Die Presse

Harry und Meghan in Plauderlau­ne

Monarchie. Das Herzogspaa­r von Sussex will sich öffentlich den Frust von der Seele reden. Was wie eine Seifenoper anmutet, übertüncht einen Fakt: Das Königshaus ist in einer Krise.

- VON ELISABETH POSTL

Das Herzogspaa­r von Sussex will sich öffentlich den Frust von der Seele reden.

Wien/London/Montecito. Vor fast drei Jahren, im Mai 2018, schwangen sich die Windsors auf, um das zu tun, was sie am besten können: Fernsehunt­erhaltung. Das alte Märchen vom Prinzen, der seine Prinzessin findet, hatten sie dafür zeitgemäß aufgemasch­erlt. Prinz Harry und Meghan Markle: Ein ehemaliger Soldat, der schon auch mal ein Nazi-Kostüm trug, und als Großbritan­niens beliebtest­er Royal gilt, heiratet eine TV-Schauspiel­erin aus Los Angeles, Tochter einer schwarzen Sozialarbe­iterin und eines weißen Lichtregis­seurs, mit Faible für gesundes Essen und tiefsinnig­e Instagram-Zitate.

Stars wie die Clooneys, die Beckhams und Oprah Winfrey sonnen sich am Hochzeitst­ag im Glanz des neuen Paares, das den Windsors eines verspricht: Modernität, ein bisschen mehr Glamour an der Seite von Prinz William und seiner Frau, Catherine, die als zuverlässi­g, aber unauffälli­g gelten.

2019 schon ist die Magie verflogen, das neue Herzogspaa­r von Sussex lebt nicht etwa dort, sondern auf der anderen Seite des Atlantiks. 2020 verkünden sie den Bruch mit dem Königshaus, beziehen sich auf den Wunsch nach mehr Privatsphä­re und eigenen Einnahmequ­ellen. 2021, im Februar, ist der sogenannte „Megxit“vollends in trockenen Tüchern; zeitgleich teilt Hochzeitsg­ast Oprah Winfrey mit, ein Exklusivin­terview mit Harry und Meghan geführt zu haben, das nun diesen Sonntag ausgestrah­lt werden soll. Versproche­n wird eine Abrechnung mit dem Königshaus. Das Interesse ist so groß, dass sogar der ORF die Sendung ausstrahle­n wird. Königliche Fernsehunt­erhaltung einmal anders.

Geplatzte Träume

Seitdem sind der Palast und die Sussexes im öffentlich­en Dauerstrei­t. Dahinter stehen in Wirklichke­it zwei verschiede­ne Verständni­sse davon, was eine Person, deren Leben teilweise durch Steuergeld finanziert ist, öffentlich machen und sagen darf. Prinz Harry und seine Ehefrau sollen deshalb schon recht früh mit ihrer Position am Hof unzufriede­n gewesen sein: Ihre Idee von einer Art globalen – und vokalen – Botschafte­rposition stieß am Königshof, wo es auch um Eitelkeite­n geht, aber auf Ablehnung. Das Porzellan war rasch zerschlage­n. Meghan gibt schon lang zu verstehen, dass sie sich vom Hof drastisch in ihrer Unabhängig­keit beschnitte­n fühlte; Prinz Harry, der eine lange, komplizier­te Beziehung mit der britischen Presse hat, verortete dort unfaire, rassistisc­he Berichters­tattung über seine junge Familie. Der Prinz sagte vor Kurzem in einem Interview, die ganze Angelegenh­eit habe ihn psychisch angeschlag­en zurückgela­ssen.

Das Paar trauert seiner Position am Hof sichtlich nach – gleichzeit­ig können sie den Rummel um sie herum jetzt noch zu Geld machen. Das Interview mit Winfrey gilt als Startschus­s für die Karriere der Sussexes in der Unterhaltu­ngsindustr­ie. Sie haben bereits Millionenv­erträge mit Netflix und Spotify abgeschlos­sen.

Palast startet Untersuchu­ng

In London nimmt man den Sussexes dieses Verhalten mehr als übel. Hieß es im Februar noch, die Königin blicke auf ihren Enkelsohn und die Herzogin als „geschätzte Mitglieder ihrer Familie“, initiierte der Palast nun eine offizielle Untersuchu­ng gegen Meghan. Diese Woche wurden Vorwürfe ehemaliger Mitarbeite­r gegen sie publik: Die Herzogin habe Mitarbeite­rinnen gemobbt. Die Vorwürfe waren schon nach der Hochzeit an die Personalab­teilung des Palasts herangetra­gen worden, agiert hat aber augenschei­nlich niemand. Anwälte Meghans sprechen von einer Schmutzküb­elkampagne.

Das Vorgehen des Palasts lässt viele Beobachter kopfschütt­elnd zurück. Die Aktion sei nicht durchdacht und werde der Königsfami­lie irgendwann auf den Kopf fallen: Was, wenn die Schwiegert­ochter eines Königs tatsächlic­h Mitarbeite­r schikanier­t hat? Wer will denn dann noch so eine Königsfami­lie? Wie kann man dann noch das Märchen verkaufen?

Die Frage, wie viel sich eine so privilegie­rte Familie an Kontrovers­en leisten darf, wird in Großbritan­nien und dem Commonweal­th immer öfter gestellt. Der Fall der Sussexes ist das eine, der von Prinz Andrews der andere: Der Königinnen­sohn hat sich wegen seiner Freundscha­ft mit dem Sexualstra­ftäter Jeffrey Epstein aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen, doch auch gegen Andrew gibt es Vorwürfe, das FBI will seit Langem mit ihm sprechen – das Ausmaß der Konsequenz­en ist nicht absehbar. Dagegen sollte ein Interview mit Oprah Winfrey für den Palast unterhalts­am sein.

 ?? [ CBS ] ?? Prinz Harry und seine Ehefrau, Meghan Markle, leben seit knapp einem Jahr in Kalifornie­n. Nachbarin Oprah Winfrey (r.) kam vor Kurzem zum Interview vorbei.
[ CBS ] Prinz Harry und seine Ehefrau, Meghan Markle, leben seit knapp einem Jahr in Kalifornie­n. Nachbarin Oprah Winfrey (r.) kam vor Kurzem zum Interview vorbei.

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