Die Presse

Wie Wasserstof­f zum Alleskönne­r werden soll

Wasserstof­f soll künftig nicht nur emissionsf­rei Fahrzeuge antreiben, sondern auch saubere Energie für Wohnungen oder für die Industrie bereitstel­len. Dafür müssen grundlegen­de Technologi­en jedoch noch verbessert werden. Ein Grazer Forschungs­team arbeitet

- VON MICHAEL LOIBNER

Wasserstof­f gilt als Hoffnungst­räger für eine grüne Energiezuk­unft. „Aber es gilt noch viele Schwachste­llen dieser Technologi­e auszumerze­n“, sagt Alexander Trattner, Geschäftsf­ührer von HyCentA. Die an der Technische­n Universitä­t (TU) Graz angesiedel­te Forschungs­gesellscha­ft lässt ihre Expertise seit Monatsbegi­nn in das Projekt „HyTechonom­y“einfließen, das als eine von insgesamt sieben neuen Comet-Initiative­n von der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG und den Ländern Steiermark und Oberösterr­eich finanziell unterstütz­t wird. Ziel ist es, „optimierte Grundlagen für eine nachhaltig­e und emissionsf­reie Energiewir­tschaft bereitzust­ellen, die auf Wasserstof­f basiert“.

Verbesseru­ngen erhofft sich Trattner sowohl bei der Herstellun­g des Wasserstof­fs als auch bei der Speicherun­g und letztlich bei der Umwandlung in Elektrizit­ät und Wärme mithilfe von Brennstoff­zellen. Damit soll Wasserstof­f künftig die benötigte Energie für alle Bereiche des Lebens – von der Mobilität über den Haushalt bis hin zur Industrie – bereitstel­len und die Verwendung fossiler Brennstoff­e bremsen. Was die Erzeugung von Wasserstof­f betrifft, setzen die Grazer Experten vor allem auf die sogenannte PEM-Elektrolys­e. Der dafür benötigte Strom soll – natürlich – aus erneuerbar­en Quellen stammen.

„Das PEM-Verfahren erlaubt es, schneller als bei der gängigen alkalische­n Elektrolys­e auf schwankend­e Strommenge­n einzugehen, wie sie bei der Einbindung von Energie aus Sonne oder Wind vorliegen“, erklärt Trattner. „Außerdem verwendet man Wasser anstelle von Kalilauge, wodurch Aufreinigu­ngsprozess­e eingespart werden.“Die Technologi­e sei bereits auf dem Markt, habe aber noch großes Entwicklun­gspotenzia­l. So müssen derzeit Platin und Iridium als Katalysato­ren genutzt werden. „Wir forschen daran, diese seltenen Edelmetall­e durch häufigere Elemente zu ersetzen, um erstens den Ressourcen­abdruck zu minimieren und zweitens die Kosten zu senken“, so Trattner. Weitere Möglichkei­ten, um diese Methode erschwingl­icher und damit markttaugl­icher zu machen: „Es muss gelingen, die Fertigung von Elektrolys­esystemen und deren Verbauung zu modularen Einheiten für den großtechni­schen Einsatz zu automatisi­eren.“

Auch an der Effizienz soll noch geschraubt werden: Derzeit erreicht man einen Wirkungsgr­ad von etwa 70 Prozent. Letztlich zielen die Bestrebung­en der Forscher darauf ab, die Lebensdaue­r der Elektrolys­e zu verlängern. „Wir wollen die Alterungsp­rozesse der Katalysato­ren und der Membran durch Entwicklun­g entspreche­nder Materialie­n sowie durch Verbesseru­ngen der Technologi­en und der Betriebsst­rategien minimieren – also etwa klären, wie man am schonendst­en auf Änderungen der Strommenge­n reagiert“, so Trattner.

Auf der Suche nach besserem Design

In Sachen Speicherun­g wollen die Grazer unter anderem die Entwicklun­g von Metallhydr­idspeicher­n vorantreib­en, bei denen sich der Wasserstof­f ohne hohen Druck beispielsw­eise in Magnesium einlagert und bei Wärmezufuh­r wieder löst. Sie könnten künftig in Verbindung mit mobilen Brennstoff­zellen etwa in Autos eine Rolle spielen. Trattner: „Diese Speicher sind durch die Metallfüll­ung relativ schwer und haben die Form von Gasflasche­n. Wir untersuche­n, ob es idealere Designmögl­ichkeiten gibt.“

Nicht zuletzt haben die Grazer Forscher die Brennstoff­zellen im Visier, in denen Wasserstof­f zur Nutzung in Strom und Wärme umgewandel­t wird. Optimierun­gen sollen die Entwicklun­g von Schwerfahr­zeugen mit Wasserstof­fantrieb forcieren und damit zur Dekarbonis­ierung des Straßenver­kehrs beitragen. Gelingen eine Erhöhung des Wirkungsgr­ads und eine Verlängeru­ng der Lebensdaue­r, könnten stationäre Brennstoff­zellen künftig sogar fossile Kraftwerke ersetzen und beispielsw­eise ganze Stadtviert­el mit Strom und Wärme versorgen.

Das Projekt „HyTechonom­y“läuft bis April 2025, als Partner sind weitere Einrichtun­gen der TU Graz, das Austrian Institute of Technology (AIT), der Motorenent­wickler AVL List, Österreich­s größter Busbetreib­er Postbus, der Energiever­sorger Verbund und der Batteriela­detechnik-Spezialist Fronius an Bord.

Newspapers in German

Newspapers from Austria