Klima retten mit Marktwirtschaft
CO2-Emissionen. Experten der Agenda Austria fordern weniger staatlichen Aktionismus, Verbote und Strafsteuern im Kampf gegen den Klimawandel. Sie setzen auf Emissionshandel.
Wien. Auch wenn sie in der Coronapandemie etwas aus den Schlagzeilen geraten ist. Die Klimakrise gibt es nach wie vor. Und während es gegen Covid Impfstoffe gibt, wird über das Rezept gegen den Klimawandel noch diskutiert. Nun legten die Experten der Agenda Austria eine Handlungsanleitung vor. Und wenig überraschend lautet diese: So wenig staatliche Eingriffe wie möglich. Das Klima kann auch mit marktwirtschaftlichen Instrumenten gerettet werden.
„Gewöhnlich stützt sich die Klimapolitik auf Gebote und Verbote“, sagt Heike Lehner, Co-Autorin des „Policy Brief“. Grundproblem sei, „dass CO2 keinen Preis bekommt“. Sie plädiert für einen „international skalierbaren Emissionshandel“. Denn oberstes Gebot der österreichischen Klimapolitik sollte sein, die CO2-Reduktion „mit der geringstmöglichen Beeinträchtigung des Marktes zu erreichen“, heißt es im Agenda-Austria-Papier.
Im Gegensatz zu Steuern und Verboten, die ja nach politischer Großwetterlage verändert werden können, sorge ein Emissionshandel für mehr Planungssicherheit für Unternehmen. Zumal es seit 2005 ein EU-weites Emissionshandelssystem gibt. Dieses deckt bekanntlich den Energie- und Industriebereich sowie den innereuropäischen Flugverkehr ab. Damit werden etwa ein Drittel der Emissionen in Österreich erfasst. Wichtige Bereiche wie der Verkehr oder die Landwirtschaft sind bisher nicht abgedeckt. Zum Teil hebt Österreich aber Umweltabgaben ein. Co-Autor Hanno Lorenz verweist auf Mineralölsteuer, Wasser- und Müllgebühren, die NoVA oder die Autobahn-Vignette. 2019 hob der Staat auf diese Weise etwa 15 Milliarden Euro ein. Allein die Mineralölsteuer machte fast 4,5 Milliarden Euro aus.
Österreich muss wie alle EU-Länder darstellen, wie es bis 2030 den CO2-Ausstoß um 36 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 reduzieren will. Bisher sind etwa 300 Maßnahmen geplant, mit deren Hilfe allerdings nur eine Emissionsreduktion von 27 Prozent erreicht werden kann. Österreich droht also die Klimaziele zu verfehlen. Schlimmstenfalls werden Strafzahlungen fällig.
„Verbote verzerren den Wettbewerb“
Die Agenda-Austria-Experten empfehlen Emissionshandel auch auf nationaler Ebene. Und sie verweisen auf das heuer in Deutschland eingeführte System. Die Nachbarn setzen auf eine Kombination aus Steuern und Emissionshandel. Die CO2-Zertifikate werden ohne Mengenbeschränkung zu einem fixen Preis ausgegeben, was einer CO2-Steuer gleichkommt. Derzeit kostet eine Tonne CO2 25 Euro, 2025 soll sie 55 Euro kosten. Danach werden die Zertifikate versteigert. Um eine Reduktion der Emissionen zu erzielen, sinkt die Zahl der Zertifikate.
Der Vorteil dieses Systems sei, dass die Emissionen zuerst dort eingespart werden, wo es für die Unternehmen am günstigsten ist. Es fallen also geringere Kosten für die Wirtschaft an. Das Wie entscheidet der Markt und nicht der Staat, indem er etwa den Verbrennungsmotor verbietet. „Verbote verzerren den Wettbewerb“, sagt Heike Lehner. Die Frage, welche Technologie am effizientesten im Kampf gegen den Klimawandel hilft, solle in den Forschungsabteilungen der Unternehmen beantwortet werden.
Ein funktionierendes Handelssystem führt dazu, dass die Emissionsziele erreicht werden, sind die Autoren überzeugt. Verbrennungsmotor-Verbote würde es keine mehr brauchen, meint Hanno Lorenz. Auch Mineralölsteuer und NoVA wären obsolet. Doch dem Ökonomen ist klar, dass kein Finanzminister leichtfertig auf 15 Milliarden Euro verzichtet. Statt doppelte Öko-Steuern einzuheben, könnte man aber die Infrastruktur bepreisen, die Steuereinnahmen fließen dann idealerweise in den Ausbau des (öffentlichen) Verkehrs.
All diese Konzepte können aber nur greifen, wenn sie global umgesetzt werden. Alleingänge führen eher dazu, dass Unternehmen die Produktion aus Europa abziehen und anderenorts sogar noch mehr CO2 ausstoßen. Eine globale Lösung, so die Autoren, könnte ein Klimaklub sein. Staaten schließen sich also zusammen und einigen sich auf eine gemeinsame CO2-Bepreisung. Klubmitglieder genießen Zollfreiheit und Freihandel. Produkte aus Ländern mit laxen Umweltstandards werden hingegen mit CO2-Zöllen belegt.
Am Ende gehe es darum, den Klimawandel zu verhindern, ohne dabei den Wohlstand zu gefährden, sagen die beiden Agenda-Austria-Experten.