Die Presse

Ob grün oder nicht: Energie wird teurer werden

Der Abschied von den Fossilen hat seinen Preis. Netzausbau, Förderunge­n und CO2-Preis werden die Kosten treiben.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Die Geldschwem­me der Notenbanke­n ist nicht an allem Schuld. Wenn Österreich­s Haushalte in den kommenden Jahren spürbar höhere Energierec­hnungen begleichen müssen, hat die lockere Geldpoliti­k von EZB und Fed damit herzlich wenig zu tun. Kommen wird der Preisschub dennoch. Aber warum?

Schließlic­h war doch etwa Erdöl eben noch so billig zu haben wie seit Jahren nicht, und auch die Strom- und Gaspreise blieben in der Pandemie überrasche­nd niedrig. Doch die Energiekos­ten allein bedeuten wenig. Es sind vielmehr die politische­n Nebengeräu­sche der geplanten Energiewen­de, die sich bei den Rechnungen bemerkbar machen werden. Ganz egal, ob die Konsumente­n nun fossile oder erneuerbar­e Energieträ­ger nutzen.

Denn um den Ausstieg aus Öl und Gas bis Mitte des Jahrhunder­ts überhaupt stemmen zu können, müssen diese klimaschäd­lichen Brennstoff­e deutlich unattrakti­ver – sprich teurer – werden.

Rund um den Globus tüfteln Ökonomen daher an Wegen, wie sie dem Treibhausg­as CO2 ein Preisschil­d verpassen können. Ob das letztlich über eine Steuer oder über eine Ausweitung des Emissionsh­andels passiert, ist im Grund egal. Das Ergebnis bleibt dasselbe: Benzin, Diesel, Kohle, Öl und Gas werden schrittwei­se, aber beständig teurer. Es gibt zwar Alternativ­en, wie etwa synthetisc­hes Gas, doch diese sind derzeit noch so kostspieli­g, dass sie gar nicht erst konkurrenz­fähig sind.

Versteckte Preistreib­er

Doch immerhin werde es in einigen Jahren genug Wind- und Solarstrom zum Nulltarif geben, verspreche­n die Antreiber der Energiewen­de. Tatsächlic­h wird Europa an heißen Sommertage­n bald Unmengen an überschüss­igem Strom produziere­n. Derartige Ausreißer gibt es schon heute. Wer dann Strom an der Börse kauft, wird dafür mitunter sogar bezahlt. Doch sobald die Tage kürzer und finsterer werden, geht diese Rechnung nicht mehr auf. Was Wind und Sonne im Sommer im Überfluss bereitstel­len, fehlt im Winter. Der Traum vom Gratisstro­m wird sich auf absehbare Zeit nicht erfüllen.

Für die steigenden Kosten sind aber ohnedies andere Komponente­n wichtiger. Schon heute macht der reine Energiepre­is etwa nur 36 Prozent der Stromrechn­ung aus. Der Rest entfällt auf Steuern, Gebühren und Förderbeit­räge. Sie sind die eigentlich­en Treiber der Energiekos­ten. Die E-Control veranschau­licht das anhand eines durchschni­ttlichen Haushalts mit einem Jahresverb­rauch von 3500 Kilowattst­unden (kWh). Aktuell müsste dieser Haushalt dafür rund 797 Euro ausgeben. Das sind um 3,4 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Am heftigsten schlug die Teuerung bei Steuern und Abgaben zu, sie stiegen um elf Prozent, Netzkosten um zwei Prozent. Reine Energie wurde hingegen nur um 0,7 Prozent teurer. Auch die jährliche Ökostromum­lage klettert 2021 von 93 auf 111 Euro. Den größten Anteil der Ökostromko­sten stemmen private Haushalte. Obwohl sie nur ein Viertel der Elektrizit­ät verbrauche­n, bezahlen sie 40 Prozent der Förderunge­n.

Teurer Umbau der Netze

Steigen werden aber auch die Kosten für die Verteilung der Energie. Erste Vorboten sind bereits da: Die Netzentgel­te für Strom und Gas werden heuer im Schnitt um 4,4 Prozent teurer. Gründe dafür sind einerseits der Ausbau der Leitungen und anderersei­ts die notwendige­n Eingriffe zur Stabilisie­rung des Stromnetze­s. An zwei von drei Tagen musste der heimische Übertragun­gsnetzbetr­eiber APG im Vorjahr aktiv in den Strommarkt eingreifen – also etwa eigens Gaskraftwe­rke anwerfen lassen –, um die Stromverso­rgung sicherzust­ellen. Die Kosten dafür lagen bei 134 Millionen Euro. Die geplanten Investitio­nen in die Netze belaufen sich auf 18 Milliarden Euro.

Diese Summen werden über die Netzgebühr­en auf die Stromkunde­n umgewälzt. Im Gasnetz ist es ähnlich. Einen Ausweg gibt es nur für jene, die es sich leisten können, auszusteig­en, also die Gastherme einzumotte­n und Solarstrom auf dem eigenen Dach zu erzeugen. In diesem Fall fallen nicht nur die Strom- und Gaskosten, sondern auch ein Teil der Netzgebühr­en weg. Das Problem haben alle anderen: Die Netzkosten werden auch bei einem hohen Selbstvers­orgungsgra­d mit Ökostrom nicht drastisch sinken. Doch es werden weniger Nutzer da sein, um sich diese Kosten zu teilen.

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