Wie die E-Control grün eingefärbt wird
Posten. Leonore Gewessler lässt in den Gremien des Energie-Regulators keinen Stein auf dem anderen. Auch die Vorsitzende des Aufsichtsrats, Edith Hlawati, muss gehen. Es kommt eine Mischung aus Experten und Lobbyisten mit (rot-)grünem Touch.
Wien. Für Andreas Eigenbauer ist das Kapitel E-Control bald vorbei. Am Montag wird er ein letztes Mal mit seinem Ko-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch Bilanz über fünf Jahre an der Spitze der Energie-Regulierungsbehörde ziehen. Für eine weitere Amtszeit reichte es der grünen Umweltministerin Leonore Gewessler nicht. Dass der bürgerliche Jurist Urbantschitsch bleiben darf, feierte der türkise Koalitionspartner im Herbst als Erfolg. Doch die Freude währte nur kurz. Denn hinter den Kulissen feilten die Grünen an ihrem Coup: In der mächtigen Regulierungskommission und im E-Control-Aufsichtsrat steht ein politischer Kahlschlag bevor.
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, sind diese beiden Gremien die heimlichen Machtzentralen in der E-Control. Die Kommission entscheidet, wie hoch die Gebühren für die Strom- und Gasnetze sind, sie schlichtet Streitfälle zwischen Kunden und Konzernen und erlässt Verordnungen. Der Aufsichtsrat kontrolliert indes, dass beim weisungsfreien Regulator wirtschaftlich alles korrekt abläuft. Keine unwichtigen Aufgaben. Umso erstaunlicher ist es, dass die Gremien de facto „handlungsunfähig“sind, wie der SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll moniert. Ende Februar liefen die Funktionsperioden etlicher Kommissionsmitglieder ab. Im Aufsichtsrat ist es am 14. März so weit. Und die Betroffenen wissen bis heute nicht, ob sie weitermachen dürfen oder nicht. Im Aufsichtsrat trifft das die Vorsitzende, die Wirtschaftsanwältin Edith Hlawati, den Ex-Flughafen-Vorstand Christian Domany und Dorothea Herzele von der Arbeiterkammer. „Mit uns spricht niemand“, beteuert Herzele. „Und langsam wird die Zeit knapp.“
„Wir besetzen nicht politisch“
Ungewöhnlich? In der Personalpolitik von Leonore Gewessler nicht unbedingt. So musste ja auch Andreas Matthä bis zur letzten Sekunde zappeln, bevor er dann doch als ÖBB-Chef verlängert wurde.
Das Ministerium verspricht jedenfalls eine zeitnahe Entscheidung.
Das Kuriose dabei: Es ist ja nicht so, dass die Ministerin keinen Plan hätte. Die grüne Liste ist fertig. Und siehe da – nur eine Person im Aufsichtsrat darf aufatmen: Die Arbeiterkammer-Expertin Dorothea Herzele soll auch unter den Grünen weiter im Kontrollgremium sitzen. Für den anderen Sozialpartner, den früheren Wirtschaftskammer-Spitzenfunktionär Christian Domany, gilt das nicht. Und auch auf die Dienste von Edith Hlawati verzichtet Gewessler. Das verwundert viele Beobachter. Zwar wurde die Gesellschaftsrechtsexpertin bisher meist von ÖVP-Ministern in die Aufsichtsräte von Staatsunternehmen geholt, doch ihre fachliche Exzellenz und Unabhängigkeit wurde bisher nie angezweifelt. So oder so: Beim türkisen Koalitionspartner rumort es.
„Wir besetzen nicht politisch. Das irritiert offenbar“, heißt es hinter vorgehaltener Hand im grünen Ministerium. Wobei, gänzlich unpolitisch sind auch die neuen Kandidatinnen nicht. Neue Vorsitzende des E-Control-Aufsichtsrats soll Ilse Stockinger werden. Die Managerin ist im rot-grünen Wien groß geworden. Bei den Wiener Stadtwerken kümmerte sie sich unter anderem um die städtische Mobilität. Aktuell plant Stockinger als Geschäftsführerin der Wien Holding Arena die neue Wiener IndoorMultifunktionsarena für Großveranstaltungen.
Neuer E-Control-Chef ab März
Der zweite Neuzugang ist Jürgen Schneider. Der frühere Leiter des Umweltbundesamtes genießt in der Branche einen makellosen Ruf. Der kleine Haken: Schneider wurde von Gewessler als Sektionschef im Ministerium installiert. Damit zöge quasi ein Beamter ins Kontrollgremium des Regulators ein.
Von den zehn Mitgliedern der Regulierungskommission werden zwei Drittel ausgetauscht. Neu auf der Liste ist etwa Ilse Schindler, die viele Unternehmen in ihrer Rolle beim Umweltbundesamt nicht in bester Erinnerung haben. Aus Brüssel soll die Juristin Dörte Fouquet dazustoßen. Kompetenz bescheinigen ihr alle. Doch Fouquet ist auch Lobbyistin für die Erneuerbaren, was manche an ihrer Unabhängigkeit zweifeln lässt.
Aber wer weiß: Auch um die Bestellung des neuen E-ControlVorstands gab es viel Wirbel. Doch statt eines Ökofundis wurde es Alfons Haber, angesehener Uni-Professor aus Deutschland mit einschlägiger Erfahrung bei E-Control und OMV. Gut möglich, dass Gewesslers Kandidaten fachlich funktionieren. Aber „unpolitisch“besetzen auch die Grünen nicht.