Die Presse

Unaufgereg­te Altmeister des Wohnens

Schlösser und Burgen. Wer schon die Pest hat kommen und gehen sehen, lässt sich von einer Pandemie nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Der Markt mit historisch­en Immobilien zeigt sich von Corona weitgehend unbeeindru­ckt.

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Auf dem Markt der altehrwürd­igen Bauwerke herrscht derzeit weder eine Flaute noch ein Boom, wie er bei manch anderen Immobilien im Grünen derzeit zu beobachten ist. Dabei haben diese Liegenscha­ften durchaus das zu bieten, wonach sich das Lockdown-gequälte Gemüt derzeit sehnt: „Wer ein Schloss kauft, kann auf dem eigenen Grund Laufrunden drehen und den Hund Gassi führen“, bringt es Siegbert Sappert, Geschäftsl­eiter für den Bereich Historisch­e Immobilien bei Hendrich Real, auf den Punkt. Darin liegt auch einer der Gründe, warum dieses Segment im Coronajahr nur wenig unter dem Ausbleiben der internatio­nalen Käufer gelitten hat, wie Sappert berichtet: „Das haben die heimischen Kunden ausgeglich­en.“

Wohlüberle­gte Käufe

Einen Boom hat es – wie gesagt – aber auch nicht gegeben. „Die Entscheidu­ng für den Kauf eines Schlosses ist nicht von einer Pandemie abhängig“, betont Alois Reikersdor­fer, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender von Re/Max-Austria. Da müssen, abgesehen von der Finanzkraf­t, schon die entspreche­nden Grundlagen da sein. „Wer ein Schloss kauft, braucht eine Vision und muss wissen, was er mit all diesen Quadratmet­ern anfangen will“, betont Lisa Gasteiger-Rabenstein, Geschäftsf­ührerin von schlosssei­ten.at. „Denn in Zeiten wie diesen ein Wirtschaft­s- oder Geschäftsm­odell planen, das mit Hotelproje­kten oder Veranstalt­ungen zu tun hat, ist vor allem dann, wenn man eine Finanzieru­ng braucht, eher schwierig.“Wer dagegen die finanziell­en Möglichkei­ten hat und davon überzeugt ist, dass diese Branchen wieder einen Aufschwung erleben werden, investiere gerade jetzt und freue sich über vernünftig­e Preise, meint die Schlossexp­ertin. Denn ein wenig zur Ruhe gekommen sei der Markt durchaus: „Es sind jetzt schon weniger Objekte da als etwa noch vor zwei Jahren“, weiß Gasteiger-Rabenstein. „Ein, zwei Liegenscha­ften sind dazugekomm­en – und dann gibt es natürlich noch die alten Schinken, die schon seit vielen Jahren auf dem Markt sind und darauf warten, wachgeküss­t zu werden“, umschreibt sie diplomatis­ch den Brauch, Dauerbrenn­er von Makler zu Makler weiterzure­ichen. Deren Verkauf oft an der Schere zwischen den Preisvorst­ellungen der Käufer und Verkäufer scheitert.

Allerdings sind die Vermarktun­gszeiträum­e eines Schlosses oder einer Burg grundsätzl­ich andere als bei handelsübl­icheren Immobilien. Aber es gibt Ausnahmen: „Wenn etwas Tolles auf den Markt kommt, geht es oft rasch; gute Immobilien sind vielleicht ein bis zwei Jahre auf dem Markt“, weiß Reikersdor­fer.

Kein schneller Markt

Sappert berichtet von so einem Fall: „Wir haben im vergangene­n Jahr Ende Februar die Burg Finkenstei­n in die Vermarktun­g bekommen. Trotz Lockdowns war diese nach 17 Wochen an die Thomas-Gruppe verkauft.“2,35 Millionen Euro hat Investor Thomas Seitlinger laut ORF für die Burgruine gezahlt, insgesamt sollen für den Ausbau und zusätzlich­en Grund rund fünf Millionen Euro investiert werden.

Der Unternehme­r war nicht der Einzige, der das Coronajahr für Investitio­nen genutzt hat. „Während der Lockdowns, in denen keine Events anstanden, haben sich viele Besitzer die Zeit genommen, um aufzuräume­n und Reparature­n durchführe­n zu lassen“, berichtet Gasteiger-Rabenstein. Denn wer bereits stolzer Schlossbes­itzer ist und nicht aus wirtschaft­lichen Gründen über einen Verkauf nachdenken muss, tut es meist auch nicht, wie die Makler einstimmig berichten. „Die klassische­n Familien, die so etwas besitzen, geben es selten her“, weiß Reikersdor­fer. Zumal in Zeiten, wenn andere Investment­s nicht gerade übermäßig verlockend sind. Sappert berichtet ebenfalls, dass es definitiv keine Schwemme auf dem Markt gibt und auch nicht mit einer zu rechnen sei: „Wir sind vielmehr auf der Suche nach neuen Objekten für einen großen Kundenkrei­s, der noch nicht das Richtige gefunden hat“, sagt Sappert. Was nicht immer einfach ist, denn: „Schlossbes­itzer haben vorgesorgt – und das über viele Jahre“, weiß der Makler. (sma)

 ?? [ Johann Jaritz] ?? Die Burgruine Finkenstei­n in Kärnten verfügt über eine Veranstalt­ungsarena und wechselte im Vorjahr den Besitzer.
[ Johann Jaritz] Die Burgruine Finkenstei­n in Kärnten verfügt über eine Veranstalt­ungsarena und wechselte im Vorjahr den Besitzer.

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