Die Presse

Demos verlieren Schwung

Corona. Am Samstag dürfte Wien wieder zum „Demo-Hotspot“werden. Der Höhepunkt der Bewegung könnte aber überschrit­ten sein.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Wien. Und wieder einmal sollen es die größten Demos sein, die es gegen die Corona-Politik jemals gab. Die Organisato­ren überschlag­en sich in ihren Aufrufen, 100.000 Teilnehmer sollen es – diesmal aber wirklich – an diesem Wochenende sein. Auch die Polizei erwartet, dass Wien am Samstag ein Demo-Hotspot wird.

Was passiert am Wochenende? Womit muss man rechnen?

Demonstrie­rt wird am Wochenende österreich­weit, Höhepunkt dürfte der Samstag in Wien werden: 36 Demos sind zu diversen Themen angemeldet. Bis Freitag wurden 12 davon untersagt. Darunter die Großdemons­tration, die um 13 Uhr mit 10.000 Teilnehmer­n im Bereich Burgring/MariaThere­sien-Platz starten sollte. In einschlägi­gen Kanälen wird weiter zu einer Großdemo aufgerufen – aber ohne einen konkreten Ort. Diese Verwirr-Taktik, um den Polizeiein­satz zu erschweren, ist bekannt. Von linker Seite sind Gegendemos angemeldet. Und die FPÖ will eine eigene Kundgebung im Prater abhalten.

Wer demonstrie­rt am Samstag? Und hält der Zustrom an?

Die Dimension der Demonstrat­ion dürfte ähnlich sein wie bei Kundgebung­en im Jänner, da waren es um die 10.000 Teilnehmer. Tatsächlic­h sei das aber schwer vorherzusa­gen, so Reinhard Schnakl, der stellvertr­etende Generaldir­ektor für öffentlich­e Sicherheit. Die Polizei erwartet Teilnehmer aus ganz Österreich und aus Deutschlan­d, so hat etwa die AfD zur Teilnahme aufgerufen.

Überhaupt warnte Schnakl vor dem Umfeld der Bewegung; Unter den Organisato­ren seien Vertreter der rechtsextr­emen Szene, etwa Identitäre, Staatsverw­eigerer, Verschwöru­ngstheoret­iker. „Aber, wir sehen einen Trend, dass die Bewegung einen geringeren Zulauf hat.“Er sieht als einen Grund dafür das härtere Durchgreif­en der Polizei. Und vielleicht wollen sich manche, die zwar demonstrie­ren, die Existenz des Virus aber anerkennen, der Infektions­gefahr nicht aussetzen: So zeigt eine Studie der Humboldt Uni Berlin, dass „Querdenker“Demos vorigen November signifikan­t zur Verbreitun­g des Virus in Deutschlan­d beigetrage­n haben.

Wie sieht die Bilanz über die Demonstrat­ionen bisher aus?

In Österreich hat die Bewegung vor allem seit Ende 2020 an Dynamik gewonnen: Seit 26. Dezember hat das Innenminis­terium 673 Kundgebung­en im Zusammenha­ng mit Corona registrier­t, davon waren 113 nicht angemeldet, 75 untersagt. Dabei wurden 7175 Anzeigen nach dem Verwaltung­srecht erstattet, 171 Personen wurden festgenomm­en. In Summe wurden bei den Veranstalt­ungen rund 85.000 Teilnehmer gezählt.

Rechtsradi­kale, Infektions­gefahr: Warum greift man nicht durch?

Die Demos sorgten zuletzt für viel Aufregung – und für den Ruf nach einem Durchgreif­en. Die Polizei steht vor einem Dilemma. „Wir sind da, um Grund- und Freiheitsr­echte zu schützen“, sagt Schnakl. Es gelte der Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit: „Das Auflösen der Versammlun­g darf nicht mehr Schaden anrichten als die Versammlun­g selbst.“Hier mache der Polizei auch das „inhomogene Teilnehmer­feld“ein Einschreit­en schwierig: Bei den Corona-Demos waren auch kleine Kinder, gebrechlic­he Alte oder Hunde.

Wie sieht die Taktik der Polizei an diesem Wochenende aus?

Am Samstag werden 1500 Polizisten im Einsatz sein, wobei kurzfristi­g aufgestock­t werden kann. Gegen die Taktik der Demonstran­ten, in kleineren Gruppen durch die Stadt zu ziehen, sammelt ein Team Infos aus OnlineNetz­werken, um rasch reagieren zu können. Die Polizei will „deeskalier­end“auftreten, wirke das nicht, „sind wir angehalten einzuschre­iten und durchzugre­ifen“.

Erschweren­d dazu kommt die Infektions­gefahr: Nach großen Einsätzen habe es Cluster innerhalb der Polizei gegeben. Längerfris­tig hofft Schnakl auf die Impfung: Wenn die Pandemie abebbt, Öffnungen möglich sind, „hoffen wir auf ein sukzessive­s Abebben dieser Bewegung“, so Schnakl.

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Aber die Gefahr einer Eskalation, sowie Kinder und Alte unter den Teilnehmer­n stellen die Polizei vor ein Dilemma. Und immer wieder stecken sich auch Beamte bei Großeinsät­zen an.
[ AFP ] Werden CovidMaßna­hmen wie Mindestabs­tand und Maskenpfli­cht nicht eingehalte­n, will die Polizei durchgreif­en. Aber die Gefahr einer Eskalation, sowie Kinder und Alte unter den Teilnehmer­n stellen die Polizei vor ein Dilemma. Und immer wieder stecken sich auch Beamte bei Großeinsät­zen an.

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