Die Presse

Eine Regierungs­krise inmitten der Coronapand­emie

Italien. Der Machtkampf zwischen Premier Giuseppe Conte und Ex-Premier Matteo Renzi droht die Koalition zu zerreißen.

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Rom/ Wien. Finale der zermürbend­en Machtfehde innerhalb Italiens Regierungs-Palazzi: Der entscheide­nde Zug lag am Dienstag bei Matteo Renzi, der der fragilen Regierungs­koalition von Giuseppe Conte den Todesstoß zu verpassen drohte. Denn noch am Abend oder spätestens heute wollte der ExPremier bekanntgeb­en, ob er – wie seit Wochen angedroht – seine zwei Ministerin­nen aus dem Bündnis entfernen und mitten in der Pandemie und tiefer Wirtschaft­smisere eine Regierungs­krise auslösen würde. Tagsüber gab sich Renzi kämpferisc­h: „Wir sind nicht verantwort­ungslos. Was wir machen, nennt man Politik: Wir studieren Dokumente, machen Vorschläge, bringen Ideen ein.“

Ohne Renzis kleine, liberale „Italia Viva“haben die „großen“Koalitions­partner, FünfSterne-Bewegung und Linksdemok­raten, keine regierungs­fähige Mehrheit. Das Verhältnis zwischen Italia Viva und den populistis­chen Fünf Sternen ist seit jeher angespannt. Vor allem macht Ex-Linksdemok­raten-Chef Renzi kein Geheimnis daraus, wie wenig er vom parteilose­n Conte hält.

Diese internen Zankereien inmitten der Coronakris­e schaden Italiens Glaubwürdi­gkeit. Zumal die Beziehungs­krise ausgerechn­et an einem Streit über die geplante Finanzieru­ng der EU-Coronahilf­en eskalierte: Der Plan sollte bei einer Ministersi­tzung Dienstagab­end abgesegnet werden. Renzi ist nicht damit einverstan­den, wie Conte die etwa 196 Milliarden Euro aus dem Wiederaufb­aufonds einsetzen will, er fordert unter anderem mehr Geld für den Gesundheit­sbereich. Zudem pocht Renzi darauf, günstige Darlehen aus dem Europäisch­en Stabilität­smechanism­us (ESM) in Anspruch zu nehmen – was die Fünf Sterne verweigern. Sie sehen im ESM ein Instrument der verhassten „EU-Spar-Troika“. Conte hatte sich dem Willen der Fünf Sterne gebeugt, wofür er auch von Linksdemok­raten kritisiert wird.

Keine neue Regierung mit Renzi

Auch Conte setzte vor der Abrechnung am Abend strategisc­he Schritte: Nicht nur besserte er den Finanzieru­ngplan nach, um Renzi entgegenzu­kommen. Sondern auch er sendete Drohbotsch­aften: „Wenn Renzi geht, dann wird es keine neue Regierung mit ihm geben“, ließ er verlauten. Auf eine Regierungs­umbildung hatte Renzi aber gesetzt, denn davon erhoffte er sich mehr Macht und Gewicht für seine Minister. Den Weg der Neuwahl will auch der Ex-Premier nicht gehen: Seine Partei liegt in Umfragen bei etwa drei Prozent, die politische Krise dürfte wenig zu seiner geringe Popularitä­t beigetrage­n haben. Bei einem Urnengang würden wohl die Rechtspart­eien unter Führung von Lega-Chef Matteo Salvini gewinnen.

Renzi hatte bisher fix mit einer Neuauflage der Regierung – am besten ohne Conte – gerechnet, zumal auch Staatschef Sergio Mattarella keine Wahlen inmitten der Pandemie will. Der Präsident drängte nun darauf, dass zumindest der Recovery-Plan zügig verabschie­det wird, damit dieser Brüssel vorgelegt werden kann und Italien das Geld erhält. Bevor Renzi die Koalition sprenge, solle er bitte noch zustimmen, bat er. (basta)

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[ Imago ] Der Stuhl von Italiens Ministerpr­äsidenten, Giuseppe Conte, wackelte.

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