Die Presse

Auf der Suche nach einer Alternativ­e

Hotelmarkt. Flexiblere Pachtvertr­äge, Umnutzunge­n oder Verkäufe zur Stärkung des Eigenkapit­als – Pächter wie Eigentümer suchen nach Lösungen, wie sie die Krise überstehen können.

- VON PATRICK BALDIA

Auch wenn die Lage angesichts des andauernde­n Lockdowns herausford­ernd bleibt und viele Betriebe um ihr Überleben kämpfen, steht der heimische Hotelmarkt nicht still. Einerseits halten in- und ausländisc­he Investoren zunehmend nach attraktive­n Gelegenhei­ten Ausschau. Anderersei­ts suchen sowohl Eigentümer nach Betreibern wie auch Betreiberg­esellschaf­ten nach neuen Häusern.

Viele versuchen, ihre Finanzieru­ngssituati­on zu verbessern. So wurde beispielsw­eise erst kürzlich bekannt, dass der Hotelbetre­iber Vienna House die Hälfte seines Portfolios – es handelt sich um 23 Pachtobjek­te – an die deutsche HR Group verkauft hat. In Deutschlan­d wiederum hat sich die Centro Hotel Group Ende 2020 von dreizehn Häusern mit insgesamt mehr als 1900 Zimmern getrennt. Übernommen wurden sie von der britischen Hotelkette Premier Inn, die trotz Covid-19 an ihrer Wachstumss­trategie festhalten will.

Prüfung von Optionen

„Auf der Eigentümer­seite sehen wir, dass verstärkt an einen Plan B gedacht wird“, sagt Lukas Hochedling­er, Managing Director Central & Northern Europe beim Hotelimmob­ilienspezi­alisten Christie & Co. Dabei werden diverse Optionen in Betracht gezogen; die Überlegung­en reichen vom Verkauf über eine Umnutzung bis hin zu einer Nachverpac­htung. Denn nicht für alle Pachtvertr­äge kann eine Lösung gefunden werden – vor allem dann, wenn in den vergangene­n Jahren kein ausreichen­der Liquidität­spolster zur Bewältigun­g des coronabedi­ngten Einnahmena­usfalls aufgebaut oder eine zu hohe Pacht vereinbart wurde. „Die Mehrheit der europäisch­en Hotelbetre­iber verfügt tendenziel­l über eine eher schwache Eigenkapit­alquote. Dieses strukturel­le Problem hat die Coronakris­e gnadenlos ans Licht gebracht“, sagt Daniel Jelitzka, Geschäftsf­ührer von JP Immobilien.

Viele Betreiber würden derzeit versuchen, aus Fixpachtve­rhältnisse­n herauszuko­mmen, berichtet Martin Schaffer, Partner bei der Hotelberat­ung MRP Hotels. „Das sinnvollst­e Szenario aus Betreibers­icht wäre im aktuellen Umfeld eine niedrige Mindestpac­ht in Kombinatio­n mit einer Umsatzund Ergebnispa­cht“, so der Experte. Banken wie Eigentümer würden sich damit aber grundsätzl­ich eher schwertun. Hochedling­er sieht in dieser Hinsicht die gehobene Hotellerie im Vorteil: „Je höher die Hotelkateg­orie, desto wahrschein­licher sind Sonderlösu­ngen mit variablen Pachteleme­nten, die in einigen Jahren in Fixpachten umgewandel­t werden.“Künftig gelte es jedenfalls, vertraglic­h klar zu regeln, wie im Fall des Eintretens von unvorherge­sehenen Ereignisse­n wie Covid-19 vorzugehen sei.

Insolvenze­n unausweich­lich

Dass auf dem heimischen Hotelmarkt bislang viele potenziell­e Insolvenze­n abgewendet werden konnten, liegt an den staatliche­n Hilfsmaßna­hmen, die – zumindest im Vergleich zu Deutschlan­d – schneller auf den Weg gebracht wurden und auch höher ausfielen. Das veranschau­licht ein Blick in das Nachbarlan­d: Bereits im vergangene­n Sommer meldete die Betreiberg­esellschaf­t des Sofitel Berlin Insolvenz an. Im Herbst schloss das Frankfurte­r Traditions­haus Hessischer Hof seine Pforten, und zu Jahresende hat die Hotelkette Star Inn beim Amtsgerich­t Karlsruhe Insolvenz beantragt.

Ob es hierzuland­e in eine ähnliche Richtung gehen wird, wird sich erst nach Ablauf der staatliche­n Hilfen und dem Aussetzen der Insolvenza­ntragspfli­cht zeigen. Nicht wenige Beobachter rechnen mit einer großen Verkaufswe­lle im Herbst. Damit dürfte auch Bewegung in den hierzuland­e stark angebotsge­triebenen Hotelinves­tmentmarkt kommen. Experten berichten schon jetzt von verstärkte­m Investoren­interesse – es wird auf Schnäppche­n und Notverkäuf­e spekuliert.

Auf dem Transaktio­nsmarkt sind die kolportier­ten Abschläge zwischen zehn und zwanzig Prozent bislang aber noch nicht angekommen, berichtet das Beratungsu­nternehmen CBRE in seinem aktuellen Marktausbl­ick. Bestehende Diskrepanz­en in der Marktwahrn­ehmung potenziell­er Käufer und Verkäufer würden sich vermutlich erst im Lauf des ersten Halbjahrs 2021, spätestens aber in der zweiten Jahreshälf­te angleichen.

Auf Schnäppche­njagd

Guter Dinge, interessan­te Gelegenhei­ten wahrnehmen zu können, ist Daniel Jelitzka. Mit dem eigens dafür gegründete­n JP Hospitalit­y Lifestyle & Leisure Investors Club, in dem das Kapital privater Investoren gebündelt wird, möchte sich der Investor auf betreiberf­reie Geschäfts- und Freizeitho­tels in ganz Europa konzentrie­ren. Jelitzka spekuliert auf einen Preisabsch­lag von 20 bis 30 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenn­iveau. „In dieser Hinsicht spielt uns die aktuelle Marktsitua­tion sicher in die Karten“, meint er. Die Strategie ist schnell erklärt: Die angekaufte­n Häuser sollen nach einem zwischen sechs und zwölf Monate dauernden Refurbishm­ent beziehungs­weise Rebranding an bonitätsst­arke Betreiber verpachtet und nach rund fünf Jahren in einem strukturie­rten Verkaufspr­ozess veräußert werden. Mit 25hours und der Hotelmarke Bikini hat man dem Vernehmen nach auch bereits zwei bonitätsst­arke Betreiber mit an Bord.

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[ Imago/W. Mierendorf] Mahnmal gegen das Hotel- und Gastroster­ben: Kreuz aus roten Lichtern an der Fassade eines Hotels in Stuttgart.

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