Trophäenjagd in verkürzter Eiszeit
Eishockey. Die NHL startet in eine adaptierte Saison: Ohne Zuschauer, dafür mit Geldsorgen, zwei Freiluftspielen und vorerst einem Österreicher. Michael Raffl läuft zum Auftakt im Free-TV auf.
Wien. Kompakter ist der Weg bis zum Stanley Cup, den die National Hockey League am Mittwochabend beginnt. Drei Monate später als üblich eröffnen die Philadelphia Flyers mit Michael Raffl mit dem „Battle of Pennsylvania“gegen die Pittsburgh Penguin die neue Saison, von der im Grunddurchgang erstmals pro Woche ein Spiel live im österreichischen FreeTV zu sehen ist (23.30 Uhr, live Puls24). „Wir haben eine starke Gruppe und noch etwas zu beweisen“, erklärte der Kärntner Stürmer, 32, der heuer der einzige Österreicher in der stärksten Eishockey-Liga der Welt sein könnte.
Denn Routinier Grabner, 33, wurde von den Arizona Coyotes aus dem Vertrag gekauft und ist immer noch ohne Verein, das Karriereende steht im Raum. Talent Marco Rossi (Nr. 9 im Draft) steht hingegen erst ganz am Anfang: Nach einwöchiger Quarantäne hätte er am Sonntag ins Training bei Minnesota Wild einsteigen sollen, fällt wegen einer nicht näher definierten Oberkörperverletzung jedoch aus. Für den hochgelobten 19-Jährigen ein Rückschlag im Kampf um einen Platz im NHL-Kader. Sollte sich der Traum im ersten Anlauf noch nicht erfüllen, geht es für den Center aus Vorarlberg zurück zu den Zürich Lions.
Der allgemeine Trend der NHL ist indes ein pro-europäischer: 305 von 976 eingesetzten Spielern der vergangenen Saison kamen aus Europa, mit 31,3 Prozent bedeutete das einen neuen Rekord (bisher: 29,87 Prozent in der Saison 2001/02). Das größte Kontingent stellt Schweden (113 Spieler) vor Finnland und Russland (je 50).
Den Salary Cap eingefroren
Nur 56 statt 82 Spiele umfasst der diesjährige NHL-Grunddurchgang, der wegen der Grenzschließung zwischen den USA und Kanada in neu zusammengestellten Divisionen ausgetragen wird. Acht bis zehn Mal treffen die Klubs bis 8. Mai aufeinander, auch das Playoff ab 11. Mai wird bis zum NHLHalbfinale innerhalb der North (rein-kanadisch), West, Central und East Division gespielt. Zuschauer sind im Gegensatz zur NFL nicht zugelassen, was die Liga wirtschaftlich hart trifft. Deshalb wurde die Gehaltsobergrenze für die Klubs (salary cap) nicht wie ursprünglich geplant auf 84 bis 88 Millionen US-Dollar angehoben, sondern bei 81,5 Mio. Dollar eingefroren. Das stellte einige Teams vor Probleme bei der Kaderplanung, Spieler mussten kurzfristig abgegeben werden. Auch der Transfermarkt stagnierte, was Grabner zu spüren bekam.
Als Favorit auf den Stanley Cup wird von Experten Colorado Avalanche gehandelt. Raffls Flyers gelten im Osten als einer der stärksten Herausforderer von Titelverteidiger Tampa Bay Lightning. Die Einschätzung war allerdings schwierig wie selten aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit und keinen Testspielen.
Ein Highlight erwartet Raffl in seinem achten NHL-Jahr jedenfalls im Februar: Die Flyers werden eine der beiden Freiluftpartien gegen die Boston Bruins (21. Februar) auf dem Edgewood Golf Course am Südufer des Lake Tahoe an der Grenze von Nevada und Kalifornien bestreiten. Am Tag zuvor duellieren sich dort Colorado Avalanche und Vegas Golden Kings, auch das ohne Zuschauer.
Auch die NHL wird Bereitschaft zur Improvisation zeigen müssen, das hat Corona schon vor dem ersten offiziellen Bully gelehrt. Wegen sechs positiv getesteten Spielern werden die Dallas Stars nicht vor dem 19. Jänner in die Saison einsteigen. Ob die für Juli geplante Übergabe des Stanley Cup also halten wird? (red.)