Neuer Eklat um Janez Janˇsa
Westbalkan. Ein Papier, das Sloweniens Regierungschef zugeschrieben wird, propagiert Bosniens Zerschlagung.
Brüssel. Hat Janez Jansaˇ das Ziel, die Auflösung Jugoslawiens während des slowenischen EU-Ratsvorsitzes zu vollenden? Seit Tagen kursieren Berichte über ein angebliches NonPaper, welches Sloweniens Regierungschef dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, überreicht haben solle. Dieses schlage die Schaffung eines Großserbiens, eines Großalbaniens, eines Großkroatiens und Bosnien und Herzegowinas Ende vor.
Als „Non-Paper“bezeichnet man ein Dokument, das diskret heikle Fragen ausloten soll, über die man nicht öffentlich reden kann oder will; sozusagen ein politischer Versuchsballon in Papierform. Dieser explodierte mit lautem Knall. Sloweniens Botschafterin in Sarajewo wurde vom Staats-präsidium zum Rapport einbestellt, um zu erklären, was genau es mit diesem Papier auf sich habe. Sloweniens Präsident, Borut Pahor, beteuerte wiederum, er war und bleibe stets ein „Befürworter Bosniens und seiner territorialen Integrität“. Aus einem vertraulichen Treffen Pahors mit den drei Präsidiumsmitgliedern Anfang März war gesickert, Pahor habe erklärt, in der EU seien manche der Ansicht, die Westbalkanstaaten könnten erst dann der EU beitreten, wenn der Zerfall von Jugoslawien vollendet sei. Pahor verneinte dies.
„Gazastreifen für Bosniaken“
Jansaˇ hat seine Urheberschaft des Papiers weder bestätigt noch verneint, auf Twitter machte er sich nur darüber lustig. Das Kabinett von Charles Michel ist offenkundig überfordert: am Montag bestätigte zunächst ein Sprecher den Erhalt des Papiers, 17 Minuten später dementierte ein anderer dies.
Am Donnerstag jedenfalls veröffentlichte die slowenische Nachrichtenplattform „Necenzurinano“das zweiseitige Non-Paper. Unter dem Titel „Western Balkans – A way forward“schlägt es erstens vor, Kosovo und Albanien zu vereinigen. Der serbische Teil des Kosovo rund um Mitrovica solle nach dem Vorbild Südtirols einen Sonderstatus erhalten. Die bosnische Republika Srpska solle Serbien zugeschlagen werden, die überwiegend kroatischen Kantone der Herzegowina Kroatien. Den schmalen Rest sollten die muslimischen Bosniaken erhalten. „Ein Referendum wird organisiert, damit das Volk zwischen einer EUund Nicht-EU-(Türkei)-Zukunft entscheiden kann“, schlägt das Dokument vor.
„In diesem Papier ist kein einziges Wort nicht problematisch“, sagt Aleksandar Brezar, bosnischer Korrespondent mehrerer englischsprachiger Zeitungen, zur „Presse“. Jansaˇ sei ein „totaler Populist“, und wie jeder Populist brauche er äußere Feinde: „Früher waren es die Serben, jetzt sind es die Bosniaken. Sie würden de facto einen Gazastreifen bekommen.“Brezar warnt: „Es ist sehr gefährlich, wenn jemand aus der EU in einer Machtposition Großserbien, Großkroatien und Großalbanien vorschlägt – mit einem schwarzen Loch in der Mitte, wo die bosnischen Moslems hinsollen.“