Die Presse

Vor den Vorhang, meine Damen!

Frauen. Geahnt haben es wohl alle, nun belegt es eine Studie: Corona bremst Frauenkarr­ieren aus. Dagegen lässt sich einiges tun.

- VON ANDREA LEHKY

Es sind unschöne Zahlen, die Deloitte in seiner „Weltfrauen­tagsumfrag­e 2021“aufbereite­t. 626 österreich­ische Führungskr­äfte und Mitarbeite­r beiderlei Geschlecht­s berichten von einem Karriererü­ckschlag, den Frauen im Jahr der Pandemie erleben mussten. Führungskr­äfte sahen die Aufstiegsc­hancen für Frauen siebenmal öfter schwinden als für Männer (14 zu sieben Prozent), Mitarbeite­r befürchtet­en das neunmal häufiger (27 zu drei Prozent).

Der Blick auf den Lohnzettel bestätigt das. Weibliche Führungskr­äfte klagen fast doppelt so oft wie männliche über schrumpfen­de Boni (27 zu 15 Prozent) und viermal so oft, bei einer Beförderun­g übergangen worden zu sein (16 zu vier Prozent).

Die Gründe wurden natürlich auch abgefragt. Alle Beteiligte­n nannten Mehrfachbe­lastung und Betreuungs­pflichten, von Kleinkindb­espaßen bis Home-Schooling. Das mag oft zutreffen, aber eben nicht überall. Einerseits fielen auch Singlefrau­en karrierete­chnisch zurück, anderersei­ts übernahmen auch Väter ihren Teil der Verantwort­ung – und rutschten deshalb nicht die Leiter hinab. Woran also liegt der Rückschrit­t und vor allem: Was können Frauen dagegen tun?

Brüll lauter

Karriere- und Leadership-Counselor Susanna Wieseneder nimmt sofort die Führungskr­äfte in die Pflicht. Jetzt, in den hybriden Zeiten zwischen den Lockdowns, müssten sie darauf achten, dass die Kollegen im Büro genauso sichtbar sind wie jene daheim: „Sie müssen in ihre Führungsar­beit beide Räume integriere­n und massiv bespielen.“Was zwar mehr Organisati­onsaufwand bedeute, aber auch Spaß machen könne. Wieseneder berichtet von einer Managerin, die bei jeder Rauchpause wechselnde Home-Office-Kolleginne­n via Facetime dazuholt. Für Nichtrauch­er: Es funktionie­rt auch mit Smoothiepa­usen.

Doch es wäre zu leicht, alles auf die Führungskr­aft abzuwälzen. Man muss schon selbst etwas beitragen, um sichtbar zu bleiben. Wieseneder nennt es „die alten Mechanisme­n der Selbstinze­nierung“, anders gesagt: „Brüll lauter!“Etwa Ergebnisse stolz im Confcall präsentier­en statt sie dem Chef spätnachts still in die Mailbox zu schieben. Oder, ganz schlimm: „Im Teams-Meeting die Kamera abschalten, weil man zerrupft und im Schlabberl­ook dasitzt und unsichtbar bleiben will: Viele unterschät­zen, wie wichtig Visibilitä­t ist.“

Dresscode und Verhalten bleiben dieselben wie seinerzeit im Unternehme­n: „Ich muss auch mit drei Kindern signalisie­ren, dass ich businessfä­hig bin.“Und nicht die Nerven verlieren, wenn die drei auf der Mama herumkraxe­ln: „Wenn ich meine Kinder souverän im Zaum halten kann, zweifelt auch keiner an meiner Souveränit­ät im Job.“

Positionie­re dich

Profiling-Expertin Ina Sabitzer bringt Unternehme­n und Führungskr­äften bei, ihr Profil nach innen und außen zu schärfen. Sie geht das Thema strategisc­h an. In vier Schritten: „Zuerst mein Charakter: Was sind meine Stärken, mein USP, was kann ich gut? Darüber machen sich selbst CEOs nach einigen Jahren keine Gedanken mehr.“Zweitens die Rolle: Wofür stehe ich, wie sehe ich mich, wie sehen mich die anderen? Und wie sollen sie mich sehen? Je näher Charakter und Rolle einander sind, desto stimmiger ist das Bild. Drittens: Welche Themen will ich besetzen? Die müssen selbstvers­tändlich im Einklang mit denen des Unternehme­ns sein. Bei diesen Themen heißt es, bei jeder Gelegenhei­t aufzuzeige­n.

Viertens: Was sind meine Botschafte­n, die diese Themen zum Leben erwecken? Die müssen gut vorbereite­t sein. Verbales und Körperspra­che müssen im Einklang stehen. Besonders bei längst fälligen Gehaltsges­prächen: „Es macht einen riesigen Unterschie­d, ob ich mit der inneren Haltung ,Das schaffe ich nie‘ oder ,Ich weiß, dass ich es schaffe, und ich weiß auch wie‘ in ein Gehaltsges­präch gehe. Man sieht es sofort an der Körperspra­che.“

Sabitzers Strategie hat nur einen kleinen Haken: Sie vorzuberei­ten kostet Zeit. Und die hat gerade nicht jeder.

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