Die Presse

Eine Spekulatio­n, die aufgehen kann

Aktien. Leere Börsenhüll­en, die es noch mit Leben zu befüllen gilt, sprießen regelrecht aus dem Boden. Für Anleger ist eine Investitio­n mit hohem Risiko verbunden. Doch es gibt auch ertragreic­he Erfolgsges­chichten.

- VON NICOLE STERN

Wien. Sie sind in aller Munde und beliebt wie nie: sogenannte Spacs, Special Acquisitio­n Companies, leere Börsenhüll­en, deren Gründer es sich zum Ziel gemacht haben, geeignete Übernahmek­andidaten zu finden, um damit erfolgreic­h zu werden.

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht die ein oder andere Meldung über ein Spac die Runde macht. Entweder, weil ein Übernahmez­iel gefunden wurde oder weil sich das Spac gerade im Zusammensc­hluss mit einer Firma befindet.

Allein in diesem Jahr gab es bereits 176 Börsengäng­e von solchen leeren Börsenmänt­eln, und das Jahr ist noch jung. Zum Vergleich: 2020 wurden 248 Spacs an den Kapitalmar­kt gebracht. Erst in der Vorwoche gab es mit Lakestar den ersten Börsengang eines Börsenmant­els auf dem Frankfurte­r Kapitalmar­kt seit über einem Jahrzehnt. Der Trend aus den USA ist also schon in der benachbart­en Bundesrepu­blik aufgeschla­gen.

Der Boom der Spacs geht mit dem Niedrigzin­sumfeld einher. In einer Zeit, in der Investoren mit negativen realen Anleihenre­nditen zu kämpfen haben und weder Unternehme­nsanleihen noch Hochzinsan­leihen ein besonders gutes Geschäft sind, muss nach Alternativ­en gesucht werden. Und da lassen sich die Profis eben auf Spacs ein, nicht selten auch Kleinanleg­er.

Man kauft die Katze im Sack

Doch wie funktionie­ren diese Vehikel überhaupt? Bei den Spacs handelt es sich um Unternehme­nshüllen, die meist von erfahrenen und in der Branche bekannten Persönlich­keiten gegründet werden. Diese gehen mit der Hülle an die Börse (was recht schnell und einfach geht), sammeln dort Geld ein und begeben sich auf die Suche nach einem Unternehme­n, das sie in die Hülle einbringen können.

Investoren können Einheiten an dieser Hülle kaufen, in der Regel für zehn Dollar bzw. zehn Euro das Stück. Der Haken daran: Die Investoren wissen lediglich, in welche Richtung, etwa Finanzen oder Technologi­e, die neue Firma gehen könnte, mehr aber nicht. Man kauft also die sprichwört­liche Katze im Sack. Weshalb man sich im Wesentlich­en auf die Erfahrung der Gründer und ihre bisherige Erfolgsbil­anz verlassen muss.

Doch weil nicht nur ein Spac, sondern relativ viele auf dem Markt unterwegs sind, halten auch viele Ausschau nach interessan­ten Firmen, die sie akquiriere­n können. Was unter Umständen dazu führt, „dass Investoren wahrschein­lich bereit sein müssen, Kompromiss­e einzugehen“, sagt Oliver Prinz, Leiter des Asset Management­s der Schoellerb­ank und der UniCredit Bank Austria. Gleichzeit­ig ist das Spac bzw. sind deren Gründer dem Druck ausgesetzt, das ihnen anvertraut­e Kapital binnen zwei Jahren zu investiere­n. Gelingt das nicht, muss den Anlegern die Investitio­n zurückgeza­hlt werden. Wenn die zunächst um zehn Euro ausgegeben­e Aktie eines Spacs nach dem eigenen IPO teurer an der Börse gekauft wird (um beispielsw­eise 15 Euro) und das Spac innerhalb der Zwei-Jahres-Frist kein Investment findet, kann Anlegern ein Verlust entstehen. Nicht nur, weil das Geld zwischenze­itlich hätte anders veranlagt werden können, sondern auch, weil Anleger am Ende nur diese zehn Euro (oder in Folge von Spesen weniger) wiedersehe­n – sofern die Aktie nicht zuvor teurer verkauft wurde.

Der Nachteil der Spacs ist auch: Bei herkömmlic­hen börsenotie­rten Unternehme­n kann man Bilanzen durchforst­en, sich die Widerstand­sfähigkeit in unterschie­dlichen Wirtschaft­szyklen ansehen und sich dann für oder gegen ein Investment entscheide­n, so Prinz. Bei Spacs geht das nicht – wenngleich man auch bei klassische­n börsenotie­rten Unternehme­n nie weiß, wo die Reise hingehen kann. Nokia oder Blackberry haben den Smartphone-Trend beispielsw­eise verschlafe­n und sind so ins Hintertref­fen geraten. „Bei Spacs gibt es aber nicht einmal griffige Indikatore­n, auf die man vertrauen kann.“

Groß- vs. Kleinanleg­er

Als Großinvest­or mit mehreren Milliarden Euro zur Verfügung „würde man aufgrund des aktuellen Anlagenots­tands wahrschein­lich mehrere solcher Vehikel kaufen“, sagt Prinz. Auch, weil man als Profi leicht diversifiz­ieren, also sein Geld streuen, kann. Aus Sicht eines Privatanle­gers „spricht aber nichts für Spacs. So etwas greift man aus unserer Sicht besser nicht an.“Selbst wenn das Renditepot­enzial hoch ist, das Risiko, sein Geld zu verlieren, ist es auch.

Doch gibt es auch Erfolgsges­chichten, wie jene von QuantumSca­pe. Das Start-up für FeststoffA­kkus hat die beste Spac-Performanc­e hingelegt. Das Plus lag zwischenze­itlich bei über 1000 Prozent. Neben VW, das seinen Anteil aufstockte, ist auch George Soros investiert. Bis das Unternehme­n seine Produkte zur Marktreife bringt, wird es aber noch dauern. Weshalb im aktuellen Kurs wohl auch viel Fantasie eingepreis­t ist. Besonders, da es sich um ein umsatzlose­s Unternehme­n handelt.

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[ reuters] Auch der VW-Konzern hat sich am Spac QuantumSca­pe beteiligt.

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