„Ich kann auch wertschätzend kontrollieren“
Studie. Der jüngste „Hernstein Management Report“zeigt: Beim Thema Vertrauen sind Theorie und Praxis alles andere als deckungsgleich.
Es klingt mittlerweile vertraut, wenn Führungskräfte von Vertrauen und Vertrauenskultur sprechen. Wie es um Macht, Autorität und Kontrolle tatsächlich steht, zeigt der jüngste „Hernstein Management Report“, für den die Marktforscher von Triple M rund 1500 Führungskräfte und Unternehmer befragten: Ein knappes Viertel ist voll und ganz der Meinung, dass regelmäßige Kontrolle der Mitarbeitenden notwendig ist, weitere 53 Prozent befürworten das eher.
„Ich persönlich finde regelmäßige Kontrolle übertrieben“, sagt Michaela Kreitmayer, Leiterin des Hernstein-Instituts. Führungskräften empfehle sie, Grundvertrauen zu den einzelnen Mitarbeitenden aufzubauen und stichprobenartig zu kontrollieren. „Vertrauen und Kontrolle schließen einander nicht aus. Und Kontrolle ist prinzipiell auch nichts Schlechtes – sie gehört zum Führungsjob dazu, ob man will oder nicht.“Die Frage sei eher, wie kontrolliert werde. Und sie legt ihre Sicht nach: „Ich kann auch wertschätzend kontrollieren. Miteinander ins Gespräch kommen, Prozesse und Ergebnisse hinterfragen ist und bleibt eine wichtige Führungsaufgabe – und ja, man kann das auch Kontrolle nennen.“
Angst vor Kontrollverlust
Warum Führungskräften in den oberen Ebenen Kontrolle wichtiger ist als Führungskräften im unteren Management, erklärt Kreitmayer so: „Je enger man zusammenarbeitet, desto mehr arbeitet man von Hand zu Hand und desto leichter klappt es mit dem Vertrauen.“Für viele Führungskräfte sei schon der Schritt ins Home-Office nicht einfach gewesen, weil die räumliche Nähe mit einem Schlag wegfiel. „Diese Veränderung stellte die Vertrauenskultur in Team und Unternehmen auf die Probe. Je weiter man vom Tagesgeschäft weg ist, je schwerer man sich in manche Prozesse hineindenken kann und je weniger transparent Vorgänge sind, desto schwieriger kann es mit dem Vertrauen werden.“
Neben dem Vertrauen wurde zu einem weiteren Schlagwort gefragt: Fehlerkultur. 94 Prozent der
Führungskräfte geben an, dass sie einen offenen Umgang mit Fehlern voll und ganz (59 Prozent) und eher (35 Prozent) fördern. Sie ermöglichen Mitarbeitenden, Fehler selbst auszubessern, wägen im Fall von Fehlleistungen zuerst ab und reagieren nicht spontan. Auf der anderen Seite sind zehn Prozent voll und ganz der Meinung, dass Fehlleistungen rasche Sanktionen erfordern, 28 Prozent eher.
Eine Diskrepanz zwischen Kontrollverlangen und Fehlerkultur will Kreitmayer nicht sehen: Es sei wichtig, Fehler aufzudecken – Kontrolle ist eine Möglichkeit, um dies zu tun. „Das Wichtigste ist folglich, wie mit diesen Fehlern umgegangen wird.“Nicht immer würden Fehler gleich zu einem Schaden führen und sich die Chance bieten, es beim nächsten Mal besser zu machen. „Fahrlässig wäre es, zu kontrollieren, Fehler zu entdecken und keine Konsequenzen zu ziehen. Mit Konsequenzen meine ich, dass Prozesse angeschaut und adaptiert werden.“
Der Report untersuchte auch das Thema Kooperation zwischen Führungskräften. 42 Prozent stimmen der Aussage voll und ganz (48 Prozent eher) zu, dass Vernetzung zwischen den Führungskräften im Unternehmen wichtig sei.
Das geht euch nichts an!
Dem gegenüber vertreten 17 Prozent voll und ganz (45 Prozent eher) die Ansicht, dass es gut sei, wenn die anderen Abteilungen nicht alles über den eigenen Bereich wüssten. Oder anders gesagt: 90 Prozent begrüßen innerbetriebliche Vernetzung, fast zwei Drittel aber lehnen innerbetriebliche Transparenz ab. „Das finde ich ehrlich gesagt bedenklich und kann es auch nicht wirklich erklären“, sagt Kreitmayer. Ein möglicher Hintergrund: Der Wunsch nach klarer Abgrenzung ist im Personalbereich am stärksten ausgeprägt. 26 Prozent meinen, es sei gut, wenn andere Abteilungen nicht vollends über die eigenen Aktivitäten Bescheid wüssten. „Möglicherweise spielen hier besondere Vertraulichkeitserfordernisse im HR-Management eine Rolle“, sagt Kreitmayer.
Was Macht tatsächlich heißt
Und wie erleben Führungskräfte Autorität und Macht? Mit Autorität verbinden sie Durchsetzungsvermögen (19 Prozent), Mitarbeiterorientierung/Offenheit sowie Respekt/Anerkennung (je 15 Prozent), Ausstrahlung (14 Prozent) und Klarheit sowie Erfahrung/ Kompetenz/Wissen (je zwölf Prozent). Macht verbinden sie mit Entscheiden (24 Prozent), Anweisungen/Vorschriften (16 Prozent), aber auch mit Missbrauch/Ungerechtigkeit (elf Prozent), Mitarbeiterorientierung sowie Verantwortung (je sieben Prozent).
Für zehn Prozent hat Führung nichts mit Macht zu tun. (mhk)