Eine Spekulation, die aufgehen kann
Aktien. Leere Börsenhüllen, die es noch mit Leben zu befüllen gilt, sprießen regelrecht aus dem Boden. Für Anleger ist eine Investition mit hohem Risiko verbunden. Doch es gibt auch ertragreiche Erfolgsgeschichten.
Wien. Sie sind in aller Munde und beliebt wie nie: sogenannte Spacs, Special Acquisition Companies, leere Börsenhüllen, deren Gründer es sich zum Ziel gemacht haben, geeignete Übernahmekandidaten zu finden, um damit erfolgreich zu werden.
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht die ein oder andere Meldung über ein Spac die Runde macht. Entweder, weil ein Übernahmeziel gefunden wurde oder weil sich das Spac gerade im Zusammenschluss mit einer Firma befindet.
Allein in diesem Jahr gab es bereits 176 Börsengänge von solchen leeren Börsenmänteln, und das Jahr ist noch jung. Zum Vergleich: 2020 wurden 248 Spacs an den Kapitalmarkt gebracht. Erst in der Vorwoche gab es mit Lakestar den ersten Börsengang eines Börsenmantels auf dem Frankfurter Kapitalmarkt seit über einem Jahrzehnt. Der Trend aus den USA ist also schon in der benachbarten Bundesrepublik aufgeschlagen.
Der Boom der Spacs geht mit dem Niedrigzinsumfeld einher. In einer Zeit, in der Investoren mit negativen realen Anleihenrenditen zu kämpfen haben und weder Unternehmensanleihen noch Hochzinsanleihen ein besonders gutes Geschäft sind, muss nach Alternativen gesucht werden. Und da lassen sich die Profis eben auf Spacs ein, nicht selten auch Kleinanleger.
Man kauft die Katze im Sack
Doch wie funktionieren diese Vehikel überhaupt? Bei den Spacs handelt es sich um Unternehmenshüllen, die meist von erfahrenen und in der Branche bekannten Persönlichkeiten gegründet werden. Diese gehen mit der Hülle an die Börse (was recht schnell und einfach geht), sammeln dort Geld ein und begeben sich auf die Suche nach einem Unternehmen, das sie in die Hülle einbringen können.
Investoren können Einheiten an dieser Hülle kaufen, in der Regel für zehn Dollar bzw. zehn Euro das Stück. Der Haken daran: Die Investoren wissen lediglich, in welche Richtung, etwa Finanzen oder Technologie, die neue Firma gehen könnte, mehr aber nicht. Man kauft also die sprichwörtliche Katze im Sack. Weshalb man sich im Wesentlichen auf die Erfahrung der Gründer und ihre bisherige Erfolgsbilanz verlassen muss.
Doch weil nicht nur ein Spac, sondern relativ viele auf dem Markt unterwegs sind, halten auch viele Ausschau nach interessanten Firmen, die sie akquirieren können. Was unter Umständen dazu führt, „dass Investoren wahrscheinlich bereit sein müssen, Kompromisse einzugehen“, sagt Oliver Prinz, Leiter des Asset Managements der Schoellerbank und der UniCredit Bank Austria. Gleichzeitig ist das Spac bzw. sind deren Gründer dem Druck ausgesetzt, das ihnen anvertraute Kapital binnen zwei Jahren zu investieren. Gelingt das nicht, muss den Anlegern die Investition zurückgezahlt werden. Wenn die zunächst um zehn Euro ausgegebene Aktie eines Spacs nach dem eigenen IPO teurer an der Börse gekauft wird (um beispielsweise 15 Euro) und das Spac innerhalb der Zwei-Jahres-Frist kein Investment findet, kann Anlegern ein Verlust entstehen. Nicht nur, weil das Geld zwischenzeitlich hätte anders veranlagt werden können, sondern auch, weil Anleger am Ende nur diese zehn Euro (oder in Folge von Spesen weniger) wiedersehen – sofern die Aktie nicht zuvor teurer verkauft wurde.
Der Nachteil der Spacs ist auch: Bei herkömmlichen börsenotierten Unternehmen kann man Bilanzen durchforsten, sich die Widerstandsfähigkeit in unterschiedlichen Wirtschaftszyklen ansehen und sich dann für oder gegen ein Investment entscheiden, so Prinz. Bei Spacs geht das nicht – wenngleich man auch bei klassischen börsenotierten Unternehmen nie weiß, wo die Reise hingehen kann. Nokia oder Blackberry haben den Smartphone-Trend beispielsweise verschlafen und sind so ins Hintertreffen geraten. „Bei Spacs gibt es aber nicht einmal griffige Indikatoren, auf die man vertrauen kann.“
Groß- vs. Kleinanleger
Als Großinvestor mit mehreren Milliarden Euro zur Verfügung „würde man aufgrund des aktuellen Anlagenotstands wahrscheinlich mehrere solcher Vehikel kaufen“, sagt Prinz. Auch, weil man als Profi leicht diversifizieren, also sein Geld streuen, kann. Aus Sicht eines Privatanlegers „spricht aber nichts für Spacs. So etwas greift man aus unserer Sicht besser nicht an.“Selbst wenn das Renditepotenzial hoch ist, das Risiko, sein Geld zu verlieren, ist es auch.
Doch gibt es auch Erfolgsgeschichten, wie jene von QuantumScape. Das Start-up für FeststoffAkkus hat die beste Spac-Performance hingelegt. Das Plus lag zwischenzeitlich bei über 1000 Prozent. Neben VW, das seinen Anteil aufstockte, ist auch George Soros investiert. Bis das Unternehmen seine Produkte zur Marktreife bringt, wird es aber noch dauern. Weshalb im aktuellen Kurs wohl auch viel Fantasie eingepreist ist. Besonders, da es sich um ein umsatzloses Unternehmen handelt.