„Der Minister hat wenig Ahnung von Schulorganisation“
Gewerkschaft. Die Lehrer üben wieder Kritik am Bildungsminister. Die Abschlussklassen müssen nicht in allen Fächern vor Ort unterrichtet werden.
Wien. Die Fronten zwischen Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und der Lehrergewerkschaft sind verhärtet. Auslöser dafür war die Ankündigung des Ministers, die Abschlussklassen trotz Lockdowns im Osten in die Schule zu holen, und zwar schon ab Montag. Seither wird über die Umsetzbarkeit der spontanen Vorgabe diskutiert.
Die Lehrergewerkschaft hält das für eine „absolut unlösbare Aufgabe“. Immerhin müssten Lehrer an einem Vormittag ihre Klassen abwechselnd in der Schule und im Distance Learning unterrichten. Das sei schwierig. Oft würden in der Schule die technischen Möglichkeiten fehlen. Neben Präsenz- und Fernunterricht müssen sich die Lehrer auch um die Schüler in der Betreuung kümmern. All das sei nicht zu schaffen.
Der Minister sieht das anders: „Hier ist Flexibilität angesagt.“Der Stundenplan müsse nicht starr eingehalten werden. Direktoren könnten, um für mehr Praktikabilität zu sorgen, Stunden umschichten. Sie seien „Profis bei der Organisation des Schulbetriebs“. Dementsprechend sei das schnell umsetzbar. „Da richtet man Mails an die verantwortlichen Lehrer und sagt: ,Wir machen das am Montag so‘“, sagte er im Interview mit der „Presse“. Diese Aussage erzürnt die Gewerkschaft. „Der Minister hat recht, die Schulleiter sind Profis bei der Schulorganisation“, sagt Lehrervertreter Paul Kimberger zur „Presse“, deshalb wüssten sie auch, „dass das nicht einfach mit einem Mail getan ist“. Nachsatz: „Der Minister hat wenig Ahnung von Schulorganisation.“Spontane Umplanungen seien schwierig.
Am Freitagnachmittag kam dann der Erlass des Ministeriums für das Vorgehen ab Montag. Er sieht bei der Rückholung der Abschlussklassen einen gewissen Spielraum für die Schulen vor. Der Präsenzunterricht könne „auch in Kleingruppen erfolgen bzw. in Organisationsformen, die vom regulären Stundenplan abweichen“.
Konzentrieren sollten sich die Schulen auf jene Unterrichtsgegenstände, „die für den positiven Abschluss bzw. Übertritt in eine weiterführende Schule besonders relevant sind“, andere Fächer seien „nicht zwingend im Präsenzbetrieb durchzuführen“.
Mehr Leistung gefordert
Auch für Schularbeiten sollen die Schüler während des Lockdowns in die Schule kommen dürfen. Allerdings gibt es in diesem Semester nur eine Schularbeit pro Fach. Es sei „nicht die Zeit, um besonders hart zu sein“, sagte Faßmann. Das sehen nicht alle so. Der coronabedingte Aufruf zu mehr Milde hat zu einer „Wiederbelebung“der vor zehn Jahren gegründete Bildungsplattform Leistung & Vielfalt geführt. Immer öfter würden Volksschullehrer unter Druck gesetzt, die Kinder ausschließlich mit Sehr gut zu beurteilen, um ihnen einen AHS-Platz zu sichern. „So kommen immer mehr Kinder in die AHS, die durch die Schulart überfordert sind“, beklagt Proponentin und Sprecherin der AHS-Direktoren, Isabella Zins.