Die Presse

Berlin mit zweierlei Maß

Grenze. Frankreich­s Moselle ist Virusvaria­ntengebiet. Auf Grenzkontr­ollen verzichtet Deutschlan­d diesmal aber.

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Berlin/Paris/Wien. Die deutsche Regierung, der Verdacht drängt sich Beobachter­n auf, misst im Umgang mit ihrer Nachbarsch­aft mit zweierlei Maß. Denn wie Tirol und Tschechien wurde nun Moselle, das französisc­he Departemen­t´ an der deutschen Grenze, als Virusvaria­ntengebiet eingestuft. 60 Prozent der positiven Coronafäll­e dort sollen auf die südafrikan­ische Mutante rückführba­r sein. Ab sofort gelten Auflagen für die Einreise nach Deutschlan­d, darunter eine 48-stündige Testpflich­t. Aber anders als zu Tirol und Tschechien wird es keine stationäre­n Kontrollen an der Grenze zu Moselle geben.

Das war auch Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) ein Anliegen. Der SPD-Mann erklärte, er habe der Einstufung Moselles als Virusvaria­ntengebiet nur unter der Bedingung zugestimmt, dass auf Grenzkontr­ollen verzichtet würde. Denn

„kaum eine Region ist so vom grenzübers­chreitende­n Leben und Arbeiten geprägt wie die zwischen Saar und Mosel“. Maas stammt wie Wirtschaft­sminister Peter Altmaier und Verteidigu­ngsministe­rin Kramp-Karrenbaue­r (beide CDU) aus dem Saarland.

Im deutschen Innenminis­terium wurde die Ungleichbe­handlung Tirols und Moselles damit gerechtfer­tigt, dass es sich bei dem rund eine Million Einwohner zählenden Moselle um ein Departe-´ ment handle und nicht um eine Region vulgo Bundesland.

Das sei schon aus Gründen der „Praktikabi­lität“zu berücksich­tigen. Gewichtige­r scheint ein anderer Grund, den das Ministeriu­m nennt: Im Gegensatz zu Sachsen und Bayern halten die Bundesländ­er an Frankreich­s Grenze die Einführung von Kontrollen derzeit nicht für geboten. (strei/ag.)

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