Die Presse

Kein Waffenverb­ot vor Wien-Terror

Anschlag. Innenminis­ter Karl Nehammer bestätigte, dass der Wien-Terrorist K. F. (20) keinem Waffenverb­ot unterlag. Dies hat auch die U-Kommission aufgezeigt.

- VON MANFRED SEEH

Wien. „Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverb­ot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtferti­gen, dass dieser Mensch durch missbräuch­liches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.“So steht es im Waffengese­tz (§ 12).

Dieser Paragraf sei bei K. F. nie zur Anwendung gekommen. Das bestätigte ÖVP-Innenminis­ter Karl Nehammer in Beantwortu­ng einer parlamenta­rischen Anfrage der Neos. K. F. hat als islamistis­cher Terrorist am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt vier Menschen erschossen und 23 teils schwer verletzt. Der junge Mann war schon vor dem Anschlag amtsbekann­t. Er war bereits wegen Mitgliedsc­haft in der Terrororga­nisation IS in Haft gesessen.

Die Neos-Frage, ob es „generelle Praxis“sei, einem Terror-Verurteilt­en ein Waffenverb­ot aufzuerleg­en, verneinte Nehammer. Auch bei solchen Leuten müsse dies im Einzelfall geprüft werden.

Gerade bei K. F. hätte ein Waffenverb­ot möglicherw­eise Wirkung gezeigt. Selbst wenn er sich durch ein solches Verbot von dem Versuch, in Bratislava (Slowakei) Munition für sein Sturmgeweh­r zu beschaffen, nicht hätte abhalten lassen, so wäre er wohl eher ins Visier der Behörden gelangt.

Denn der Waffenhänd­ler hatte der Polizei den versuchten Munitionsk­auf gemeldet. Und diese informiert­e im Juli 2020 den österreich­ischen Verfassung­sschutz. Hätten die Staatsschü­tzer diesen wichtigen Hinweis vor dem Hintergrun­d eines gültigen Waffenverb­ots erhalten, hätten sie wohl die Justiz eingeschal­tet. Zumal K. F. damals „nur“auf Bewährung in Freiheit war.

„Suboptimal­e“Vorgänge

Dass es kein Waffenverb­ot gab, weiß man nicht erst seit der Anfragebea­ntwortung. Schon im Zwischenbe­richt der nach dem Terror eingericht­eten Untersuchu­ngskommiss­ion (Vorsitz: Strafrecht­lerin Ingeborg Zerbes) werden die Vorgänge chronologi­sch dargestell­t. Es heißt: „Waffenverb­ot wird keines verhängt (...).“

Die für das Waffenwese­n zuständige Behörde, die Landespoli­zeidirekti­on Wien, sei aber auch von der Terror-Verurteilu­ng des K. F. gar nicht informiert worden, so die Kommission. Diese Informatio­n hätte wohl vom Wiener Landesamt für Verfassung­sschutz (LVT) kommen müssen. Dessen Chef Erich Zwettler hatte ja nach dem Wien-Terror seine Posten vorübergeh­end zur Verfügung gestellt. Zur Rolle des LVT äußern sich die Berichts-Autoren sehr kritisch: Diese Behörde habe mit dem Bundesamt für Verfassung­sschutz (BVT) nicht gut kooperiert. Für dieses Problem seien aber beide Ämter verantwort­lich, heißt es im Bericht sinngemäß. Und: „Auch die Zuständigk­eitsvertei­lung zwischen BVT und den insgesamt neun LVT dürfte suboptimal sein.“

Der Verteidigu­ngsspreche­r der Neos, Douglas Hoyos, meint: „Es ist schier unglaublic­h, dass im ganzen – von der angebliche­n Sicherheit­spartei ÖVP geführten – Innenminis­terium niemand auf die Idee kam, dass man über einen verurteilt­en Terroriste­n vernünftig­erweise ein Waffenverb­ot verhängen sollte.“

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