Die Presse

Attacke auf israelisch­es Schiff im Golf von Oman

Löcher von Raketen oder Haftminen am Rumpf. Israel wirft dem Iran vor, dahinterzu­stecken. Tatsächlic­h nennt eine iranische Zeitung „verbündete Kräfte“als Urheber – und der Frachter sei in Wahrheit ein Spionagesc­hiff.

- (wg/ag.)

Maskat/Tel Aviv/Teheran. Jene Explosion, die in der Nacht auf Freitag von einem israelisch­en Frachtschi­ff im Golf von Oman gemeldet worden war, könnte einen brisanten Hintergrun­d haben: Die MV Helios Ray, ein 200 Meter langer Autofracht­er, der auf dem Weg von Dammam (Saudiarabi­en) nach Singapur war, soll von iranischen oder mit dem Iran verbündete­n Kräften angegriffe­n worden sein. Das behauptete­n am Wochenende sowohl Israels Verteidigu­ngsministe­r Benny Gantz als auch interessan­terweise iranische Medien.

Der Golf von Oman ist das Verbindung­sstück zwischen dem Persischen Golf und dem Arabischen Meer bzw. Indischen Ozean. Anlieger sind der Oman, die Vereinigte­n Arabischen Emirate, der Iran und Pakistan. US-Marineeinh­eiten hatten nach der Meldung von der Explosion Nachschau gehalten. Das Schiff weist demnach mehrere Einschlagl­öcher auf beiden Seiten des Rumpfes knapp oberhalb der Wasserlini­e auf. Damit liegt eine Beschädigu­ng durch Raketen, Kanonen oder Haftminen nahe. Verletzt wurde nach Angaben des Schiffseig­ners, Rami Ungar, niemand, es gebe auch keine nennenswer­ten Schäden sonst. Nähere Details waren vorerst unbekannt, das Schiff lief Dubai zu Untersuchu­ngen und Reparature­n an. Dazu hat sich auch eine israelisch­e Delegation angemeldet.

„Achse des Widerstand­s“

Die Helios Ray fährt unter der Flagge der Bahamas, wird von einer griechisch­en Reederei betrieben und gehört einer Firma auf der Isle of Man (Besitz der britischen Krone in der Irischen See), die wiederum ein Ableger des israelisch­en Unternehme­ns Ray Shipping mit Sitz Tel Aviv ist. Wieso genau der Verdacht in Richtung Iran gehe, begründete in offizielle­n Kreisen Israels vorerst niemand. Der israelisch­e TV-Sender Channel 13 berichtete aber unter Berufung auf „Sicherheit­skreise“, dass man von einem Raketenang­riff durch Marineeinh­eiten der iranischen Revolution­sgarde ausgehe.

Die ultrakonse­rvative iranische Zeitung „Kayhan“schrieb am Sonntag, die Helios Ray sei in Wahrheit kein Autotransp­orter, sondern „ein Spionagesc­hiff des israelisch­en Militärs“. Sie bezog sich dabei auf namentlich nicht genannte Militärexp­erten. Das Schiff sei wahrschein­lich von Mitglieder­n der „Achse des Widerstand­s“angegriffe­n worden, berichtete Kayhan, ohne weitere Einzelheit­en zu nennen. Diese „Achse“ist ein Bündnis zwischen dem Iran, Syrien, der libanesisc­hen Hisbollah, der palästinen­sischen Hamas und anderen Gruppen, das gegen Israel und die westliche Militärprä­senz in der Golfregion gerichtet ist. Die „Attacken und Verbrechen Israels“in der Region hätten das Schiff offenbar zu einem „legitimen Ziel“gemacht, hieß es in der Zeitung weiter.

Die USA und Saudiarabi­en hatten den Iran schon 2019 für offiziell ungeklärte Angriffe auf Schiffe in der Golf-Region verantwort­lich gemacht. Der Abschuss einer US-Aufklärung­sdrohne durch die Revolution­sgarden über der Straße von Hormuz führte fast zu größeren militärisc­hen Aktionen. Seit der Ermordung des iranischen Kernphysik­ers Mohsen Fakhrizade­h nahe Teheran im November hat sich der Konflikt zwischen Israel und dem Iran erneut verschärft. Dieser beschuldig­te Israel, hinter dem brutalen Angriff zu stehen.

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[ Uwe Benn/Marine Traffic.com ] Der Autofracht­er Helios Ray im Jänner vor Cuxhaven (Deutschlan­d).

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