Proteste gegen neues Uni-Gesetz: „Wir sind die Vielen“
Demo. „Bildung brennt“mobilisierte am Dienstag landesweit gegen die geplante Novelle.
Wien. Nicht die Uni wie 2009, sondern die Bildung brennt 2021 – zumindest sinngemäß, wenn es nach verärgerten Hochschülern geht, die unter diesem Motto in Wien, Graz, Innsbruck, Linz und Dornbirn zu Demos gegen die geplante Reform des Universitätsgesetzes (UG) aufriefen.
„Bildung brennt“hatte am späten Dienstagnachmittag in Wien mit 1500 Teilnehmern gerechnet, in Linz waren es zuvor 200 Teilnehmer. Eine entsprechende Petition der Initiative sammelte bisher zudem rund 22.000 Unterschriften. Zielscheibe ihrer Kritik ist die noch bis 15. Jänner in Begutachtung befindliche UG-Novelle, die Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger im Dezember präsentiert haben. Zum Ziel haben die „rund 150 Änderungen“, wie „Bildung brennt“vorab zählte, die allgemeine Prüfungsaktivität zu steigern, die Studiendauer zu verkürzen, die Zahl der -abbrüche zu reduzieren und damit die Studierbarkeit zu verbessern.
Ein Detail, das insbesondere Studierenden sauer aufstößt, ist die geplante Mindeststudienleistung von 24 ECTS-Punkten in den ersten beiden Semestern. Gleichzeitig können Prüfungstermine künftig nur noch zweimal (statt bisher dreimal) pro Semester angeboten werden.
„Starker Zustrom“mit Masken
„Wir sind die Vielen“, rief ein Sprecher am Dienstagabend in die Menge vor der Minoritenkirche, in der auch Fahnen der Links-Partei wehten. Angesichts des geltenden Lockdowns hieß es zwar, „es ist super wichtig, diese schiachen Masken zu tragen“. Doch die hunderten Teilnehmer in dicken Jacken und bunten Hauben trotzten dem Schneefall aneinandergedrängt – ohne Einhaltung des Mindestabstands. Wie viele sich am Protest am Ende beteiligten, konnte die Polizei bis Redaktionsschluss nicht sagen. „Der Zustrom ist stark“, hieß es zur „Presse“seitens der Wiener Landespolizeidirektion (LPD).
Mit Spitzen gegen den Kanzler „ohne Hochschulabschluss“und die Ex-Arbeitsministerin, die ihren „mit fragwürdigen Methoden“erlangt habe, machten die Studierenden ihrem Ärger Luft. Die türkisgrüne Novelle würde „eine privilegierte Bildungselite“schaffen, der eine „neoliberale und spaltende Ideologie“zugrunde liege.
Die Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) von der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft, Sabine Hanger, distanzierte sich indes von den Protesten: Mitten im Lockdown werde „das Vorurteil verstärkt, wir Studierenden seien verantwortungslose Superspreader“. Anstatt jetzt „Schildchen zu malen und Protestparolen auswendig zu lernen, hätte die ehemalige linke Exekutive lieber von Anfang an richtige Vertretungsarbeit für die Studierenden machen sollen“.
Der im Ministerium zuständige Sektionschef, Elmar Pichl, hatte die Debatte bereits im Dezember „Studieren auf Österreichisch“genannt: In anderen Ländern würde man studieren oder eben nicht.
„Bei uns ist das etwas unaufgeräumt.“Nur sechs Prozent der heimischen Studierenden würden in Mindestzeit fertig. Die Neuerungen bedeuteten nicht nur strengere Vorgaben, sondern auch bessere Planbarkeit für die Studierenden, sagte er.
Abseits des Protests sammeln sich seit Dezember 95 Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf auf der Parlaments-Website. Der Großteil stammt von heimischen Universitäten, deren Kritik sich jedoch nicht auf die neuen ECTS-Regeln bezieht, die sie „befürworten“. Vielmehr lehnen sie die Änderungen bei der Wiederbestellung von Rektoren sowie die Änderungen bei der Unvereinbarkeit von politischen Funktionen der Uniräte ab.