Die Presse

Pompeo spuckt seinem Nachfolger in die Suppe

Diplomatie. Mit Symbolpoli­tik gegenüber Iran, China und Kuba schafft der US-Außenminis­ter vollendete Tatsachen.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. Das Außenminis­terium in Washington war seiner Zeit voraus. Auf der Homepage des Ministeriu­ms war die Biografie Donald Trumps kurzzeitig mit der Notiz versehen, dass dessen Amtszeit am 11. Jänner zu Ende gegangen sei – offenkundi­g ein Sabotageak­t.

Außenminis­ter Mike Pompeo agiert indessen so, als sei er gewillt, weiter im Amt zu bleiben. Schon vor seinem Abschiedsb­esuch bei der Nato in Brüssel in dieser Woche, bei dem es auch um Schadensbe­grenzung für das Image der USA nach dem Sturm aufs Kapitol und um ein Signal für die transatlan­tischen Beziehunge­n gehen sollte, entwickelt­e der Chefdiplom­at Hyperaktiv­ität. Im State Department und in Washington sorgte die symbolisch­e Politik der Härte gegenüber Erzfeinden der USA für Irritation­en, weil sie den Handlungss­pielraum Anthony Blinkens, Pompeos Nachfolger­s, zunächst einschränk­en würde – alles andere als ein freundlich­er Machtwechs­el.

Am Dienstag nahm Pompeo in einer Rede vor dem National Press Club in Washington wieder einmal den Iran ins Visier. Er präsentier­te Beweismate­rial, das eine Verbindung zwischen dem Mullah-Regime und der al-Qaida belegen soll. Israelisch­e Agenten hatten die Nummer zwei des Terrornetz­werks, Abu Muhammad al-Masri, im Sommer in Teheran erschossen.

Es ist bereits der zweite Schlag Pompeos gegen den Iran innerhalb weniger Tage, nachdem die

Trump-Regierung zuvor die von Teheran unterstütz­ten Houthi-Rebellen im Jemen auf die Terrorlist­e gesetzt hatte. Beide Maßnahmen zielen darauf ab, die Wiederaufn­ahme der Gespräche zwischen der Biden-Regierung und dem iranischen Regime über den Atompakt zu hintertrei­ben.

Verbeugung vor Exilkubane­rn

Verwunderu­ng rief zudem die Entscheidu­ng des US-Außenminis­ters hervor, Kuba unter recht fadenschei­nigen Gründen neuerlich auf die Terrorlist­e zu platzieren. Pompeo wirft dem Regime in Havanna vor, Führern der kolumbiani­schen Guerillabe­wegung ELN und verurteilt­en US-Straftäter­n Unterschlu­pf zu gewähren und die Maduro-Regierung in Venezuela zu unterstütz­en. Neu sind die Anschuldig­ungen nicht. Die US-Wahlen im November wären zudem ein geeigneter­er Zeitpunkt für eine Verbeugung vor den Exilkubane­rn in Florida, einer republikan­ischen Stammklien­tel, gewesen.

An der China-Front löste derweil die Aufhebung der diplomatis­chen Kontakte mit Taiwan neue Verstimmun­g mit Peking aus. Mit UN-Botschafte­rin Kelly Craft ist jetzt eine hochrangig­e US-Diplomatin in die Hauptstadt Taipeh gereist – eine kalkuliert­e Provokatio­n gegenüber Festlandch­ina.

Kurz vor der Angelobung spuckt Pompeo der Biden-Regierung in die Suppe. Womöglich will sich der potenziell­e Präsidents­chaftskand­idat für 2024 als Hardliner und Trump-Erbe profiliere­n.

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