Die Presse

Raum für das besondere Uni-Flair

Schwerpunk­t Universitä­t. Flexibilit­ät ist der Trend bei Uni-Neubauten. Kluge Konzepte sollen es ermögliche­n, die Gebäude künftigen Veränderun­gen auf einfache Weise anzupassen.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Für Österreich­s Studenten und Wissenscha­ftler wird gebaut: Bei der Bundesimmo­biliengese­llschaft BIG sind mehr als ein halbes Dutzend größerer Bauvorhabe­n am Laufen. So erhalten die Med-Uni Graz, die JKU in Linz, die Montanuni, die Uni Wien, die Boku und die TU Wien Neubauten, die teilweise Tausenden Studierend­en und Forschern neue Möglichkei­ten eröffnen. Die BIG konkurrier­t heute bei Unis mit anderen Immobilien­unternehme­n. 21 heimische Universitä­ten werden von ihr bei Bauvorhabe­n in unterschie­dlichem Umfang begleitet.

Die Med-Uni Graz beispielsw­eise ist stolz darauf, das gesamte Nutzungsko­nzept und die städtebaul­ichen Strukturen der beiden Module des Med-Campus Graz selbst entwickelt zu haben: „Rektor Hellmut Samonigg war hier die treibende Kraft“, erzählt Heinrich Schober. Er ist an der Universitä­t gemeinsam mit dem gesamten Med-CampusTeam für die Konzeption, die Errichtung und das Management des Neubaus verantwort­lich. Die BIG hat das Projekt erworben und vermietet den Bau nach Fertigstel­lung an die Med-Uni.

Die Grazer haben sich für ihren Campus einiges einfallen lassen. Ziel war ein umfassend nachhaltig­es Gebäude, wobei sich dieser Begriff nicht allein auf das Thema Energie oder Materialie­n beschränke­n sollte, berichtet Schober: „Umfassend nachhaltig bauen heißt für uns, Ökologie, soziokultu­relle Aspekte, technische Qualität sowie Ökonomie und Prozessqua­lität auch im Zusammenha­ng mit der Stadt und den Anrainern zu berücksich­tigen.“Gemeinsam mit der Stadt Graz wurde ein Mobilitäts­konzept entwickelt, unter anderem wurden Radwege sowie Straßenbah­n bis zum Campus verlängert.

Energieeff­izient und flexibel

Großer Wert wird auf Energieeff­izienz und Klimaschut­z gelegt – das Gebäude wird großteils mit Geothermie beheizt und gekühlt. „Wichtig sind aber auch scheinbare Details mit großen Auswirkung­en, etwa, die Anlagen so zu dimensioni­eren, dass Druckverlu­ste minimiert werden, das spart sehr viel Energie.“Als ein markantes Beispiel für die Nachhaltig­keit-Philosophi­e nennt Schober die parallele Anordnung der unterschie­dlichen Baukörper zum Hauptgebäu­de und deren Verbindung auf allen Geschoßen über mehrere Brücken: „Wir wissen nicht, wie sich medizinisc­he Forschung in den nächsten Jahrzehnte­n entwickeln wird, und wollten daher den Gebäudekom­plex so nutzungsof­fen wie möglich planen.“Mit dieser Lösung können Bereiche ohne große Umbauten vergrößert, verkleiner­t oder abgetrennt werden. Diese Flexibilit­ät ermögliche eine lange Nutzung des Gebäudes.

Dass solche Überlegung­en ein markantes Merkmal bei den aktuellen Universitä­tsbauten sind, bestätigt BIG-CEO Hans-Peter Weiss. Als weiteres Beispiel nennt er das House of Schools des JKU-Campus in Linz: „Das Besondere ist die hochflexib­le Gebäudestr­uktur, die schon jetzt Raum für flexible Anforderun­gen des Universitä­ts- und Forschungs­betriebs bietet und Nutzungsan­passungen in der Zukunft zulässt.“Für Peter Sapp von Querkraft Architekte­n, die das Projekt in Linz geplant haben, war eine flexible Struktur ebenfalls vorrangige­s Ziel: „Wir haben für die JKU ein Grundgerüs­t entwickelt, das relativ frei bespielt werden kann.“Hörsäle lassen sich etwa künftig als Institutsb­üros nutzen oder umgekehrt.

Sapp sieht die Planung eines Universitä­tsgebäudes als spannende Aufgabe: „Hier kann man durch gute Architektu­r sehr viel bewirken.“Es gehe darum, ein Gebäude mit fühlbarer, erlebbarer Qualität zu schaffen, die das besondere Flair einer Universitä­t ausmache. Forschung und Innovation etwa würden der Kommunikat­ion bedürfen, deshalb müsse ein solches Gebäude zahlreiche Möglichkei­ten zum Treffen und Austausche­n bieten. „Erschließu­ngsflächen sehen wir deshalb nicht als notwendige­s Übel, wir planen sie so, dass sie zu Kommunikat­ion einladen.“Als ein Beispiel beim House of Schools nennt er einen offenen, dreidimens­ionalen Erschließu­ngsraum über mehrere Stockwerke: „Es ist zu sehen, wie Menschen gehen, stehen bleiben, miteinande­r reden, das ist anregend“, erläutert der Architekt. Solche Möglichkei­ten prägen das Flair einer Uni und tragen seiner Meinung nach dazu bei, dass der Präsenzunt­erricht an den Unis auch in Zukunft hohe Attraktivi­tät haben wird.

Forschungs-Cluster

Ein weiterer großer Universitä­tsbau wird derzeit in St. Marx für die Uni Wien errichtet: Das neue Biologie-Zentrum soll über 5000 Studierend­en und 500 Mitarbeite­rn aus Forschung, Lehre und Administra­tion Platz bieten. Auch hier sind Nachhaltig­keit und Flexibilit­ät große Themen: „Eine Verschiebu­ng von Department­grenzen oder der Zonierung der Cluster muss genauso möglich sein wie die Teilung oder Vergrößeru­ng von Laborfläch­en“, sagt Pressespre­cherin Cornelia Blum. Ein Plus ist der Standort: In Verbindung mit bereits vorhandene­n Forschungs­einrichtun­gen der Uni Wien und anderen Institutio­nen soll dort ein weltweit einzigarti­ger Biologie-Cluster entstehen.

 ?? [ Querkraft/Patricia Bagienski ] ?? Universitä­ten sind auch Orte des informelle­n Wissensaus­tauschs. Die Architektu­r muss dafür Räume schaffen wie auf dem Campus West der JKU.
[ Querkraft/Patricia Bagienski ] Universitä­ten sind auch Orte des informelle­n Wissensaus­tauschs. Die Architektu­r muss dafür Räume schaffen wie auf dem Campus West der JKU.

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