Chancen für Amtshaftungsklage gegen FMA schwinden
Commerzialbank Mattersburg. Efta-Gerichtshof stützt Linie des EuGH, der Haftung für Aufsicht gegenüber Kunden ausschließt. Ein Gastbeitrag.
Schaan/Wien. Durch den Konkurs der Commerzialbank Mattersburg ist die Aufsichtstätigkeit der Finanzmarktaufsicht (FMA) in den Fokus gerückt, mehrere Klagen wurden schon eingereicht. In Deutschland gibt es eine ähnliche Situation im Fall Wirecard. Nun erging in einem bisher wenig beachteten Fall aus dem kleinen Liechtenstein ein Entscheid des EftaGerichtshofs, der die Amtshaftung gegenüber Kunden für Aufsichtstätigkeit von Finanzaufsichtsbehörden auf europarechtlicher Basis erneut ausschließt (Fall E-5/20).
Im Fürstentum kam es zum Konkurs einer Versicherung, die unter anderem in Frankreich tätig war. Zwei französische Versicherungen, die für Regressansprüche im Rahmen französischer Bauversicherungspolicen auf ihre Quote reduziert waren, erhoben eine Amtshaftungsklage gegen die liechtensteinische FMA. Dabei stellte sich die Frage, ob die Versicherungen vom Schutzzweck der Aufsicht erfasst sind. Der OGH legte dem Efta-Gerichtshof diese Frage vor, da das entsprechende Gesetz auf EURichtlinien basiert.
Der Efta-Gerichtshof ist der „kleine Bruder“des EU-Gerichtshofs (EuGH) und hat eine ähnliche Funktion für den Europäischen Wirtschaftsraum, welcher aus der EU, Liechtenstein, Norwegen und Island besteht. Im Bereich des Finanzmarktes gelten die gleichen Grundfreiheiten, die entsprechenden EU-Richtlinien werden in den EWR übernommen. Der EuGH und der Efta-Gerichtshof beachten gegenseitig ihre Entscheidungen als Präzedenzfälle.
Aufsicht im Allgemeininteresse
Der Efta-Gerichtshof betrachtete die Regressansprüche nicht als Versicherungsansprüche und schloss sie damit vom Schutzzweck aus, ging aber auch auf das Argument ein, dass die Richtlinie keinen Individualrechtsschutz für „ordnungsgemäße Aufsicht“gewährt. Den Aufsichtsbehörden sei die Verpflichtung auferlegt, die Stabilität des Finanzsystems zu wahren. Dieser Zweck liege im Allgemeininteresse aller Wirtschaftsteilnehmer, die dem Finanzsystem angehören. Ziel sei nicht der Schutz einzelner Wirtschaftsteilnehmer.
Damit bestätigte der Gerichtshof einen Entscheid des EuGH von 2002 (Paul u. a. C-222/02). Damals hielt auch der EuGH im Falle einer Bank fest, dass solche Vorschriften eine Vielzahl von Interessen zu schützen hätten, darunter auch die Stabilität des Finanzsystems als Ganzes. Nationale Gesetzgeber konnten also die Haftung für Kunden ausschließen.
In Österreich wurde die Amtshaftung für die Aufsichtstätigkeit der FMA eingeschränkt, indem nur mehr Schäden der Bank selbst, nicht mehr solche von Bankkunden geltend gemacht werden können (§ 3 Abs 1 FMABG). Die nunmehrigen Kläger müssen also versuchen, die Regelung als solche anzugreifen und sie entweder als verfassungsoder europarechtswidrig zu bekämpfen. Mit der neuerlichen Bestätigung des Falles Paul durch den Efta-Gerichtshof hat die EU-rechtliche Schiene wohl nur mehr verschwindende Erfolgschancen.
Es bleibt somit die rein verfassungsrechtliche Argumentation. Das Problem ist aber auch hier, dass die europarechtliche Position die nationale beeinflussen wird. Im Kern muss eine Säule einer Verfassungsbeschwerde argumentieren, die FMA-Haftungsregel sei unsachlich. Wenn aber der Haftungsausschluss EU-rechtlich akzeptiert ist, weil der Markt als solches geschützt werden soll, wird es noch schwerer sein, die Regel national als unsachlich zu qualifizieren.