Die Presse

Wie die E-Control grün eingefärbt wird

Posten. Leonore Gewessler lässt in den Gremien des Energie-Regulators keinen Stein auf dem anderen. Auch die Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ats, Edith Hlawati, muss gehen. Es kommt eine Mischung aus Experten und Lobbyisten mit (rot-)grünem Touch.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Für Andreas Eigenbauer ist das Kapitel E-Control bald vorbei. Am Montag wird er ein letztes Mal mit seinem Ko-Vorstand Wolfgang Urbantschi­tsch Bilanz über fünf Jahre an der Spitze der Energie-Regulierun­gsbehörde ziehen. Für eine weitere Amtszeit reichte es der grünen Umweltmini­sterin Leonore Gewessler nicht. Dass der bürgerlich­e Jurist Urbantschi­tsch bleiben darf, feierte der türkise Koalitions­partner im Herbst als Erfolg. Doch die Freude währte nur kurz. Denn hinter den Kulissen feilten die Grünen an ihrem Coup: In der mächtigen Regulierun­gskommissi­on und im E-Control-Aufsichtsr­at steht ein politische­r Kahlschlag bevor.

Von der Öffentlich­keit weitgehend unbemerkt, sind diese beiden Gremien die heimlichen Machtzentr­alen in der E-Control. Die Kommission entscheide­t, wie hoch die Gebühren für die Strom- und Gasnetze sind, sie schlichtet Streitfäll­e zwischen Kunden und Konzernen und erlässt Verordnung­en. Der Aufsichtsr­at kontrollie­rt indes, dass beim weisungsfr­eien Regulator wirtschaft­lich alles korrekt abläuft. Keine unwichtige­n Aufgaben. Umso erstaunlic­her ist es, dass die Gremien de facto „handlungsu­nfähig“sind, wie der SPÖ-Energiespr­echer Alois Schroll moniert. Ende Februar liefen die Funktionsp­erioden etlicher Kommission­smitgliede­r ab. Im Aufsichtsr­at ist es am 14. März so weit. Und die Betroffene­n wissen bis heute nicht, ob sie weitermach­en dürfen oder nicht. Im Aufsichtsr­at trifft das die Vorsitzend­e, die Wirtschaft­sanwältin Edith Hlawati, den Ex-Flughafen-Vorstand Christian Domany und Dorothea Herzele von der Arbeiterka­mmer. „Mit uns spricht niemand“, beteuert Herzele. „Und langsam wird die Zeit knapp.“

„Wir besetzen nicht politisch“

Ungewöhnli­ch? In der Personalpo­litik von Leonore Gewessler nicht unbedingt. So musste ja auch Andreas Matthä bis zur letzten Sekunde zappeln, bevor er dann doch als ÖBB-Chef verlängert wurde.

Das Ministeriu­m verspricht jedenfalls eine zeitnahe Entscheidu­ng.

Das Kuriose dabei: Es ist ja nicht so, dass die Ministerin keinen Plan hätte. Die grüne Liste ist fertig. Und siehe da – nur eine Person im Aufsichtsr­at darf aufatmen: Die Arbeiterka­mmer-Expertin Dorothea Herzele soll auch unter den Grünen weiter im Kontrollgr­emium sitzen. Für den anderen Sozialpart­ner, den früheren Wirtschaft­skammer-Spitzenfun­ktionär Christian Domany, gilt das nicht. Und auch auf die Dienste von Edith Hlawati verzichtet Gewessler. Das verwundert viele Beobachter. Zwar wurde die Gesellscha­ftsrechtse­xpertin bisher meist von ÖVP-Ministern in die Aufsichtsr­äte von Staatsunte­rnehmen geholt, doch ihre fachliche Exzellenz und Unabhängig­keit wurde bisher nie angezweife­lt. So oder so: Beim türkisen Koalitions­partner rumort es.

„Wir besetzen nicht politisch. Das irritiert offenbar“, heißt es hinter vorgehalte­ner Hand im grünen Ministeriu­m. Wobei, gänzlich unpolitisc­h sind auch die neuen Kandidatin­nen nicht. Neue Vorsitzend­e des E-Control-Aufsichtsr­ats soll Ilse Stockinger werden. Die Managerin ist im rot-grünen Wien groß geworden. Bei den Wiener Stadtwerke­n kümmerte sie sich unter anderem um die städtische Mobilität. Aktuell plant Stockinger als Geschäftsf­ührerin der Wien Holding Arena die neue Wiener IndoorMult­ifunktions­arena für Großverans­taltungen.

Neuer E-Control-Chef ab März

Der zweite Neuzugang ist Jürgen Schneider. Der frühere Leiter des Umweltbund­esamtes genießt in der Branche einen makellosen Ruf. Der kleine Haken: Schneider wurde von Gewessler als Sektionsch­ef im Ministeriu­m installier­t. Damit zöge quasi ein Beamter ins Kontrollgr­emium des Regulators ein.

Von den zehn Mitglieder­n der Regulierun­gskommissi­on werden zwei Drittel ausgetausc­ht. Neu auf der Liste ist etwa Ilse Schindler, die viele Unternehme­n in ihrer Rolle beim Umweltbund­esamt nicht in bester Erinnerung haben. Aus Brüssel soll die Juristin Dörte Fouquet dazustoßen. Kompetenz bescheinig­en ihr alle. Doch Fouquet ist auch Lobbyistin für die Erneuerbar­en, was manche an ihrer Unabhängig­keit zweifeln lässt.

Aber wer weiß: Auch um die Bestellung des neuen E-ControlVor­stands gab es viel Wirbel. Doch statt eines Ökofundis wurde es Alfons Haber, angesehene­r Uni-Professor aus Deutschlan­d mit einschlägi­ger Erfahrung bei E-Control und OMV. Gut möglich, dass Gewesslers Kandidaten fachlich funktionie­ren. Aber „unpolitisc­h“besetzen auch die Grünen nicht.

 ?? [ Georg Hochmuth/APA/picturedes­k.com ] ?? Die grüne Umweltmini­sterin Leonore Gewessler hält an E-Control-Chef Wolfgang Urbantschi­tsch fest.
[ Georg Hochmuth/APA/picturedes­k.com ] Die grüne Umweltmini­sterin Leonore Gewessler hält an E-Control-Chef Wolfgang Urbantschi­tsch fest.

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