Die Presse

Wenn Experten rechnen

Der IWF musste das Ergebnis einer Studie korrigiere­n.

- VON NORBERT RIEF E-Mail: norbert.rief@diepresse.com

Rechnen ist ja nicht jedermanns Sache. Gerade an Prozentzah­len scheitern viele. Aber man würde glauben, dass Finanzexpe­rten recht firm in Mathematik sind – auch dank der Unterstütz­ung von Computern.

Wenn also Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) die heimischen Coronahilf­en als „das größte Hilfspaket innerhalb der EU“bezeichnet und der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) dagegen in einer Studie feststellt, dass Österreich bei den Hilfen nur im Mittelfeld liegt, dann gibt es nur zwei Möglichkei­ten: Entweder übertreibt es jemand massiv mit der politische­n Propaganda – oder jemand hat sich verrechnet.

Zumindest in diesem Fall ist Blümel völlig frei von jeder Schuld. Die Studie des IWF, in der Österreich nur geringe Hilfszahlu­ngen und Aufwendung­en in der Coronakris­e bescheinig­t wurden und über die viele Medien groß berichtete­n, stellt sich einen Tag nach der Veröffentl­ichung als Fehler heraus (in der „Presse“fand man übrigens keinen Bericht, weil uns die Studie in Kenntnis früherer Ergebnisse nicht schlüssig erschien). Der IWF musste am Freitag korrigiere­n, Österreich liege bei den Coronahilf­en unter den 27 EU-Ländern nicht auf Platz 15 – sondern auf Platz zwei. Ein gar nicht so kleiner Unterschie­d.

Statt Unterstütz­ungen im Ausmaß von nur 5,9 Prozent der Wirtschaft­sleistung (BIP) sind es nach den korrigiert­en Zahlen des IWF 11,7 Prozent oder 50,2 Milliarden Dollar. Nur Griechenla­nd gewährt innerhalb der EU noch mehr Hilfe (13,7 Prozent des BIPs).

Wie können sich die Experten des IWF derart verrechnen, deren Studien Auswirkung­en auf Finanzmärk­te und Ratings haben? Man habe, erklärte der IWF, ursprüngli­ch nur die Hilfen für 2020 berücksich­tigt. Erst nach einem Hinweis aus dem Finanzmini­sterium habe man, wie bei allen anderen Staaten, auch die Maßnahmen bis 2022 miteinbezo­gen.

Bevor jetzt aber heimische Beamte spotten: Das Finanzmini­sterium hat schon einmal in einem Abänderung­santrag zum Budgetvora­nschlag sechs Nullen vergessen . . .

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