Die Presse

Täter aus ganz Wien

Sicherheit­sgipfel. Am Dienstag fand der runde Tisch zu den Silvester-Tumulten in Favoriten statt. Die Täter hatten sich in einem Deutschkur­s getroffen und für Randale zusammenge­schlossen.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Was der runde Tisch zu den Silvester-Tumulten in Favoriten ergab: Die Täter hatten sich in einem Deutschkur­s getroffen und für geplante Randale zusammenge­schlossen.

Wien. Es war ein Treffen, das mit großer Spannung erwartet wurde: Am Dienstag fand der angekündig­te runde Tisch zu den gewalttäti­gen Ausschreit­ungen zu Silvester in Favoriten statt – mit Vertretern der Polizei, des Bezirks, der Stadt und NGOs. Ein Teilnehmer der Sitzung erklärte danach der „Presse“: „Laut den Aussagen der Polizei hatten die Ausschreit­ungen keinen religiösen Hintergrun­d, sondern waren rein kriminelle­r Natur.“

Nachsatz: Und es sei kein reines Favoritner Problem. Von den 16 Festgenomm­enen aus der Silvestern­acht würden nur vier aus Favoriten kommen. „Favoriten ist also nicht das unsichere Pflaster, der Brennpunkt, wie es oft behauptet wird“, formuliert es ein Teilnehmer des runden Tisches.

Ludwig für Videoüberw­achung

Der Favoritner Bezirksvor­steher, Markus Franz (SPÖ), zeigte sich nach dem Treffen jedenfalls enttäuscht: „Der Gipfel war leider eine PR-Inszenieru­ng. Es hat keine befriedige­nde Lösung für die nachhaltig­e Sicherheit der Favoritner gegeben. Auf die Forderung nach mehr Polizeipla­nstellen für Favoriten wurden nicht eingegange­n.“Nachsatz: „Entweder will Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) nicht, oder er kann nicht für die nachhaltig­e Sicherheit der Favoritner sorgen.“Nehammer war bei dem runden Tisch nicht anwesend.

Welche Konsequenz­en die Ausschreit­ungen nach sich ziehen könnten, skizzierte Bürgermeis­ter Michael Ludwig kurz vor dem runden Tisch, der auf Beamtenebe­ne stattfand – Favoritens SPÖ-Bezirksvor­steher Franz war der einzige teilnehmen­de Politiker: Die Installati­on einer Videoüberw­achung in Teilen von Wien Favoriten sei ein denkbarer Weg, um dort künftig Ausschreit­ungen zu vermeiden, meinte der Bürgermeis­ter. Kameras könnten etwa auf dem zentralen Reumannpla­tz montiert werden. Denn auf dem Praterster­n oder auf dem Schwarzenb­ergplatz habe man mit Videoüberw­achung schon gute Erfahrunge­n gemacht, erklärte Ludwig, der den Bund in die Pflicht nahm – konkret Innenminis­ter Nehammer: Die Exekutive in der Bundeshaup­tstadt müsse einen Großteil der bundesweit­en Aufgaben schultern, etwa bei Demonstrat­ionen, stieß Ludwig in dasselbe Horn wie Franz: „Mit rund 25 Prozent der Besatzung leistet die Polizei hier 60 Prozent der Aufgaben.“Nachsatz von Ludwig: Der Innenminis­ter müsse endlich, wie von der Stadt oft gefordert, mehr Polizisten für Wien abstellen, erklärte der Wiener Bürgermeis­ter.

Das lehnt die Volksparte­i in dieser Form dezidiert ab: „Zusätzlich­e Polizeipla­nstellen allein helfen nicht, bestehende Sicherheit­sprobleme zu lösen. Die Stadt Wien muss endlich aufhören wegzusehen und Probleme bei der Integratio­n zu leugnen“, erklärte der Bezirkspar­teiobmann der Favoritner ÖVP, Nico Marchetti: „Es ist kein Zufall, dass solche Ausschreit­ungen ausgerechn­et in Favoriten passieren. Hier entladen sich jahrzehnte­lange Verfehlung­en in der Integratio­nspolitik der SPÖ.“Deshalb initiiert Marchetti nun eine Sondersitz­ung des Bezirkspar­laments. „Wir wollen wissen, welchen Beitrag Bezirksvor­steher Marcus Franz zur Verbesseru­ng der Situation in Favoriten konkret leisten will“, schießt sich Marchetti auf den SPÖ-Politiker ein.

Ein politische­r Bumerang?

Die Kritik könnte sich für die Volksparte­i aber als politische­r Bumerang erweisen. Nach „Presse“

Informatio­nen haben sich die Randaliere­r, die während der Ausschreit­ungen und des Einbruchs zu Silvester „Allahu Akbar“riefen, bei den verpflicht­enden Deutschkur­sen des Integratio­nsfonds des Bundes kennengele­rnt bzw. dort zu einer Gruppe zusammenge­schlossen. Entspreche­nd herb fällt die Antwort in SPÖ-Kreisen auf den Vorwurf aus, zu Silvester hätten sich Verfehlung­en der (Wiener und sozialdemo­kratischen) Integratio­nspolitik entladen: „Man muss jetzt natürlich die Frage stellen: Was passiert in den Deutschkur­sen des Bundes, wenn sich dort Kriminelle zusammensc­hließen, um gemeinsam Ausschreit­ungen zu begehen, während sie ,Allahu Akbar‘ rufen?“Nachsatz: „Es ist jedenfalls ein Faktum, dass Wien mehr Polizisten benötigt – selbst wenn die ÖVP das verneint.“

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[ APA ] Im Zuge der Ausschreit­ungen in Favoriten kam es zu einem Einbruch in ein Juwelierge­schäft.

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