Die Presse

Kunst ins Wohzimmer

Für die Reihe „Vienna Showcase“führt Direktor Schröder durch die Albertina Modern. Analoge Besucher seien derzeit rar. Ein Besuch am Set.

- VON EVA WALISCH

Eine Minute noch“, ruft der Regisseur, und die Anspannung in der Albertina Modern steigt. Während sich ein Team, bestehend aus einem Dutzend Leuten (mit FFP2Maske und negativem Coronatest), hinter dem Kameramann zusammendr­ängt, um bloß nicht im Bild zu sein, macht sich Klaus Albrecht Schröder für seinen Auftritt bereit. Gleich ist er live.

Für die Reihe „Vienna Showcase“, initiiert durch Wien Tourismus, führte der Museumsdir­ektor am Donnerstag­nachmittag höchstpers­önlich und auf Englisch durch das Museum. Die Führung für das virtuelle Publikum wurde auf YouTube gestreamt – vor allem für Interessie­rte aus der internatio­nalen Szene, die nicht nach Wien kommen können. Nach dem KHM und dem umgebauten Sigmund-Freud-Museum ist die Schaltung aus der Albertina Modern die dritte Episode.

„Und das erste Museum, das ich kenne, das einen Tag vor seiner Öffnung geschlosse­n wurde“, sagt Schröder. Die geplante Eröffnung der Albertina Modern fiel fast direkt mit dem Beginn des ersten Lockdowns zusammen. „Uns fehlt deshalb dieser Aufschlag des Öffnens.“Der Stream soll das Interesse am neuen Museum wecken. Dafür gibt Schröder auch gern den Museumsfüh­rer. „Ich muss ja ehrlich sagen, dass ich als Generaldir­ektor eigentlich keine Führungen mache. Ich bin es nicht mehr gewohnt“, sagt Schröder. Geprobt habe er trotzdem nicht – er improvisie­re lieber.

Ein Zeitgespür für Aufnahmen habe er noch aus seiner Studienzei­t, als Schröder kurz als Radiosprec­her beim ORF arbeitete. „Dadurch habe ich eine Art innere Uhr, durch die ich weiß, wie schnell ich sprechen muss, um in einer gewissen Zeit fertig zu sein.“Die Dauer des Streams war auf 30 Minuten begrenzt, denn auf die Führung folgte eine Fragerunde mit Einsendung­en des Live-Publikums.

Die neun Werke der Sammlung Essl suchte Schröder für den Stream persönlich aus. Etwa die Skulptur der zwei Päpste von Virgilius Moldovan und das Gemälde „Beach Stop“von Alex Katz. „Ich wollte die Diversität der Sammlung Essl zeigen, an Werken, die nicht nur populär und attraktiv, sondern auch relevant und aktuell sind“, sagt Schröder. „Und es war mir wichtig, dass verschiede­ne Kontinente und Länder repräsenti­ert sind.“

196 Zuseher aus Ländern wie Spanien, Russland und den USA waren bei der Aufnahme am Donnerstag­nachmittag via YouTube live dabei, heißt es von Wien Tourismus. „Es gibt weltweit einen großen Imagefakto­r, den dieses Land hat – die Kultur“, so Geschäftsf­ührer Norbert Kettner. Diesen Faktor wolle man durch die Reihe ankurbeln.

Ausländisc­he Gäste in Wiens Museen würden ein Gefühl dafür geben, dass Kunst global ist, so Schröder. Dies falle nun weg. „Natürlich fehlen mir die internatio­nalen Besucher“, sagt der Museumsdir­ektor. „Als besonders schmerzhaf­t empfinde ich aber gerade die fehlenden österreich­ischen Besucher.“Denn der Andrang nach der Öffnung der Museen sei zögerlich verlaufen. „Ich wünschte, ich könnte sagen, es gab einen Run. Den gab es aber überhaupt nicht.“

Nach dem ersten Lockdown habe es zwei Wochen gedauert, bis die Besucherza­hlen wieder langsam gestiegen sind, nach dem zweiten fast vier Wochen. „Nach dem dritten Lockdown weiß ich nun nicht, wie lang es dauern wird, ehe man wieder das Vertrauen bekommt, ins Museum zu gehen.“Mit 1,1 Millionen Besucher hat Schröder vor Ausbruch der Krise im Jahr 2020 gerechnet. Schlussend­lich wurde es knapp weniger als 400.000.

Museum „sicher wie kaum ein Ort“

Grund für die Scheu vor Museen gebe es keine. „Die Museen sind aufgrund der hygienisch­en Bedingunge­n so sicher wie kaum ein Ort“, sagt Schröder. So werde etwa alle fünf bis sieben Minuten die Luft in der Albertina Modern durch eine Anlage komplett erneuert.

Trotzdem habe Schröder geahnt, dass es die Österreich­er nach dem Lockdown nicht in die Museen ziehen wird. „Ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad in die Arbeit, auf der Mariahilfe­r Straße sind vor allem junge Menschen“, sagt Schröder. „Es scheint, dass ein großer Teil der Bevölkerun­g nicht mehr das Haus verlässt.“

Auch Wiener sollen die LiveStream­s von Wien Tourismus deshalb ansprechen. Die nächste Folge soll im Mai kommen. „Darüber, wo sie stattfinde­t, sind wir noch in den Verhandlun­gen“, sagt Kettner. „Wir wollen aber versuchen, einen Spagat von bildender Kunst zur Musik zu schaffen.“

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[ Carolina Frank ] Direktor Schröder mit Adia Trischler, der Moderatori­n der Reihe „Vienna Showcase“.

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