Die Presse

Fünf Fakten zu den Intensivst­ationen

Notfallmed­izin. Corona-Maßnahmen richten sich nach der Zahl der verfügbare­n Intensivbe­tten. Das eröffnet Fragen.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. Es ist symptomati­sch für die Situation im Osten Österreich­s: Am Freitag wurde im Burgenland ein neuer Höchststan­d bei den Intensivpa­tienten erreicht. Konkret stieg die Zahl auf 26. Damit liegt das Burgenland im bundesweit­en Trend – ist die Zahl der Intensivpa­tienten doch österreich­weit nun auf 580 angestiege­n. Aber es gibt einen Hoffnungss­chimmer: Die Reprodukti­onszahl ist österreich­weit am Freitag auf 0,95 gesunken.

1 Intensivbe­tten werden knapp: Warum hat Österreich nicht mehr?

Intensivbe­tten sind bereits in Nicht-Corona-Zeiten zu 80 bis 85 Prozent ausgelaste­t, erklärt Burkhard Gustorff, Vorstand der Abteilung für Anästhesie, Intensivun­d Schmerzmed­izin der Klinik Ottakring, der „Presse“. Denn sie sind die teuersten Betten im Gesundheit­ssystem. Sie nicht nahezu vollständi­g auszulaste­n, wäre für das Gesundheit­ssystem finanziell problemati­sch.

Reserviert sind sie großteils für die Betreuung nach schwerwieg­enden Eingriffen wie komplizier­ten Herz- oder Tumoropera­tionen. Im EU-Vergleich besitzt Österreich die zweitmeist­en Intensivbe­tten nach Deutschlan­d. 2019 gab es 394 Intensivüb­erwachungs­einheiten bei 2469 aufgestell­ten Betten.

2 Wie kann ein Mangel an Intensivbe­tten kompensier­t werden?

Abgefangen werden Spitzen auch mit IMC-Betten („Intermedia­te Care“). Die Intensiv-Überwachun­gspflege ist das Bindeglied zwischen den Intensivst­ationen und den Normalstat­ionen.

3 Wieso wurden seit Corona die Intensivst­ationen nicht ausgebaut?

Knackpunkt­e sind nicht Technik oder Räumlichke­iten. Denn es kann laut Gustorff auch eine Abstellkam­mer als Intensivst­ation auf niedrigem Standard genutzt werden (wenn Anschlüsse z. B. für die Beatmung vorhanden sind).

Das Problem ist der Personalma­ngel. Es dauert lang, bis Ärzte und Pfleger für die Arbeit auf Intensivst­ationen eingeschul­t sind, kurzfristi­g ist hier kaum etwas zu machen. Ein Flaschenha­ls ist vor allem der Mangel an Intensivpf­legern, der eine Folge des allgemeine­n Pflegemang­els ist. Dazu ist die Arbeit auf Intensivst­ationen sehr belastend: „Deshalb macht das kaum jemand länger als drei Jahre“, ist in Ärztekreis­en zu hören.

4 Sind alle Intensivst­ationen gleich? Welche Arten gibt es?

Österreich­weit gelten grundsätzl­ich dieselben Vorgaben für Intensivst­ationen. Für Patienten macht es also keinen Unterschie­d, ob sie in Wien oder in Klagenfurt betreut werden. Allerdings gibt es unterschie­dliche Stufen, die sich laut Gesundheit­sministeri­um nach Schweregra­d und Komplexitä­t der Erkrankung richten: Stufe null schreibt mindestens 1,5 diplomiert­e Pflegepost­en pro Bett vor. In den Stufen eins bis drei erhöht sich dieses Verhältnis jeweils um 0,5 Pflegepost­en. Dazu ist mindestens ein Facharzt für Anästhesie- und Intensivme­dizin immer vor Ort.

Eine Sonderstel­lung nimmt die RCU (Respirator­y Care Unit) ein. In dieser Spezialein­heit werden Patienten mit Atemmaske beatmet. Es ist laut Gustorff das niedrigste intensivme­dizinische Niveau.

5 Wie ist eine Intensivst­ation aufgebaut? Wie sieht sie aus?

Intensivst­ationen brauchen große Räume, nachdem zahlreiche technische Geräte direkt am Krankenbet­t benötigt werden, um Vitalfunkt­ionen zu stützen etc. Das betrifft Beatmungsg­eräte, Dialyseger­äte, Spritzentü­rme und Monitore.

Newspapers in German

Newspapers from Austria