Handel will Vorreihung bei Impfung
Conona. Die Gewerkschaft ortet eine Überlastung von Supermarktangestellten und fordert, dass diese im Impfplan vorgereiht werden. Die WKO erhebt bereits die Impfbereitschaft im Handel.
Wien. Seit Beginn der Pandemie steht sie an vorderster Front: die Supermarktkassiererin. Vor einem Jahr noch wurden die Verkäuferinnen als unverzichtbare „Heldinnen des Alltags“beklatscht. Heute stoßen viele von ihnen aufgrund der Zusatzbelastung durch die Coronapandemie an ihre Belastungsgrenze. Das ergab eine Befragung der Gewerkschaft GPA unter mehr als 3000 Handelsangestellten. Vor allem die Beschäftigten im Lebensmittelhandel klagen über aggressive Kunden, Personalmangel und unbezahlte Mehrarbeit.
Um die Situation für die Handelsangestellten zu verbessern, fordert die Gewerkschaft ein „Entlastungspaket“. Neben der Aufstockung der ausgedünnten Personaldecke im Lebensmittelhandel plädiert GPA-Gewerkschafterin Anita Palkovich auch für eine vorrangige Versorgung der Handelsangestellten mit Corona-Schutzimpfungen.
Vorarlberg prescht vor
Diese Forderung trifft auch bei der Arbeitgeberseite auf fruchtbaren Boden. Die Wirtschaftskammer erhebt aktuell die Impfbereitschaft ihrer Mitglieder. Sofern ausreichende Impfstoffkapazitäten es zulassen, werde überlegt, ob „ausgewählte Zielgruppen als besondere Risikopersonen vorgereiht werden können“. So steht es in einem Brief der Vorarlberger Landeskammer an ihre Mitglieder. Konkret betreffe das „Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit ständigem Kundenkontakt“, heißt es in dem Schreiben weiter. Auch andere Landeskammern würden derzeit die Bereitschaft für eine vorgezogene Impfung abfragen, bestätigt eine Sprecherin der WKO.
Die in früheren Impfplänen ursprünglich als Teil der kritischen Infrastruktur angesehenen Supermarktangestellten rutschten in der späteren Impfstrategie zurück in die allgemeine Gruppe. Da ein Großteil der rund 110.000 im Lebensmittelhandel Beschäftigten tendenziell jünger ist, müssen diese – zumindest in den meisten Bundesländern – wohl noch länger auf ihren Termin warten.
Die Impfbereitschaft unter den Supermarktangestellten ist jedenfalls groß. Laut dem Betriebsratsvorsitzenden von Billa, Werner Hackl, wollen sich internen Erhebungen zufolge zwischen 70 und 80 Prozent der Belegschaft gegen Corona impfen lassen.
Supermärkten fehlt Personal
Zunächst müsse man aber den akuten Personalmangel in den Griff bekommen, geben die Gewerkschafter als dringendstes Ziel aus. Die hohe Zahl an Corona-Infektionen betreffe nämlich auch das Verkaufspersonal und führe mancherorts zu Engpässen bei den Beschäftigten. Die Händler suchen derzeit händeringend nach neuen Mitarbeitern, gerade in Zeiten von Corona ist das Image des Handels für Arbeitnehmer aber nicht besonders gut.
Aufgrund der Personalknappheit müssen die vorwiegend teilzeitbeschäftigten Verkäuferinnen oftmals in anderen Filialen einspringen. Die geleistete Mehrarbeit sowie zusätzlich anfallende Fahrtkosten werden in vielen Fällen vom Arbeitgeber nicht finanziell abgegolten, kritisiert GPA-Vertreterin Palkovich. Von der Arbeitgeberseite fordert sie einen zeitlich befristeten Zusatzkollektivvertrag, der anfallende Zuschläge regeln soll.
Zudem plädiert die Gewerkschaft für einen Sicherheitsgipfel gemeinsam mit Bundesregierung und Arbeitgebervertretern. Praxisnäher und lösungsorientierter als ein solcher Gipfel seien jedoch die individuellen Gespräche und Vereinbarungen zwischen Betriebsräten und Händlern, sagt Handelsverband-Chef Rainer Will: „Bei großen Gipfeln kommt meist mehr heiße Luft als praktikable Lösungen heraus. Das Thema verdient höchste Beachtung, allerdings würde auch ein temporärer Zusatzkollektivvertrag mehr bürokratischen Mehraufwand als Nutzen in der Praxis stiften.“
Er verweist zudem auf laufende Gespräche mit dem Gesundheitsministerium, um zeitnahe Impfungen der Handelsangestellten zu ermöglichen. „Viele Handelsunternehmen haben bereits betriebliche Impfstraßen angeboten“, so Will.