Strigl: Angewandte Faulheit.
Die Überraschung im eigenen Kopf: Bücher haben die Gabe, stets von Neuem zu entzücken.
Den Beginn der Arbeit gleich im Geiste aufschieben: über die Faulheit als Lust und Last(er). Von Daniela Strigl.
Vor allem viel Papier. Viereckig geschnitten und zahlreich geheftet. Mit Klebstoff oder mit Stofffäden, die zusammenhalten, was an die Luft oder ans Licht will (oder beides) und von dort über die strapazierten Augen ins Hirn oder ins Herz oder in beides.
Um Bücher zu halten, braucht es Hände, denn das Ding zu halten ist, wenn man seinem Auftrag entgegenkommen will, nicht ganz einfach. Im Gegenteil: Es braucht beide Hände, die als Paar die unterschiedlichen Aufgaben gemeinsam lösen. Auch wenn das Buch auf den Oberschenkeln liegt, müssen die Hände es gegen die Spannung der festen Bindung offenhalten, wobei die Rechte noch die Aufgabe hat, in Abständen umzublättern.
Die Augen, die dann je nachdem von Zeile zu Zeile eilen oder verweilen, schieben danach das wahr oder unwahr Genommene nach hinten ins wache Hirn. Dort herrscht dann sekundenlang ein herrliches Durcheinander. Die Wörter, denen ihr Eigensinn nur teilweise gelassen wird, müssen sich mit den nachbarlichen arrangieren, und zwar so, dass etwas Drittes daraus wird, das sich der Textbastler entweder vor Kurzem vorgenommen hatte oder das ihn selbst überrascht! Denn bisweilen wird aus dem Wortarrangement etwas, von dem selbst der planende Schreiber höchstens eine Ahnung hatte.
Der Zauber der Worte
Natürlich hält er sich dabei in der Regel an die Regeln, die den benachbarten Wörtern ihren Sinn oder wunderlichen Unsinn überlassen, wobei Letzterer, gewollt oder nicht gewollt, den Zauber aufscheinen lassen kann, der den Leser und die Leserin entzündet oder entzückt. Sei es, dass er oder sie rasch wahrnimmt, was der Autor oder die Autorin zeigen wollte oder was sie und er zur eigenen Überraschung im eigenen Kopf finden.
Denn wer liest, hat es ja immer wieder mit einem Text zu tun, der von ihm oder ihr gar nichts wusste und der doch wie ausgerechnet für sie selber geschrieben scheint. Lesen heißt immer wieder, einander mit offenen Augen begegnen und eine unerwartet beidseitige Zuneigung empfinden. Und eben das war die Absicht gewesen, des Autors und der Autorin ebenso wie der Lesenden, die darauf sogar gewartet haben.
So weit, so gut. Und dann geht’s los . . .