Die große Corona-Jobvernichtung
Arbeitsmarkt. Das Jahr 2020 brachte den größten Abbau von Arbeitsplätzen seit 70 Jahren. Junge traf es stärker als Ältere, Ausländer stärker als Inländer. Kleiner Trost: Heuer wird es sicher besser.
Wien. Die durch die Coronapandemie ausgelöste Wirtschaftskrise hat in Österreich zu einem massiven Jobabbau geführt. Der Rückgang der Beschäftigung betraf 2020 beinahe alle Branchen. „Wir haben eine Sondersituation, wie wir sie seit fast 70 Jahren nicht mehr gesehen haben“, sagt Julia Bock-Schappelwein, Ökonomin am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). In einer aktuellen Studie hat sie mit ihren Kollegen Ulrike Huemer und Walter Hyll die Situation auf dem Arbeitsmarkt im Jahr 2020 analysiert.
Im Jahresdurchschnitt sank die Beschäftigung um zwei Prozent im Vergleich zu 2019. Das letzte Mal ist die Zahl der Arbeitsplätze in Österreich in der Wirtschaftskrise 2009 gesunken, damals laut Daten des Arbeitsmarktservice um 1,5 Prozent. Den stärksten Beschäftigungsrückgang seit Ende des Zweiten Weltkrieges gab es bisher im Jahr 1952. Damals sank die Zahl der Beschäftigten um 2,3 Prozent. Einige Gruppen trifft die Krise härter als andere – ein Überblick.
Jüngere und Ältere
Nach Altersgruppen betrachtet, traf der Stellenabbau vor allem Menschen im Alter von 20 bis 24 Jahren. Zum einen weil sie relativ oft in den stark betroffenen Branchen beschäftigt sind. Zum anderen „weil sie noch nicht Fuß gefasst haben“, wie Bock-Schappelwein sagt. Wegen ihrer vergleichsweise kurzen Betriebszugehörigkeit zählen sie zu den ersten in der Belegschaft, die in der Krise ihren Arbeitsplatz verlieren.
Am stärksten waren die Einbußen in dieser Altersgruppe zu Beginn der Krise im März und April mit einem Minus von gut zehn Prozent. Im Dezember waren es noch einmal minus sieben. Im Sommer traf es dann auch Jugendliche bis 19 Jahre stark, „da das Angebot an Ferialstellen deutlich unter dem Vorjahr zurückblieb“, heißt es in der Studie.
Arbeiter und Angestellte
Arbeiter traf der Stellenabbau seit Beginn der Krise im März ungleich stärker als Angestellte. Was laut Wifo vor allem daran liegt, dass sie viel häufiger im besonders betroffenen Bereich Tourismus arbeiten. Im Jahresdurchschnitt waren knapp sechs Prozent weniger Arbeiter unselbstständig beschäftigt als 2019. Im Vergleich dazu ging die Beschäftigung unter Angestellten in der Krise um weniger als ein Prozent zurück. „Unter den Angestellten konnte bereits im August wieder das Vorjahresniveau erreicht werden“, schreiben die Autoren. Der Unterschied rührt auch daher, dass Angestellte einen strengeren Kündigungsschutz genießen. Sie wurden daher eher in Kurzarbeit geschickt als gekündigt.
Männer und Frauen
Im Jahresdurchschnitt 2020 sank die Beschäftigung unter Frauen und Männern mit je zwei Prozent gleichermaßen. Jedoch waren Männer vor allem zu Beginn der
Krise stärker betroffen, während sie im Mai und im Juni vom „erneuten Hochfahren des Betriebs im Bauwesen profitierten“, schreiben die Wifo-Ökonomen. Frauen verloren eher im Tourismus ihre Jobs, in den Sommermonaten kam ihnen die Hochsaison zugute. Dafür waren sie im Dezember vom ausbleibenden Wintertourismus stärker betroffen, wie auch vom Verbot der Erbringung körpernaher Dienstleistungen.
Ausländer und Inländer
Arbeitskräfte aus dem Ausland, dazu zählen auch Saisonniers, arbeiten häufig in den von der Krise am stärksten getroffenen Branchen Tourismus und Gastronomie. Sie traf die Krise ab März besonders. Pendler mit Wohnsitz im Ausland konnten wegen der Grenzschließungen vorübergehend überhaupt nicht mehr nach Österreich zum Arbeiten kommen. Sie profitierten im Sommer vom Hochfahren des Bauwesens, jedoch verloren sie wegen des hinausgeschobenen Starts der Wintersaison zu Jahresende besonders häufig ihre Jobs. Im Jahresdurchschnitt betrug der Stellenabbau unter Ausländern (ohne Pendler) 2,8 Prozent, unter Inländern 1,8.
Ausblick auf 2021
Und nun die gute Nachricht: Viele der 2020 verloren gegangenen Jobs werden heuer und in den nächsten Jahren zurückkommen. Wann und wie viele, werde in erheblichem Maße vom weiteren Verlauf des Infektionsgeschehens und den damit verbundenen Aussichten für Tourismus und Gastronomie abhängen, heißt es in der Studie. Das Wifo rechnet in seiner aktuellen Wirtschaftsprognose damit, dass die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten heuer trotz eines dritten Lockdowns (der ja eingetreten ist) um rund 1,2 Prozent steigt. „Aber das Niveau an Arbeitsplätzen von vor der Krise wird damit nicht erreicht“, sagt BockSchappelwein.