Die Presse

Shredder-Causa aus der Asche geholt

Justiz. Im Bundeskanz­leramt wurden Festplatte­n geshredder­t – es wird wieder ermittelt.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Am Mittwoch wurde im U-Ausschuss als letzter Zeuge ein Mitarbeite­r des Bundeskanz­leramts befragt, von dem man sich im Vorfeld nicht viel erwartet hatte. Überrasche­nd berichtete er aber, dass er in der sogenannte­n Shredder-Causa als Beschuldig­ter geführt werde.

Die hatte die Staatsanwa­ltschaft eigentlich schon ad acta gelegt. Zur Erinnerung: Ein Kabinettsm­itarbeiter von Kanzler Sebastian Kurz hatte unter falschem Namen mehrere Festplatte­n shreddern lassen – und dann auch noch die Zeche geprellt. Und zwar wenige Tage bevor Kurz im Mai 2019 nach einem Misstrauen­svotum die Bühne räumen musste. Die Staatsanwa­ltschaft Wien hatte die Ermittlung­en schließlic­h mangels Beweisen eingestell­t – die Festplatte­n waren ja schon weg. Die ÖVP hatte stets behauptet, es habe sich um Druckerfes­tplatten gehandelt, und dass es völlig normal sei, Festplatte­n bei Regierungs­wechseln zu shreddern.

Nur die halbe Wahrheit

Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit: Ja, Festplatte­n werden bei Regierungs­wechseln geshredder­t – aber nicht vorher und auch nicht von irgendjema­ndem, sondern von einer dafür engagierte­n Firma.

Was ebenfalls stimmt: Unter den fünf geshredder­ten Festplatte­n befanden sich auch Druckerfes­tplatten. Drei können eindeutig zugeordnet werden. Zwei weitere Festplatte­n entspreche­n aber weder Typ, noch Größe, noch Marke der üblicherwe­ise verbauten Platten. Auch die EDV im Bundeskanz­leramt sagt, dass diese nicht zuordenbar seien. Das Bundeskanz­leramt hat aber gegenüber der Staatsanwa­ltschaft angegeben, dass man sicher sei, dass es Druckerfes­tplatten seien.

SPÖ und Neos haben diese Unregelmäß­igkeiten zur Anzeige gebracht – sie liegt der „Presse“vor. Die Staatsanwa­ltschaft sieht den Anfangsver­dacht erhärtet und führt nun zwei Beamte als Beschuldig­te. Gegen sie wird wegen Amtsmissbr­auch ermittelt.

Das Bundeskanz­leramt betont in einer Stellungna­hme erneut, dass laut dem Lieferante­n ausgeschlo­ssen werden könne, dass es sich um Laptopfest­platten handle. Weiters soll dieser Lieferant bestätigen, dass diese Festplatte­n auch in Multifunkt­ionsgeräte­n wie Druckern funktionie­ren. Eine Kooperatio­n mit der Staatsanwa­ltschaft wird zugesicher­t.

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