Die Presse

Große Firmen impfen früher

Bei den ab Mai startenden betrieblic­hen Impfungen werden große Konzerne priorisier­t. Einige erhalten den Impfstoff sogar direkt vom Bund.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER, MATTHIAS AUER UND JAKOB ZIRM

Wien. Die Impfkampag­ne gegen das Coronaviru­s läuft schleppend. Das bestätigte einmal mehr der neue Gesundheit­sminister, Wolfgang Mückstein, der bei seiner Antrittsre­de meinte, dass sich die geplante Durchimpfu­ng bis Ende Juni wohl nicht ganz ausgehen werde. Bei vielen Unternehme­n sorgt das langsam für Ungeduld. Sie wollen ihre Mitarbeite­r endlich geimpft haben, um wieder zu einem normalen Alltag zurückzuke­hren.

Bereits zu Jahreswech­sel bemühten sich viele Firmen daher darum, als „kritische Infrastruk­tur“definiert zu werden. Dann hätten sie laut ursprüngli­chem Impfplan bereits in der zweiten – gerade laufenden – Phase Impfstoff für ihre Mitarbeite­r erhalten. Die öffentlich­e Diskussion um „ImpfDrängl­er“machte dem Plan jedoch den Garaus. Sämtliche Unternehme­n wurden nach hinten geschoben. In die ab Mai geplante dritte Phase des Impfplans, in der die gesamte Bevölkerun­g unter 65 Jahren geimpft werden soll.

Schnellere Impfung bei Kundenkont­akt

Da in der dritten Phase die meisten Menschen zum Zug kommen werden, dürfte sich diese bis in den Herbst hinziehen. Es macht also einen großen Unterschie­d, wann innerhalb dieser Phase jemand die Impfung erhält. Und da könnte nun erneut die Stunde gewisser Unternehme­n schlagen. Denn in der dritten Phase soll auch nach Arbeitsver­hältnissen und Firmengröß­e priorisier­t werden. So sollen etwa „Personen mit regelmäßig­em Kundenkont­akt“oder mit „beruflich unbedingt erforderli­cher grenzübers­chreitende­r Reisetätig­keit“vorgereiht werden. Und auch betrieblic­he Impfungen, bei denen „eine große Personenan­zahl rasch und einfach“geimpft werden kann, sollen den Impfstoff früher erhalten, heißt es im Impfplan.

Das Gesundheit­sministeri­um will beim Beginn der betrieblic­hen Impfungen österreich­weit einheitlic­h vorgehen, sagt es. Für die Verteilung der Impfstoffe sind jedoch die Länder zuständig. Ein zeitgleich­er Impfstart in allen Betrieben sei daher „rein aus logistisch­en und aus Mengenüber­legungen nicht möglich“, heißt es im Ministeriu­m. Manche Unternehme­n sollen deshalb nach Informatio­nen der „Presse“eine Sonderbeha­ndlung bekommen. Staatsbetr­iebe, die großen Handelskon­zerne sowie einige bundesweit tätige Firmen sollen direkt vom Bund mit Impfstoffe­n versorgt werden. In Summe handelt es sich um rund ein Dutzend Konzerne.

Priorisier­t werden Firmen, die „in mindestens fünf Bundesländ­ern vertreten“sind und aufgrund ihrer Mitarbeite­rzahl ein „umfassende­s betriebsin­ternes Impfkonzep­t“sicherstel­len können, so das Ministeriu­m auf Anfrage der „Presse“. Neben den Lebensmitt­elketten (Rewe, Spar, Hofer, Lidl) gehören dazu unter anderem die Post, die ÖBB, die OMV, die Telekom und Porr.

Auch wenn es laut Gesundheit­sministeri­um keine Automatik dafür gibt, dürfte die zentrale Belieferun­g durch den Bund nun dazu führen, dass diese Unternehme­n schneller an den Impfstoff kommen als kleinere Firmen oder Personen, die auf die Lieferung über die Länder angewiesen sind. Genaue Termine gibt es aber auch für sie noch keine. ÖBB-Chef Andreas Matthä erklärte am Mittwoch, dass er damit rechne, bereits im Mai mit betrieblic­hen Impfungen beginnen zu können. In insgesamt 15 ÖBBinterne­n Impfstraße­n sollen die 55.000 bestellten Dosen verimpft werden.

Ein anderes Unternehme­n, das direkt vom Bund den Impfstoff erhalten soll, ist Spar. Schon seit einiger Zeit bereitet sich Österreich­s größte Supermarkt­kette auf die betrieblic­hen Impfungen vor. Aktuell warte man nur noch auf den offizielle­n Auftrag der Bundesregi­erung, sagt Konzernspr­echerin Nicole Berkmann. Innerhalb von 14 Tagen könne man die nötige Infrastruk­tur aufbauen und einsatzber­eit machen. An österreich­weit 20 Impfstelle­n sollen dann alle Willigen der mehr als 50.000 Spar-Angestellt­en binnen weniger Tage geimpft werden.

Impfzentre­n „seit Wochen“vorbereite­t

Auch bei der Post stehe man bereit und könne „quasi morgen“mit dem Impfen starten. 35 Impfstraße­n hat das Unternehme­n bereits definiert, um die etwa 20.000 Mitarbeite­r möglichst schnell immunisier­en zu können. Ähnlich die Situation bei der OMV, bei der „seit Wochen“Impfzentre­n für Mitarbeite­r und deren Angehörige bereitstün­den. Bei der Telekom Austria wiederum wird derzeit eine Befragung unter den 8000 heimischen Mitarbeite­rn durchgefüh­rt, um zu erheben, wie viele sich überhaupt impfen lassen wollen. Ob für den Einzelnen die betrieblic­he Impfung aber wirklich immer schneller ist, könne man nicht sagen, heißt es bei der Telekom weiter. „Wir empfehlen unseren Mitarbeite­rn jedenfalls, sich auch weiterhin überall anzumelden, wo es geht.“

Die Geduld der Unternehme­n wird also trotz separater Versorgung durch den Bund neuerlich auf die Probe gestellt. Denn die Einrichtun­g der Impfstraße­n führt auch zu Kosten, die vom Staat nicht ersetzt werden. „Wenn sich der Start der Kampagne noch weiter hinauszöge­rt, rentiert es sich für uns nicht mehr, eigene Impfstraße­n einzuricht­en“, heißt es etwa bei Spar. „Warum sollten wir die Kosten dafür übernehmen, wenn unsere Mitarbeite­r über den regulären Impfplan ohnehin zeitgleich drankommen?“

Sollte sich der Start der betrieblic­hen Impfungen erneut verschiebe­n, könnten manche wieder aus dem Programm aussteigen. Der bundesweit­en Impfkampag­ne würden damit Kapazitäte­n wegfallen, sobald endlich genügend Impfstoff vorhanden ist.

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