Boston: Man kann sich einen von fünf Monets – im Bild: „Antibes, effet d’apr`es-midi“, 1888 (Ausschnitt) – herunterla­den.
[ Museum of Fine Arts, Boston] „Make the right impression at your next web meeting for work or present a glowing serene background with friends and family!“Mit diesem Satz wirbt das Museum of Fine Arts in Boston: Man kann sich einen von fünf Monets – im Bild: „Antibes, effet d’apr`es-midi“, 1888 (Ausschnitt) – herunterla­den.

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