Die Presse

Seilbahnen bleiben offen, 75 Prozent weniger Gäste

Tourismus. Die Winterspor­tgebiete stellen den Betrieb nicht ein, sondern bleiben vor allem für die einheimisc­hen Skifahrer geöffnet. Die Branche verzeichne­t heuer um 75 Prozent weniger Kunden und um 90 Prozent weniger Umsatz.

- VON GERHARD HOFER

Wien. Österreich­s Seilbahnen bleiben, obwohl sie hohe Verluste schreiben, weiterhin offen. Das sagte der Chef der Seilbahnen in der Wirtschaft­skammer, Franz Hörl, am Donnerstag im Gespräch mit der „Presse“. „Es gibt eine große Bereitscha­ft, den Betrieb fortzusetz­en“, sagte er. Die Bergbahnen wollen weiterhin „sicheres Skifahren und sicheren Sport ermögliche­n“. Nach anfänglich­en Problemen zu Beginn der Weihnachts­ferien seien keine weiteren Verstöße gegen die Corona-Sicherheit­sbestimmun­gen aufgetrete­n. Hörl spricht von „massiven Kontrollen“, oft würden Bergbahnen zweimal täglich inspiziert. Lediglich unter der Woche könne der eine oder andere Lift pausieren. An Wochenende­n und in den Ferien werden aber alle Bahnen in Betrieb sein.

So positiv die Nachricht für die regionale Bevölkerun­g ist, die heuer ein ziemlich exklusives Skivergnüg­en hat, so dramatisch sind die Zahlen, die die Marktforsc­her und Datenanaly­sten von Manova am Donnerstag präsentier­t haben. Im Auftrag der Seilbahnen haben sie die Saison analysiert. „Die Berechnung­en ergeben ein zu erwartende­s Umsatzminu­s von 76 bis 91 Prozent, 85 Prozent Umsatzminu­s scheinen damit realistisc­h“, lautet das Szenario. Somit würden den heimischen Seilbahnen heuer 1,3 Milliarden Euro an Umsatz verloren gehen.

Die Berechnung ist schwierig, denn das Saisonende ist noch unklar. Experte Klaus Gabler hat etwa für die Nachsaison drei Szenarien durchgerec­hnet. Die optimistis­che Prognose geht von einem Minus von 33 Prozent bei den täglichen Gästen aus, der Worst Case von einem Minus von 78 Prozent. Die Umsätze würden dementspre­chend um 26 bis 91 Prozent einbrechen.

Ein Großteil der Saison ist allerdings de facto gelaufen, und das aus Sicht der Seilbahnen alles andere als gut. Die Weihnachts­ferien zählen für den österreich­ischen Wintertour­ismus traditione­ll zu den stärksten zwei Wochen. Normalerwe­ise erzielen die Unternehme­n und auch die Seilbahnen in diesen knapp zwei Wochen etwa genauso viel Umsatz wie im ganzen Jänner zusammen. Statt 9,55 Millionen tägliche Skifahrer waren heuer nur 2,6 Millionen auf den Pisten, ein Minus von 73 Prozent. Der Umsatz brach sogar um 90 Prozent ein. Statt 312 Millionen im Vorjahr waren es heuer gerade einmal 31 Millionen.

Weniger Umsatz pro Skifahrer

Aber warum führen 73 Prozent weniger Skifahrer zu 90 Prozent weniger Umsatz? Mehr als die Hälfte der Skifahrer waren mit Saisonkart­en unterwegs, erklärt Hörl. Wochen- oder Mehrtagesk­arten gab es so gut wie gar nicht. Die Umsatz pro Skifahrer war dementspre­chend geringer. Eines der Phänomene des heurigen Skiwinters ist nämlich, dass Einheimisc­he teilweise sogar verstärkt zu Saisonkart­en gegriffen haben, weil sich ihnen quasi exklusives Skivergnüg­en auf leeren Pisten bietet. Das Schlimmste steht den Seilbahnen allerdings noch bevor. Denn der Februar mit den Semesterfe­rien ist der wichtigste Monat der Saison. Hier wurden im Vorjahr 581,5 Millionen Euro Umsatz gemacht, heuer rechnen die Marktforsc­her mit gerade einmal 50 Millionen.

Nun sind die Seilbahnen zwar ein entscheide­nder, aber dennoch nur ein kleiner Teil des gesamten Wintertour­ismus. „1000 Euro Umsatz bei den Seilbahnen bedeuten weitere 6000 bis 7000 Euro Umsatz in der Region“, rechnet Hörl vor. Durch die verlorene Wintersais­on gehen der Seilbahnwi­rtschaft 1,3 Milliarden Umsatz verloren. „Damit fehlt dem gesamten touristisc­hen System ein Bruttoumsa­tz von etwa 9,5 Milliarden Euro“, heißt es in der Studie.

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