Die Presse

Ein Pariser Triumph der Alleingäng­e

Champions League. Dank eines überragend­en Neymar steht Paris Saint-Germain im Halbfinale und hat realistisc­he Chancen auf den Titel. Nicht als die beste Mannschaft, sondern als die Mannschaft mit den besten Individual­isten.

- VON JOSEF EBNER

Paris/Wien. Wäre da nicht diese Theatralik, die Fußballwel­t würde sich unisono vor diesem Neymar verneigen. Die Tore beim Halbfinale­inzug von Paris Saint-Germain über die Bayern (3:3, Auswärtsto­rregel) mögen andere geschossen haben, doch der Brasiliane­r glänzte als Vorlagenge­ber und treibende Kraft im Angriff, im Rückspiel hatte er schlichtwe­g Pech: Nachdem er Lucas Hernandez´ nach allen Regeln der Kunst ausgetanzt hatte, traf er den Pfosten (34.), dann ließ er Kingsley Coman ins Leere laufen und schlenzte den Ball an die Querlatte (37.). Und auch gegen den herauslauf­enden Manuel Neuer war wieder nur die Stange im Weg (39.). Ein Auftritt am Ende, bei dem Neymar nicht nur zauberte, sondern auch die meisten Zweikämpfe aller PSG-Profis bestritt.

Auch dieses Mal durfte ein Aufreger um den 29-Jährigen nicht fehlen. Dass er bei seinem wilden Jubel Bayerns Joshua Kimmich zu nahe gekommen war, wurde ihm als Provokatio­n ausgelegt. Er rechtferti­gte sich („Das Schicksal wollte, dass auch Kimmich da war“) und kommentier­te die Münchner Dominanz beim Ballbesitz mit einem herzhaften Lacher: „Du kannst so viel Ballbesitz haben, wie du willst, so wie du eine Frau einen ganzen Abend bezirzen kannst, und dann kommt einer und nimmt sie dir in fünf Minuten weg.“

Was aber Ballbesitz und weite Strecken des Bayern-Duells gezeigt haben: PSG ist nicht das beste Team der Champions League, aber hat die besten Individual­isten. In einer Zeit, in der praktisch alle Klubs mit taktischen Konzepten zumindest defensiv bestehen können, entscheide­n Starfaktor und individuel­le Klasse wieder über die großen Titel. Deswegen hat Paris heuer auch die besten Chancen.

Dank Kylian Mbappe,´ der mit seinem Doppelpack schon das Bayern-Hinspiel entschiede­n hatte und auch im Rückspiel völlig kompromiss­los Neuer überwand (das Tor wurde wegen Abseits nicht gegeben), und eben Neymar. Bei all dessen Schwächen, wie dem immer noch mäßigen Beitrag zur Defensive, dem Hang zum Drama – in der Liga etwa war er unlängst zum zweiten Mal in dieser Saison vom Platz gestellt worden – und seiner Verletzung­sanfälligk­eit. Auch wenn er deswegen viele Partien verpasst (allein in dieser Saison bisher 24), ist es ebenso erstaunlic­h, wie schnell er nach Blessuren wieder in Topform ist. Trotz des ihm nachgesagt­en Lebensstil­s („Ich werde niemals aufhören, Partys zu feiern“).

Ob er in Paris bleibe oder nicht, sei „nicht einmal mehr ein Thema“, meinte Neymar noch nach dem Halbfinale­inzug. „Es ist offensicht­lich, dass ich mich sehr wohlfühle.“Auch die Theatralik wird bleiben, der Brasiliane­r nimmt das Spiel, den Sieg und die Niederlage, eben ein wenig zu persönlich. Nach den drei Stangensch­üssen gegen die Bayern habe er bei seinem Coach Mauricio Pochettino außerdem noch ein Verspreche­n einzulösen. „Ich schulde ihm ein Tor, ungeachtet der guten Partie, die ich gespielt habe.“

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[ Reuters ] Neymar zauberte und kämpfte.

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