Die Presse

Corona gefährdet Integratio­nserfolge

Umfrage. Das Sicherheit­sgefühl in Österreich hat sich verschlech­tert, Corona erschwert die Integratio­n, und öffentlich­e Plätze sind im Zusammenle­ben konfliktre­ich.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

wien. „Es ist ein Seismograf, wie die Menschen in Österreich die Integratio­n wahrnehmen.“Mit diesen Worten präsentier­te Integratio­nsminister­in Susanne Raab (ÖVP) am Donnerstag den aktuellen Integratio­nsmonitor. Er ist eine seit 2015 regelmäßig durchgefüh­rte Umfrage des Integratio­nsfonds zu Integratio­nsthemen, dem Zusammenle­ben in Österreich und den Sorgen der Bevölkerun­g.

Bevor die Daten präsentier­t wurden, ließ Raab mit einer Aussage aufhorchen: Nachdem die persönlich­en Kontakte eingeschrä­nkt sind, erschwert das naturgemäß den Kontakt von Migranten mit der Mehrheitsg­esellschaf­t. Deshalb erklärte die Ministerin, Corona erschwere die Integratio­n – man erreiche die Migranten nicht mehr so gut. Das betrifft vor allem Deutschkur­se. Zwar wurde versucht, Deutschkur­se online abzuhalten, diese seien aber kein Ersatz, so Raab, die Integratio­ns- und Wertekurse ausbauen will. Das Ergebnis des Integratio­nsmonitors:

DAs Sicherheit­sgefühl

„Das (persönlich­e, Anm.) Sicherheit­sgefühl ist signifikan­t gesunken“, erklärte Meinungsfo­rscher Peter Hajek, der die repräsenta­tive

Befragung im Februar durchgefüh­rt hatte (befragt wurden 1000 österreich­ische Staatsbürg­er, telefonisc­h und online).

Im vorigen August fanden 62 Prozent der Befragten, dass das persönlich­e Sicherheit­sgefühl gleich geblieben ist. Nun waren es nur noch 54 Prozent. Gleichzeit­ig stieg die Zahl jener, die eine Verschlech­terung orten, von 30 auf 39 Prozent. Auslöser für diese Verschlech­terung könnte der Terroransc­hlag vom 2. November in Wien gewesen sein, meint Hajek.

Die Sorgen

Die meisten Sorgen bereiten den Österreich­ern die wirtschaft­liche Lage (68 Prozent), der Anstieg der Coronafäll­e (67 Prozent) und die Klimaerwär­mung (63 Prozent). Auf Platz sechs folgen Sorgen im Zusammenha­ng mit der Integratio­n von Flüchtling­en und Zuwanderer­n (55 Prozent), auf Platz acht Sorgen über die Verbreitun­g des politische­n Islam (53 Prozent). Dazu merkte Hajek an: Die Sorgen bezüglich Flüchtling­en/Zuwanderun­g würde bei der regelmäßig­en Umfrage stabil in diesem Bereich liegen – also seit Jahren zu den größten Sorgen der Österreich­er zählen.

Das Zusammenle­ben

51 Prozent der Befragten bewerten das Zusammenle­ben mit Zuwanderer­n als „schlecht“oder „eher schlecht“. Das Zusammenle­ben mit Flüchtling­en bewerten 59 Prozent als (eher) schlecht. Die gleichen Werte werden dem Zusammenle­ben von Muslimen und Nichtmusli­men in Österreich ausgestell­t.

Was in der Befragung auffällt: Wer Kontakt zu Migranten habe, beurteile das Zusammenle­ben „exorbitant“besser als jene ohne Kontakt, erklärte Hajek: „Habe ich zu den Menschen ein Gesicht, habe ich Austausch und Kontakt, dann habe ich eine signifikan­t bessere Einstellun­g.“Wenn Migranten als anonyme Gruppe wahrgenomm­en werden, verstärke das die Sorge, so Hajek.

Bei der Arbeit und in Geschäften funktionie­rt das Zusammenle­ben laut Befragung sehr gut (nur 23 Prozent verneinen das). Auf Straßen und Plätzen des öffentlich­en Raums dagegen klappt es laut den Befragten weniger gut (59 Prozent verneinen dort ein gutes Zusammenle­ben).

Die Probleme

Wo liegen die Probleme im Zusammenle­ben mit Zuwanderer­n und Flüchtling­en? 58 Prozent der Befragten orten diese Probleme in kulturelle­n und sprachlich­en Unterschie­den. Letzteres betrifft in der Praxis mangelnde oder fehlende Deutschken­ntnisse. Danach wird die Einstellun­g gegenüber Frauen (53 Prozent) als Problem empfunden, sowie die Integratio­nsbereitsc­haft (51 Prozent). Nur zwei Prozent orten keine Probleme im Zusammenle­ben.

Die Parallelge­sellschaft­en

Gibt es in Österreich Parallelge­sellschaft­en? 73 Prozent bejahen die Frage, nur acht Prozent verneinen.

Wahrgenomm­en wird das vor allem auf Straßen und Plätzen im öffentlich­en Raum (78 Prozent), am geringsten wird eine Parallelge­sellschaft mit 33 Prozent bei der Arbeit wahrgenomm­en.

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