Casinos Austria befürchten Schlimmes
Glücksspiel. Die geplanten gesetzlichen Änderungen treffen just den teilstaatlichen Konzern, der auch noch von der Pandemie arg gebeutelt wird.
Am Freitag hat Bettina Glatz-Kremsner Journalisten zu einem Pressegespräch eingeladen. Recht kurzfristig übrigens, und dem Finanzministerium unter Gernot Blümel soll das alles andere als recht gewesen sein. Aber auch der Chefin der Casinos Austria sind so einige Dinge nicht geheuer, und damit wollte sie halt nicht hinterm Berg halten. Die vor wenigen Tagen präsentierten gesetzlichen Neuerungen für die Glücksspielbranche treffen sie ins Mark. Und so nebenbei wohl auch die Tatsache, dass sie in die Pläne zuvor nicht eingeweiht worden war – immerhin war Glatz-Kremsner bis vor nicht allzu langer Zeit Parteivizechefin der ÖVP.
Bettina Glatz-Kremsner war also ahnungslos, als die Regierung am 24. Februar ganz offiziell die „Neuordnung des Glücksspiels“präsentierte. Interessanterweise tat dies der grüne Vizekanzler, Werner Kogler, nach der Sitzung des Ministerrats, durchaus triumphierend. Der eigentlich zuständige ÖVP-Finanzminister hat am selben Tag bloß ein schriftliches Statement an Journalisten übermitteln lassen. Was angeblich daran liegt, dass Kogler – solang er Alma Zadic´ als Justizminister vertritt – von gemeinsamen Auftritten mit Gernot Blümel, gegen den Ermittlungen laufen, Abstand nehmen möchte.
Tragen die geplanten Neuerungen also eindeutig eine grüne Handschrift? Das will man im Finanzministerium keinesfalls so sehen: Schon vor einem Jahr hatte Blümel ja in der ORF-„Pressestunde“angekündigt, dass
Aufsicht und Lizenzvergabe in der Glücksspielbranche aus dem Finanzministerium ausgegliedert werden – die Mehrfachrolle des Finanzministeriums sei nicht mehr zeitgemäß. Das Ganze sei also von langer Hand geplant gewesen, betont sein Sprecher.
Und doch sind die nun geplanten Neuerungen deutlich weitreichender als das, was Blümel seinerzeit angekündigt hat. Und sie sollen hurtig, hurtig Gesetz werden. Noch im April dürften die neuen Vorhaben vom Ministerrat abgesegnet werden. All das zumindest, so Insider, ist eindeutig grünen Wünschen geschuldet. Angeblich haben sie im Zuge der juristischen Eskalation im Glücksspielbereich (die zuletzt in einer Hausdurchsuchung bei Blümel mündete) ordentlich Druck gemacht.
Et voil`a: Aus der angekündigten Ausgliederung der Glücksspielaufsicht wurde nun ein umfangreiches Paket, mit dem auch der Spielerschutz gestärkt werden soll. Dagegen wird niemand vernünftige Argumente haben. Ironischerweise treffen aber die geplanten Maßnahmen in allererster Linie die Casinos Austria. Jenes Unternehmen also, das zu gut 33 Prozent im Staatseigentum ist und pandemiebedingt gerade ein weitreichendes Sparprogramm im Ausmaß von 50 Millionen Euro durchführt.
Die Verwirrung ist groß. Casinos-Aufsichtsratspräsident Wolfgang Hesoun sagt denn auch zur „Presse“, es sei „schwierig, die einzelnen genannten Punkte zu kommentieren, weil uns keine Details bekannt sind“.
Tatsächlich sind die Punkte, die in dem seinerzeitigen Vortrag an den Ministerrat genannt werden, recht vage gehalten. Für die Casinos Austria reicht das aber, um die Alarmglocken schrillen zu lassen. Die geplante Herauslösung der Glücksspielaufsicht und
Lizenzvergabe aus dem Finanzministerium sowie die Maßnahmen gegen das illegale Online
Glücksspiel – das ist dem teilstaatlichen Konzern durchaus recht, wie
Glatz-Kremsner betont.
Aber die „Anpassung der
Spielbank- und Glücksspielabgaben sowie der Wettgebühren“haben doch ziemliches Drohpotenzial. Zumal „Anpassung“im Politikersprech natürlich „Erhöhung“heißt. Da sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Eine Erhöhung der Glücksspielabgaben würde jedenfalls in erster Linie die Casinos Austria treffen. Dabei hat die Casinos-Gruppe zuletzt ohnehin 643 Millionen Euro an jährlichen Steuern abgeliefert. Aber mehr geht offenbar immer.
Auch der Passus, wonach es zu „Einschränkungen für Glücksspielwerbung (. . .) in Analogie zum Tabakgesetz“kommen soll, ist für den Konzern alles andere als beruhigend. Was heißt das genau? Dass, wie bei Tabakwaren, nur mehr Produktinformationen an den Verkaufsstellen erfolgen dürfen?
Hart getroffen wären die Casinos Austria auch vom Vorhaben, die Bundeslizenz für sogenannte Video Lottery Terminals (VLT) zu streichen. Da wären die 4200 Automaten anderer Betriebe mit Landeskonzessionen „im Leo“. Die teilstaatlichen Casinos Austria freilich bekämen Probleme: Für die 21 „WinWin“-Standorte mit insgesamt 862 Spielautomaten gibt es eine Bundeskonzession. Der Konzern wäre dann auf Lizenzen seitens der Bundesländer angewiesen – in den Bundesländern Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg ist aber dieses „kleine Glücksspiel“verboten.
Und dann gibt es auch noch den Plan, „Berührungspunkte zwischen Politik und Glücksspielunternehmen auf ein Minimum zu beschränken“. Das gute alte Sponsoring also. Aber was heißt das für die (bei Sportminister Kogler angesiedelte) Sporthilfe? Hauptsponsor sind dort seit 1986 die Österreichischen Lotterien.
Fragen über Fragen also. Bettina GlatzKremsner hat sie am Freitag schon einmal vorläufig beantwortet: Sollten die Steuern für den Glücksspielkonzern steigen, „dann wird wohl das Thema der Standorte auf den Tisch kommen“. Heißt: Es wäre gut möglich, dass bei den zwölf Casinos in Österreich Schließungen notwendig werden. Im Zuge des laufenden Sparprogramms hatte die Konzernchefin die zwölf Standorte, die teilweise defizitär sind, noch mit Zähnen und Klauen verteidigt. „Das sind auch touristische Leitbetriebe“, sagt Glatz-Kremsner.
Und bei den drohenden Einschränkungen von Werbung fürchtet sie ebenfalls Schlimmes: Zuletzt habe man im Jahr einen „mittleren zweistelligen Millionenbetrag“in Werbung investiert. Wenn das nicht mehr möglich sei, würde es zu Umsatzeinbußen kommen, die vor allem auch die Trafikanten als wichtige Partner treffen würden.
Was sie nicht dazusagte: Im Hintergrund rumort es gewaltig. Nicht nur, weil ihr guter Draht zu Kanzler Sebastian Kurz gerade außer Betrieb zu sein scheint. Auch die Mehrheitseigentümerin der Casinos, die tschechische Sazka, ist einigermaßen unrund. Erst im Dezember hat Sazka ihre Anteile am österreichischen Unternehmen erhöht – sie hat 5,3 Prozent vom Bankhaus Schelhammer & Schattera erworben und hält somit knapp 60 Prozent an den Casinos. Dem Vernehmen nach sind die Tschechen recht erbost und machen bei der Staatsholding Öbag – ihrem Syndikatspartner – und beim Casinos-Management ordentlich Druck.
Was Glatz-Kremsner aber dann doch betonte: Die „Causa Glücksspiel“, in der es um Postenschacher und mutmaßliche Einflussnahme auf Glücksspielgesetze geht, hätte mit den nun geplanten Neuerungen nicht verhindert werden können. Gesetze und Postenbesetzungen – da wird die Politik weiterhin die Hand drauf haben können.