Wettlauf mit der Zeit bei Wiener Atomgesprächen
Verhandlungen gehen wohl übers Wochenende weiter.
Wien. Man kann es auch so sehen: Nach der Ankündigung des Iran, ab nächster Woche Uran auf 60 Prozent anzureichern, sind Verhandlungen dringlicher denn je. Nach einer zweistündigen Sitzung der Gemeinsamen Kommission im Wiener Grand Hotel entschieden die verbliebenen Vertragsparteien des Atomabkommens (Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland, China und Iran), die Gespräche fortzusetzen.
Als Erster verbreitete Michail Uljanow die Kunde. Seinen Eindruck der Stimmung in der Runde bezeichnete Russlands twitterfreudiger Botschafter bei den internationalen Organisationen in Wien als „positiv“. Die Verhandler und Experten schwärmen nun wieder in zwei Arbeitsgruppen aus: Die eine beschäftigt sich mit dem Nukleardossier, die andere mit den US-Sanktionen. Diesmal dürften die Unterhändler übers Wochenende in Wien bleiben.
Der Atombombe nahe
Die USA sind 2018 aus dem Atomabkommen ausgeschieden, deshalb laufen die Verhandlungen über einen Wiedereinstieg indirekt. Der US-Beauftragte Robert Malley residiert im Hotel Imperial. In einer Pendelmission halten ihn die Politischen Direktoren Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands auf dem Laufenden. Das Problem besteht darin, zwei Prozesse zu synchronisieren: Die Iraner wollen sich erst wieder an das Atomabkommen halten, wenn die USA ihre seit 2017 verhängten Sanktionen aufheben – und umgekehrt. Die Zeit drängt, im Mai läuft eine Frist der Atombehörde aus, im Juni wählt der Iran einen Präsidenten.
Sollten die Iraner, wie am Dienstag angekündigt, Uran auf 60 Prozent anreichern, wäre das ihr bisher krassester Verstoß. Für eine Atombombe wäre ein Reinheitsgrad von 90 Prozent nötig, erlaubt im Atomabkommen sind nur 3,67 Prozent. (cu)