Die Presse

Auch Geimpfte sollen sich testen lassen müssen

Zugangsreg­eln. Wer die Krankheit kürzlich hatte, kann sich den Test sparen, Geimpfte nicht. Hält das rechtlich?

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Wer etwa ins Kino, ins Hotel oder auf eine Veranstalt­ung gehen möchte, soll künftig einen kürzlich erfolgten, negativen Coronatest vorlegen müssen. Über Details wurde am Montag lang von ÖVP, Grünen und SPÖ verhandelt. Die Stimmen zumindest einer Opposition­spartei sind nötig, um das Gesetz durch den Bundesrat zu bringen. Im Nationalra­t dürfte die Novelle am Donnerstag beschlosse­n werden. Aber wer soll sich wofür testen lassen müssen, wer nicht?

1 Befreit es von der Testpflich­t, wenn man die Krankheit bereits gehabt hat?

Laut dem zuletzt bekannten Plan soll dies vom Zeitpunkt abhängig sein. Wer eine ärztliche Bestätigun­g vorlegen kann, laut der er die Krankheit in den vergangene­n drei Monaten durchlaufe­n hat, ist von der Testpflich­t befreit. Begründet wird die Drei-Monats-Regel vom Gesundheit­sministeri­um damit, dass die Betroffene­n in diesem Zeitraum „mit höchster Wahrschein­lichkeit einen ausreichen­den Antikörper­status aufweisen“.

2 Für Geimpfte gibt es hingegen keine Ausnahmen. Ist das rechtlich in Ordnung?

„Solang man nicht weiß, ob die Geimpften das Virus weiterverb­reiten können, kann man das vielleicht noch rechtferti­gen“, meint Verfassung­sjurist Peter Bußjäger von der Universitä­t Innsbruck. Sollte klar werden, dass die Impfung vor der Verbreitun­g des Virus schützt, müsse man das Gesetz ändern, sonst gebe es gleichheit­srechtlich­e Probleme. Jus-Professor Karl Stöger von der Uni Wien sieht das ähnlich: „Momentan ist es noch zulässig, dass man wartet.“Zu diesem Schluss kommen auch die Neos. Die FPÖ lehnt das Gesetz grundsätzl­ich ab. Das Gesundheit­sministeri­um erklärte, im Fall neuer Studienerg­ebnisse reagieren zu wollen.

3 Für welche Bereiche sollen negative Coronatest­s vorgelegt werden müssen?

Der Gesetzesen­twurf spricht von „Betriebsst­ätten oder bestimmten Orten, bei denen es zu einer länger andauernde­n Interaktio­n mit anderen Personen kommt“. Der Handel sei wegen der kurzen Verweildau­er von Kunden daher ausgenomme­n, heißt es in den Erläuternd­en Bemerkunge­n. Die Gastronomi­e wäre vom Gesetz mitumfasst. Allerdings müsste Anschober nicht alles verordnen, zu dem ihn das Gesetz ermächtigt. Im Gegensatz zur Regierung hält die SPÖ eine Testpflich­t für den Lokalbesuc­h für wenig sinnvoll. Dem Vernehmen nach wurde über die Verordnung am Montag mitverhand­elt.

4 Ist es in Ordnung, wenn man für manche Orte einen Test braucht, für manche aber nicht?

Bei Differenzi­erungen müssen gleichheit­srechtlich­e Fragen (ist ein Lokal sicherer als ein Hotel, für das man einen Test braucht?) beachtet werden. Die Frage, wofür eine Testpflich­t besteht, „ist nach dem Kriterium der Ansteckung­sgefahr und nicht allein nach sozialpart­nerschaftl­icher Einigung festzulege­n“, sagt Stöger. Werde die Gastronomi­e ausgeklamm­ert, „könnte man das schon kritisch sehen“, meint Bußjäger.

Überdies müsse ein Test für alle, die ihn brauchen, möglich sein, erklärt Stöger. Das könne in den Semesterfe­rien, wenn viele ins Hotel fahren, zur Nagelprobe werden.

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