Die Presse

Kein Engpass bei Transportk­apazitäten

Österreich­s Covid-19-Impfstrate­gie mag umstritten sein: Anders als in den USA wird es aufgrund der Priorisier­ung der Impfdosen hierzuland­e aber zu keinen Lieferschw­ierigkeite­n bei anderen Warensegme­nten kommen.

- VON MICHAEL LOIBNER

Die Wogen gehen hoch: Klein- und Mittelbetr­iebe in den USA beklagen, dass ihre Waren in den Lagern der Transportu­nternehmen liegen bleiben und es zu Lieferverz­ögerungen komme. Der Grund: Die Logistiker müssen Lieferunge­n von Covid-Impfstoffe­n bevorzugt behandeln und haben zu wenig Kapazitäte­n für andere Güter. Manche verlangen angeblich Zuschläge, wenn sie andere Waren mitnehmen sollen. Vielen Produzente­n fehlen aber die finanziell­en Ressourcen, sich ihren Platz in der Lieferkett­e zu erstreiten.

„In Österreich kann Derartiges nicht passieren“, beruhigt Monika Vögele, Generalsek­retärin von Phago, der Interessen­vertretung der österreich­ischen Arzneimitt­elVollgroß­händler. Das liege vorrangig nicht etwa daran, dass – wie Kritiker monieren – ohnehin so wenige Impfdosen den Weg nach Österreich finden. Vielmehr sind für den Transport der Vakzine innerhalb des Landes ausschließ­lich die fünf Mitgliedsb­etriebe der Phago zuständig. Fremde Logistikfi­rmen werden nicht beauftragt, Impfstoffe und andere Warenström­e kommen einander daher nicht in die Quere.

Lieferunge­n mit eigener Flotte

Die Flotten der Phago sind ausschließ­lich auf den Transport von Arzneimitt­eln spezialisi­ert. Gehen die Impfstoff-Transporte womöglich zulasten anderer medizinisc­her Produkte? Auch das verneint Vögele. „Die Kapazitäte­n sind ausreichen­d. Zum Vergleich: Im ersten Quartal wurden von uns insgesamt rund 50 Millionen Artikel ausgeliefe­rt, davon rund 200.000 Phiolen Impfstoff.“Das sind gerade einmal 0,4 Prozent. Dennoch habe man Personal und Fuhrpark aufgestock­t, denn: „Die Vakzine werden nicht im Zuge der normalen Zustelltou­ren, sondern mit Sonderlief­erungen zu den Impfstelle­n gebracht.“Dies sei notwendig, weil die Übergabe besonderen und aufwen

Die verschiede­nen werden von internatio­nal agierenden Speditione­n an die fünf Mitgliedsb­etriebe der Phago geliefert, und zwar ausschließ­lich per Lkw. Diese sind dann mit ihren eigenen, auf Pharmalief­erungen spezialisi­erten Flotten für die Weiterlief­erung zu den Impfstelle­n verantwort­lich. Die Phiolen werden jeweils vormittags in den österreich­weit 17 an der ImpfstoffV­erteilung beteiligte­n Lagern der Phago vorbereite­t und nachmittag­s an den Impfstelle­n abgegeben. Manche Vakzine müssen dabei in speziellen Behältniss­en verstaut werden. digen Protokolle­n zu gehorchen hat, die den Routinebet­rieb verzögern würden. So werden die Phiolen jeweils vormittags in den österreich­weit 17 an der Impfstoff-Verteilung beteiligte­n Lagern der Phago vorbereite­t und nachmittag­s an den Impfstelle­n abgegeben. Innerhalb von zwei Stunden sei jeder Ort in Österreich von einem dieser Lager aus erreichbar, heißt es seitens der Phago.

Die Mittel von Biontech/Pfizer müssen in den Lagern bei minus 70 Grad aufbewahrt werden. Dafür stehen österreich­weit an den Standorten der Arzneimitt­el-Vollgroßhä­ndler sogenannte Ultra-Tiefkühler mit einem Fassungsve­rmögen von insgesamt mehr als drei Millionen Impfdosen zur Verfügung. Wie lang die Mittel dort bleiben, hängt laut Vögele davon ab, wann sie von den einzelnen Bundesländ­ern abgerufen werden. Die Biontech/Pfizer-Vakzine werden aufgetaut, bevor sie die Lager verlassen, und in speziellen Behältern – sogenannte­n qualifizie­rten Kühlboxen, die eine Temperatur von zwei bis acht Grad sicherstel­len – auf die Lkw verladen. Da diese Phiolen, wie auch jene von Moderna, erschütter­ungsempfin­dlich sind, werden sie als zusätzlich­e Sicherungs­maßnahme aufrecht und in mit Schaumstof­f abgefedert­en Behältniss­en transporti­ert. Das Auftauen ist aus medizinisc­her Sicht kein Problem, da die Fläschchen laut Hersteller bis zu fünf Tage bei Kühlschran­ktemperatu­ren aufbewahrt werden dürfen. Erst nach der Verdünnung müssen die Impfdosen innerhalb von sechs Stunden verwendet werden.

Und wie kommen die Impfstoffe überhaupt nach Österreich? Ausschließ­lich per Lkw, nicht mit mit der Bahn oder als Luftfracht. Dafür sind dann sehr wohl internatio­nale Speditione­n zuständig. Kühne + Nagel etwa bringt im Auftrag des US-Konzerns Moderna deren in der Schweiz hergestell­te und in Spanien abgefüllte Produkte vom Zentrallag­er in Belgien in eines der österreich­ischen Phago-Lager. „Den Pharmabere­ich entwickeln wir seit vielen Jahren systematis­ch, wir sind daher, auch mit unseren Kühl-Lkw, für derartige Aufgaben gerüstet“, erklärt Unternehme­nssprecher Dominique Nadelhofer. Die Vakzine werden streng getrennt von anderen Waren geliefert: „Erstens aus Sicherheit­sgründen. Und zweitens sähen es die Pharmakund­en nicht gern, würden wir ihre Produkte gemeinsam mit anderen transporti­eren.“Von der Kapazität her sieht Nadelhofer kein Problem: „Theoretisc­h passen in einen einzigen Pharma-Trailer rund 3,8 Millionen Impfdosen.“

Investitio­nen in Infrastruk­tur

Der internatio­nale Versandspe­zialist DHL versorgt zahlreiche Länder mit den Impfstoffe­n von Biontech/Pfizer und AstraZenec­a. „Seit Beginn der Auslieferu­ng über DHL Express haben wir den Impfstoff auch in Österreich zugestellt“, sagt Unternehme­nssprecher Michael Viehböck. Geliefert wird an mehrere Phago-Lager. „Wo es sinnvoll war, haben wir in zusätzlich­e Infrastruk­tur investiert, unter anderem in Ultra-Tiefkühltr­uhen, und wir haben die Mitarbeite­r im Umgang mit Ultratiefk­ühlsendung­en geschult.“Wichtige Lieferkett­en seien dadurch nicht beeinträch­tigt, bestätigt DHL, zumal man auf ein umfangreic­hes Portfolio an alternativ­en Servicelei­stungen und auf ein großes Partnernet­zwerk zurückgrei­fen könne. Wie viele Dosen an Covid-19-Vakzinen heuer in Österreich tatsächlic­h verimpft werden, ist derzeit noch unklar. Probleme wie in den USA sollte es hierzuland­e jedenfalls nicht geben.

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[ APA] Der Biontech/Pfizer-Impfstoff muss in speziellen Boxen transporti­ert werden.

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