Kräuterpfarrer gab falschen Rat: „Krone“soll nicht haften
EU-Generalanwalt sieht Zeitungsinhalt nicht als „Produkt“.
Sind Zeitungen für die Richtigkeit redaktioneller Tipps haftbar? Um diese Frage kreist ein Schadenersatzprozess, in dem der Oberste Gerichtshof den EU-Gerichtshof (EuGH) um eine Vorabentscheidung ersucht hat. Dort ist nun eine erste Weichenstellung erfolgt: Generalanwalt Gerard Hogan ortet in seinen Schlussanträgen keinen Fall der strengen Produkthaftung: Demnach brauchte die „Kronen Zeitung“einer Leserin, die sich infolge eines falschen Tipps schwer verletzt hatte, kein Schmerzengeld zu zahlen.
In der Rubrik „Hing’schaut und g’sund g’lebt“hatte „Kräuterpfarrer Benedikt“in einer Regionalausgabe einen Rat gegen Rheumaschmerzen gegeben: Frisch gerissener Kren könne helfen. Die betroffenen Stellen sollten mit Fett eingerieben werden, dann lege man geriebenen Kren darauf und presse ihn an. „Diese Auflage kann man durchaus zwei bis fünf Stunden oben lassen.“
Eine Abonnentin legte solch einen Verband für drei Stunden am linken Sprunggelenk an und nahm ihn erst ab, als sie starke Schmerzen verspürte. Die scharfen Senföle im Kren hatten eine toxische Kontaktreaktion hervorgerufen. Wie sich herausstellte, war der Tipp grob falsch. Statt zwei bis fünf Stunden hätte es heißen müssen: zwei bis fünf Minuten.
Die Leserin klagte auf 4400 Euro Schadenersatz. Nach der strengen Produkthaftung würde das Medium unabhängig vom Verschulden für Fehler haften. Der Generalanwalt lehnt aber eine solche Verantwortung ab. Der Inhalt der Zeitung sei, im Gegensatz zum Papier, einfach kein körperliches „Produkt“. Die Schlussanträge sind nicht verbindlich, werden vom EuGH aber oft befolgt. (kom)