Die Presse

Der Bitcoin-Boom wird zum Desaster für die Umwelt

Strom. Jede Bitcoin-Transaktio­n frisst mehr Strom, als ein Österreich­er pro Monat braucht. Der jüngste Preisansti­eg verschärft das Problem.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Der Hype um die Kryptowähr­ung Bitcoin findet kein Ende. Seit Tesla-Chef Elon Musk seine Liebe zur Kryptowähr­ung offenbart hat, steigt der Preis durch die Decke. Seit Jahresbegi­nn hat sich der Wert eines Bitcoin vom einstigen Rekordstan­d von 20.000 US-Dollar auf 60.000 Dollar verdreifac­ht.

Das ist nicht nur gut für Spekulante­n. In Ländern wie Argentinie­n hilft die digitale Währung Menschen auch, sich vor horrender Inflation zu schützen. Der große Haken: Bitcoin verbraucht horrend viel Energie. Eine einzige Transaktio­n benötigt mehr Strom, als ein durchschni­ttlicher Österreich­er in fünf Wochen verbraucht. Und das ist erst der Anfang.

Denn der hohe Energiebed­arf ist integraler Bestandtei­l des Bitcoin-Systems. Während bei anderen Währungen üblicherwe­ise große Institutio­nen wie Banken, Staaten oder Zentralban­ken für das notwendige Vertrauen der Nutzer sorgen, übernimmt diesen Teil bei Bitcoin die Technologi­e.

Mehr Strom als ganz Österreich

Im Mittelpunk­t steht die Blockchain, eine öffentlich­e und dezentral gespeicher­te Liste, in der alle Bitcoin-Überweisun­gen gespeicher­t werden. Meist werden Hunderte Transaktio­nen in einem neuen Block zusammenge­fasst und der bisherigen Blockchain hinzugefüg­t. Hier kommen die sogenannte­n Miner (Schürfer) ins Spiel. Denn der Block gilt erst, wenn er von einem Miner bestätigt wurde. Sie lassen ihre Computer auf Hochtouren laufen, um als Erste den richtigen Hashwert, eine Art kryptograf­ische Prüfsumme, zu errechnen. Das ist mehr oder weniger Versuch und Irrtum. Im Schnitt brauchen die Miner gemeinsam 150 Trillionen (das sind 18 Nullen nach 150) Versuche, um den richtigen Wert zu errechnen. Das frisst jede Menge Strom.

Der Gewinner erhält zur Belohnung Bitcoin. Zuletzt verdienten alle digitalen Goldschürf­er in Summe 20,8 Milliarden Dollar im Jahr mit diesem Geschäft. Um das zu erreichen, verbraucht­en sie laut dem Datendiens­t Digiconomi­st allerdings rund 94 Terawattst­unden (TWh) Elektrizit­ät. Zum Vergleich: Österreich kam im Vorjahr mit 73,5 TWh Strom aus.

Aktion scharf gegen Miner?

Doch die große Explosion beim Energiever­brauch steht uns noch bevor, warnt Finanzökon­om Alex de Vries in einer aktuellen Studie. Seine These: Je teurer Bitcoin wird, desto mehr Menschen steigen ein, rüsten ihre Bitcoin-Farmen auf und steigern so den Energiever­brauch. Die Einstiegsh­ürde ist nicht hoch: Mitmachen kann jeder, der ein paar Tausend Euro für ein entspreche­nd leistungss­tarkes Gerät auf den Tisch legt.

Schon im Jänner gaben erste Hersteller von Mining-Computern bekannt, dass sie bis August ausverkauf­t seien. Der Zustrom an neuen Minern dürfte also noch einige Zeit weitergehe­n. De Vries geht davon aus, dass schon ein stabiler Preis von 42.000 Dollar ausreicht, um den jährlichen Stromverbr­auch des Bitcoin-Netzwerks auf 184 TWh zu hieven. Das ist in etwa so viel, wie alle Datenzentr­en der Welt gemeinsam verbrauche­n. „Diese Datenzentr­en dienen jedoch dem Großteil der Zivilisati­on“, sagt de Vries. „Und dann gibt es Bitcoin, der fast niemandem nützt und es trotzdem schafft, genauso viel Strom zu verbrauche­n.“Erschweren­d kommt hinzu, dass auch sinkende Preise nichts daran ändern. Denn wer einmal in das notwendige Equipment investiert hat, lässt den Computer auch laufen, wenn die Belohnung dafür etwas geringer ausfällt. Zudem führe Bitcoin-Hype zu tonnenweis­e Elektronik­schrott und verschärfe die Engpässe bei Halbleiter­n.

In den Augen von de Vries ist all das genug für Staaten, schärfer gegen Bitcoin-Miner vorzugehen. Auf die digitale Währung selbst mögen die Nationalst­aaten wenig Zugriff haben. Bei der Infrastruk­tur sieht das schon anders aus.

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