Wie in Zukunft in Wien geparkt werden könnte
Kurzparkzone. Tarifzonen, günstigeres Parken für E-Autos, weniger Stellplätze: Ideen für eine Parkraumbewirtschaftung neu gibt es viele. Die Stadt will das heikle Thema nun angehen.
Wien. Etwas mehr als 100 Tage ist die rot-pinke Stadtregierung im Amt – im März will sie nun eine jener offenen Baustellen angehen, die schon lang Reformbedarf haben: die Parkraumbewirtschaftung nämlich. Die Reform ebendieser soll laut Koalitionsabkommen bis spätestens 2022 umgesetzt werden.
Die Ausgangslage
Nun: Es ist kompliziert. Das System der Kurzparkzonen, das in den 1960ern im ersten Bezirk seinen Ausgang nahm, ist über die Jahre auf andere Bezirke ausgeweitet, ergänzt, mit Ausnahmen und Sonderregelungen versehen worden, die kaum noch jemand überblickt. Nur in vier Bezirken (13., 21., 22. und 23.) gibt es keine großflächige Parkraumbewirtschaftung (wohl aber kleinere Kurzparkzonen).
In allen anderen Bezirken kostet das Abstellen des Autos wochentags pro Stunde 2,20 Euro, je nach Bezirk darf man es zwei oder drei Stunden abstellen. In manchen gilt die Kurzparkzone bis 22, in anderen nur bis 19 Uhr. Rund um die Stadthalle ist aber wieder alles anders, hier muss man auch am Wochenende zahlen, dafür aber nur abends. Auch die Einkaufsstraßen haben eigene Regeln, die auch samstags bis Mittag gelten.
Anrainer können ein (international gesehen) günstiges Parkpickerl beantragen, das je nach Bezirk 90 oder 120 Euro im Jahr kostet. Mit diesem dürfen sie in ihrem Wohnbezirk unbegrenzt parken. Außer es handelt sich um eine Einkaufsstraße, hier brauchen sie eine Parkscheibe. Man sieht: Alles ziemlich kompliziert.
Das Ziel
Dass die Autofahrer sich besser zurechtfinden, ist aber nicht das vorrangige Motiv für die geplante Reform. Vielmehr will Rot-Pink das Mobilitätsverhalten ändern: Langfristig sollen in Wien 80 Prozent der Wege mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden. Der Pendlerverkehr aus dem Umland soll bis 2030 halbiert werden – vor Corona kamen täglich rund 120.000 Menschen mit dem Auto in die Stadt.
Was Rot-Pink plant
Erste Gespräche mit den Bezirken würden gut laufen – viel mehr ist aus dem Ressort von Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) noch nicht zu hören. Eine Ausweitung auf ganz Wien gilt aber als Ziel. Man darf davon ausgehen, dass das Modell zur Parkpickerl-Reform, das Ex-Verkehrsstadtrat Rudi Schicker (SPÖ) im Vorjahr präsentiert hat, Basis für die Gespräche sein wird. Demzufolge würde das Stadtgebiet in Zonen eingeteilt: Je näher im Zentrum, umso teurer der Tarif in der Kurzparkzone. Wiener würden in einem Radius von 1,5 Kilometern rund um ihre Wohnung mit Parkpickerl parken dürfen (und nicht mehr nach Bezirksgrenzen).
Die Neos wiederum können sich auch eine Staffelung der Tarife nach den CO2-Emissionen der Fahrzeuge vorstellen: Ein Elektroauto würde also günstiger parken als ein Pkw mit Verbrennungsmotor, so Mobilitätssprecherin Angelika Pipal-Leixner. Sie hofft auch auf den „Einsatz digitaler Technologien“, also etwa einer App, die die Stellplätze erfasst und Autofahrern im Vorfeld anzeigt, welche Straßen bereits vollgeparkt sind, wie es in Stockholm (siehe Artikel links) der Fall ist. Dass dies „in einem ersten Schritt“in Wien kommt, glaubt sie aber nicht. Jedenfalls reden „müsste man aus meiner Sicht über eine Tariferhöhung“: Parken auf der Straße sollte teurer, Park-&-Ride-Anlagen und Garagen dafür günstiger werden.
Was Experten sagen
Der ÖAMTC wünscht sich eine Aufteilung des Stadtgebiets in drei
Tarifzonen. In Zone A ( innerhalb des Gürtels) soll es weiter eine Kurzparkzone geben. In den umliegenden Zonen B und C sollte das Parken mit niedrigerem Stundensatz auch länger möglich sein – für Pendler soll es aus Sicht des ÖAMTC Tages- oder Wochenpauschalen geben. Dass E-Autos billiger parken könnten, sieht der ÖAMTC skeptisch. „Ein E-Auto braucht genauso viel Platz“, zudem gebe es auch eine „soziale Problematik“: Immerhin sei ein E-Auto nicht für alle leistbar.
Der (grün-nahe) Verkehrsclub Österreich fordert eine Reduktion der Stellplätze, um das Autofahren in der Stadt unattraktiver zu machen. Wichtig sei, dass das neue Modell „flächendeckend ist“, damit man sein Auto in manchen Gegenden nicht den ganzen Tag gratis abstellen kann.
Was die Bezirke wollen
Die meisten Bezirke befürworten eine Wien-weite und einheitliche Lösung. In Hietzing, bislang ohne Parkraumbewirtschaftung, hoffe man so das Problem der GratisDauerparker in den Griff zu bekommen, wie die Hietzinger Bezirkschefin, Silke Kobald (ÖVP), sagt. Im grün regierten Neubau „gehen wir sowieso unseren eigenen Weg“, heißt es aus dem Büro von Bezirksvorsteher Markus Reiter. Für Anrainer gibt es günstige Garagenplätze, im Vorjahr sind im Siebenten 600 Stellplätze im Zuge von Straßen-Neugestaltungen weggefallen, heuer werden es 300 sein. Eine Parkpickerl-Reform der Stadt sieht man hier nur als „flankierend. Es ändert nichts daran, wie wir mit Neugestaltung umgehen.“