Kurzarbeit geht in Verlängerung
Arbeitsmarkt. Bei Bedarf könne die Kurzarbeit noch einmal verlängert werden, so der neue Arbeitsminister Kocher.
Bei Bedarf könne die Kurzarbeit noch einmal verlängert werden, so der neue Arbeitsminister, Martin Kocher.
Wien. Martin Kocher ist schnell im neuen Job angekommen: Einen Tag nach seiner Angelobung trat er am Dienstag das erste Mal vor die versammelten Medien, um die aktuellen Arbeitslosenzahlen zu vermelden. Die Hoffnungen, dass der Ökonom und Wirtschaftsprofessor die größte Arbeitsmarktkrise der Zweiten Republik gut managt, sind groß – nun muss er zeigen, dass er sie auch erfüllen kann. Auf seiner ersten Pressekonferenz, gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), nahm er Stellung zu den größten Baustellen seines Ressorts.
Kurzarbeit
414.773 Menschen sind derzeit in Corona-Kurzarbeit, zu Spitzenzeiten im Frühling 2020 waren es 1,3 Millionen. Für Kocher ist die Kurzarbeit „das Instrument, das in der Krise funktioniert hat und es geschafft hat, die Arbeitslosigkeit einigermaßen zu dämpfen“. 94,5 Prozent der Menschen, die im April in Kurzarbeit waren, seien Ende Oktober noch in Beschäftigung gewesen. „Die Kurzarbeit ist keine versteckte Arbeitslosigkeit“, schließt er daraus. Sie sei aber auch „kein Dauerinstrument“. Kocher hatte sich schon im September als Chef des Instituts für Höhere Studien kritisch zur Kurzarbeit geäußert und sich sinngemäß für ein Auslaufen nach einem bis eineinhalb Jahren ausgesprochen. Ende März läuft die dritte Phase aus, und eine der ersten großen Entscheidungen des Ministers wird sein, wie es dann weitergeht. Kocher kann sich vorstellen, das Kriseninstrument noch einmal zu verlängern, aber nur für einen kurzen Zeitraum. Eine allfällige Verlängerung hänge von der Coronapandemie ab. „Wenn wir sehen, dass die Infektionslage noch ein, zwei Monate etwas höher ist, die Impfungen noch Zeit brauchen, kann das durchaus sinnvoll sein.“
Arbeitsmarktkrise
Die Coronapandemie hat zur größten Arbeitsmarktkrise in der Geschichte der Zweiten Republik geführt. Am Dienstag legte der Minister aktuelle Zahlen vor: Zu Wochenbeginn waren 532.751 Menschen in Österreich auf der Suche nach einem Job, um 112.000 oder 26 Prozent mehr als vor einem Jahr. Davon waren 469.772 Menschen arbeitslos gemeldet und 62.979 in einer Schulung des Arbeitsmarktservice (AMS). Arbeitsmarktexperten erwarten den Höhepunkt der Arbeitslosenzahlen für Ende Jänner. Auch der neue Arbeitsminister rechnet vorerst mit einer weiter steigenden Arbeitslosigkeit. Die Zahl der Arbeitslosen werde wahrscheinlich im Jänner und möglicherweise auch noch im Februar leicht ansteigen, was auch saisonal bedingt sei. „Ich hoffe, dass der Gipfel sehr bald erreicht ist“, sagte Kocher. Wenn die Infektionszahlen aufgrund der Impfungen sinken, werde es automatisch eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt geben. „Da müssen wir noch durchhalten.“Im Anschluss gehe es darum, „mehr Umsatz auf dem Arbeitsmarkt“zu machen, also wieder mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen. Dafür sei die Corona-Joboffensive das richtige Instrument.
Ausblick
Wird der vorläufige Höhepunkt der Arbeitslosigkeit tatsächlich im Winter erreicht – oder kommt da noch mehr? Denn dass es heuer eine Pleitewelle in Österreich geben wird, ist fix: Spätestens ab dem zweiten Halbjahr werde auf Österreich eine Insolvenzwelle zukommen, warnte erst diese Woche der Alpenländische Kreditorenverband. Während der Coronakrise wurde die Pflicht ausgesetzt, einen Insolvenzantrag zu stellen. Außerdem stoßen Finanzämter und Sozialversicherungsträger von sich aus keine Pleiten an, wie sonst üblich. Dazu kommen üppige Staatshilfen. Voriges Jahr schrumpfte die Zahl der Insolvenzen um 30 bis 35 Prozent, sagte Kocher. Der Minister sagte aber am Dienstag, das stimme ihn nicht so pessimistisch, „eher für die Betroffenen, aber nicht für den Arbeitsmarkt“. Denn die Insolvenzwelle werde vor allem kleinere und Kleinstunternehmen treffen, weil sie die größten Schwierigkeiten hätten, durch die Krise zu kommen. In der Arbeitslosenstatistik erwartet er daher keine riesigen Zuwächse.
Home-Office-Gesetz
Seit vergangenem Herbst arbeiten die Sozialpartner an einem Gesetz für das Arbeiten im Home-Office. Kocher gab sich am Dienstag optimistisch, dass es bald eine Regelung geben werde. Die Vorarbeiten dazu seien weit fortgeschritten, diese Woche werde er die Vertreter der Sozialpartner treffen. Wegen steuerlicher Fragen gelte es aber, auch das Finanzministerium miteinzubeziehen.