Große Firmen impfen früher
Bei den ab Mai startenden betrieblichen Impfungen werden große Konzerne priorisiert. Einige erhalten den Impfstoff sogar direkt vom Bund.
Wien. Die Impfkampagne gegen das Coronavirus läuft schleppend. Das bestätigte einmal mehr der neue Gesundheitsminister, Wolfgang Mückstein, der bei seiner Antrittsrede meinte, dass sich die geplante Durchimpfung bis Ende Juni wohl nicht ganz ausgehen werde. Bei vielen Unternehmen sorgt das langsam für Ungeduld. Sie wollen ihre Mitarbeiter endlich geimpft haben, um wieder zu einem normalen Alltag zurückzukehren.
Bereits zu Jahreswechsel bemühten sich viele Firmen daher darum, als „kritische Infrastruktur“definiert zu werden. Dann hätten sie laut ursprünglichem Impfplan bereits in der zweiten – gerade laufenden – Phase Impfstoff für ihre Mitarbeiter erhalten. Die öffentliche Diskussion um „ImpfDrängler“machte dem Plan jedoch den Garaus. Sämtliche Unternehmen wurden nach hinten geschoben. In die ab Mai geplante dritte Phase des Impfplans, in der die gesamte Bevölkerung unter 65 Jahren geimpft werden soll.
Schnellere Impfung bei Kundenkontakt
Da in der dritten Phase die meisten Menschen zum Zug kommen werden, dürfte sich diese bis in den Herbst hinziehen. Es macht also einen großen Unterschied, wann innerhalb dieser Phase jemand die Impfung erhält. Und da könnte nun erneut die Stunde gewisser Unternehmen schlagen. Denn in der dritten Phase soll auch nach Arbeitsverhältnissen und Firmengröße priorisiert werden. So sollen etwa „Personen mit regelmäßigem Kundenkontakt“oder mit „beruflich unbedingt erforderlicher grenzüberschreitender Reisetätigkeit“vorgereiht werden. Und auch betriebliche Impfungen, bei denen „eine große Personenanzahl rasch und einfach“geimpft werden kann, sollen den Impfstoff früher erhalten, heißt es im Impfplan.
Das Gesundheitsministerium will beim Beginn der betrieblichen Impfungen österreichweit einheitlich vorgehen, sagt es. Für die Verteilung der Impfstoffe sind jedoch die Länder zuständig. Ein zeitgleicher Impfstart in allen Betrieben sei daher „rein aus logistischen und aus Mengenüberlegungen nicht möglich“, heißt es im Ministerium. Manche Unternehmen sollen deshalb nach Informationen der „Presse“eine Sonderbehandlung bekommen. Staatsbetriebe, die großen Handelskonzerne sowie einige bundesweit tätige Firmen sollen direkt vom Bund mit Impfstoffen versorgt werden. In Summe handelt es sich um rund ein Dutzend Konzerne.
Priorisiert werden Firmen, die „in mindestens fünf Bundesländern vertreten“sind und aufgrund ihrer Mitarbeiterzahl ein „umfassendes betriebsinternes Impfkonzept“sicherstellen können, so das Ministerium auf Anfrage der „Presse“. Neben den Lebensmittelketten (Rewe, Spar, Hofer, Lidl) gehören dazu unter anderem die Post, die ÖBB, die OMV, die Telekom und Porr.
Auch wenn es laut Gesundheitsministerium keine Automatik dafür gibt, dürfte die zentrale Belieferung durch den Bund nun dazu führen, dass diese Unternehmen schneller an den Impfstoff kommen als kleinere Firmen oder Personen, die auf die Lieferung über die Länder angewiesen sind. Genaue Termine gibt es aber auch für sie noch keine. ÖBB-Chef Andreas Matthä erklärte am Mittwoch, dass er damit rechne, bereits im Mai mit betrieblichen Impfungen beginnen zu können. In insgesamt 15 ÖBBinternen Impfstraßen sollen die 55.000 bestellten Dosen verimpft werden.
Ein anderes Unternehmen, das direkt vom Bund den Impfstoff erhalten soll, ist Spar. Schon seit einiger Zeit bereitet sich Österreichs größte Supermarktkette auf die betrieblichen Impfungen vor. Aktuell warte man nur noch auf den offiziellen Auftrag der Bundesregierung, sagt Konzernsprecherin Nicole Berkmann. Innerhalb von 14 Tagen könne man die nötige Infrastruktur aufbauen und einsatzbereit machen. An österreichweit 20 Impfstellen sollen dann alle Willigen der mehr als 50.000 Spar-Angestellten binnen weniger Tage geimpft werden.
Impfzentren „seit Wochen“vorbereitet
Auch bei der Post stehe man bereit und könne „quasi morgen“mit dem Impfen starten. 35 Impfstraßen hat das Unternehmen bereits definiert, um die etwa 20.000 Mitarbeiter möglichst schnell immunisieren zu können. Ähnlich die Situation bei der OMV, bei der „seit Wochen“Impfzentren für Mitarbeiter und deren Angehörige bereitstünden. Bei der Telekom Austria wiederum wird derzeit eine Befragung unter den 8000 heimischen Mitarbeitern durchgeführt, um zu erheben, wie viele sich überhaupt impfen lassen wollen. Ob für den Einzelnen die betriebliche Impfung aber wirklich immer schneller ist, könne man nicht sagen, heißt es bei der Telekom weiter. „Wir empfehlen unseren Mitarbeitern jedenfalls, sich auch weiterhin überall anzumelden, wo es geht.“
Die Geduld der Unternehmen wird also trotz separater Versorgung durch den Bund neuerlich auf die Probe gestellt. Denn die Einrichtung der Impfstraßen führt auch zu Kosten, die vom Staat nicht ersetzt werden. „Wenn sich der Start der Kampagne noch weiter hinauszögert, rentiert es sich für uns nicht mehr, eigene Impfstraßen einzurichten“, heißt es etwa bei Spar. „Warum sollten wir die Kosten dafür übernehmen, wenn unsere Mitarbeiter über den regulären Impfplan ohnehin zeitgleich drankommen?“
Sollte sich der Start der betrieblichen Impfungen erneut verschieben, könnten manche wieder aus dem Programm aussteigen. Der bundesweiten Impfkampagne würden damit Kapazitäten wegfallen, sobald endlich genügend Impfstoff vorhanden ist.