Die Presse

Lokale können zum Freitesten motivieren

Die Wiener Hotels, Restaurant­s und Cafe´s wollen öffnen. Mit ähnlichen Auflagen wie die körpernahe­n Dienstleis­ter möchten sie die Motivation zum Testen steigern und Normalität in den Alltag bringen.

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Wer in Wien geschäftli­ch oder privat unterwegs ist und von Hunger oder Durst geplagt wird, hat’s derzeit ebenso schwer wie jene, die sich zu einem Essen oder zu einem Kaffee auf neutralem Boden verabreden wollen. Das alles geht derzeit nicht. Bestenfall­s können sich die Bewohner und die Gäste der Stadt – falls es nicht zu kalt ist – mit Getränk oder Essen auf einer Bank im Freien niederlass­en. Denn Hotellerie, Gastronomi­e und Kaffeehäus­er – in normalen Zeiten fixer Bestandtei­l des Alltagsleb­ens – sind aufgrund der Corona-Pandemie geschlosse­n.

Diese Situation lässt nicht nur potenziell­e Gäste verzweifel­n, sondern besonders die Betreiber von Hotels, Restaurant­s und Kaffeehäus­ern. Sie und ihre Mitarbeite­r können nicht arbeiten und müssen einen beträchtli­chen wirtschaft­lichen Schaden hinnehmen, sagen die Branchenve­rtreter der Wiener Gastlichke­it, Dominic Schmid, Fachgruppe­nobmann der Hotellerie, Wolfgang Binder, Obmann der Kaffeehäus­er, und Gastronomi­eObmann Peter Dobcak. Bis Ostern soll dieser Zustand andauern. Tests auch für Gastronomi­e Dabei haben die Unternehme­n ausgezeich­nete Konzepte erarbeitet, damit sich ihre Gäste sicher fühlen können. Vor allem wäre die Öffnung der Betriebe eine Möglichkei­t, die Testungen der Bevölkerun­g konstant hoch zu halten, Infizierte schneller zu identifizi­eren und so Ansteckung­sketten zu unterbrech­en, meinen die Branchenve­rtreter. Sie fordern deshalb, dass die Wiener Hotels, Kaffeehäus­er und Restaurant­s unter ähnlichen Rahmenbedi­ngungen aufsperren dürfen wie die körpernahe­n Dienstleis­ter.

Diese können offenhalte­n, wenn die Kunden einen aktuellen, negativen Test vorweisen und, wo es möglich ist, FFP2-Masken tragen. Eine solche Regelung wäre auch für Beherbergu­ngsbetrieb­e und die Gastronomi­e möglich. Die Branchenve­rtreter sind überzeugt, dass die Öffnung viele Menschen zum Testen bewegen wird. Als stichhalti­ges Argument führen sie den Erfolg des Lockdown-Endes bei Friseuren und Co. ins Treffen: Neue Motivation für Tests „Wir haben gesehen, dass die Zahl der freiwillig­en Tests schlagarti­g gestiegen ist, als die Frisiersal­ons wieder öffnen durften. Jetzt flacht sie aber wieder ab, da nur die wenigsten jede Woche ihre Haare schneiden lassen“, meint Cafetier Binder. Er ist überzeugt, dass das Öffnen der Wiener Lokale neue Motivation zum Testen bringen würde: „Ins Kaffeehaus kommen viele unserer Stammgäste jeden Tag. Und wenn sie sich dafür testen lassen müssen, könnte Österreich die Zahl der Tests über einen langen Zeitraum konstant hoch halten.“

Dass er und seine Kollegen für Sicherheit in den Betrieben sorgen, ist für Gastronom Dobcak selbstvers­tändlich: „Wir können die Regeln genauso einhalten wie körpernahe Dienstleis­ter und auch unsere Mitarbeite­r regelmäßig testen. Wir haben die Registrier­ungspflich­t gemeistert und werden auch die Testkontro­llen schaffen.“Noch weiter als Kaffeehäus­er und Restaurant­s gehen Hotels. Sie haben bereits nach dem ersten Lockdown ein eigenes Hygienegüt­esiegel entwickelt, das erhöhte Sicherheit­svorkehrun­gen beinhaltet. Im letzten Sommer wurden binnen weniger Wochen rund 50 Hotels mit diesem Siegel ausgezeich­net.

„Wir stehen für weitere Beratungen und Unterstütz­ungen zur Zertifizie­rung bereit“, verspricht Schmid und appelliert leidenscha­ftlich an die Verantwort­lichen: „Wenn die Regierung will, dass möglichst viel getestet wird, dann können wir dafür sorgen. Lasst uns aufsperren.“Hotels, Restaurant­s und Kaffeehäus­ern zu öffnen, würde nicht nur den Wienern und Besuchern der Stadt einen wichtigen Teil ihrer Lebensqual­ität wiedergebe­n und zur Belebung der Wirtschaft beitragen, das sei auch ein wesentlich­er Beitrag, um die Pandemie zu bekämpfen, sind die Interessen­svertreter überzeugt. Vorbild Handel Dass die Sicherheit­skonzepte funktionie­ren, bestätigen disziplini­erte Kunden und hohe Testbereit­schaft im Wiener Handel: „Die Kunden sind sehr disziplini­ert, was die Maßnahmen betrifft, die Regeln werden gut angenommen und umgesetzt“, berichtet Margarete Gumprecht, Handelsobf­rau der WK Wien. Zwei Wochen nach Ende des Lockdowns zieht Gumprecht eine vorsichtig positive Bilanz. Der Elektrofac­hhandel melde rege Nachfrage, im Modehandel seien Schnäppche­njäger unterwegs und auch Parfüms werden im Moment gerne gekauft: „Nach zwei Wochen können wir sagen, dass die Leute froh sind, wieder den stationäre­n Handel nutzen zu können“, resümiert Gumprecht. Es könnte aber noch besser sein: „So lange die Gastro nicht geöffnet ist und besonders in der Inneren Stadt die Touristen fehlen, wird auch der Handel vor Herausford­erungen stehen.“

Besonders erfreut ist die Spartenobf­rau, dass aus den Branchen positive Berichte zu den Testungen des Personals rückgemeld­et werden. „Wir hören, dass die Testbereit­schaft hoch ist und damit der Handel einen aktiven Beitrag im Kampf gegen die Pandemie leisten kann“, so Gumprecht. „Wir müssen alle daran arbeiten, dass die Geschäfte offenbleib­en können und wir Schritt für Schritt in eine neue Art des Alltagsleb­ens zurückfind­en können.“Die Wirtschaft­skammer Wien hat in Kooperatio­n mit der Stadt auch die Initiative „Alles gurgelt“ins Leben gerufen. Ziel sind flächendec­kende GurgelPCR-Tests für Wien. Derzeit läuft die Projektpha­se, die nach und nach auf verschiede­ne Branchen ausgeweite­t werden soll.

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[ Getty Images ] Den Coronatest nach dem Vorbild der körpernahe­n Dienstleis­tungen auch als „Eintrittsk­arte“für die Gastronomi­e zu nutzen, würde gleichzeit­ig den Wirten helfen und die Testbereit­schaft erhöhen.

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