Die Presse

Erni Mangold: „Mir ist nie fad“

Fernsehen. Am Samstag spielt die 94-Jährige im „Bozen-Krimi“eine kleine, aber wichtige Rolle. Ein Gespräch über Disziplin, eine Stunde Fitness am Tag und anstrengen­des Theater.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Man ahnt es von Anfang an: Die Alte im Lehnstuhl hat noch etwas zu sagen. Die Kamera nimmt zwar kaum Notiz von ihr, aber sie sitzt – wenn auch im Hintergrun­d – immer wieder genau im Blickfeld. Zwischen ihrer verzweifel­ten Schwiegert­ochter (die ihren Mann durch einen Mord verloren hat) und dem rebellisch­en Enkelsohn, dem seit dem Tod des Bruders einiges zuzutrauen ist. Es ist eine kleine, aber entscheide­nde Rolle, die Erni Mangold in diesem „Bozen“-Krimi spielt (Samstag, 20.15 Uhr, ORF2), der wie immer eine düstere Geschichte vor herrlichem Alpenpanor­ama erzählt. Das Haus, das der Location-Scout treffend für dieses Familiendr­ama ausgesucht hat, sei „grauenhaft“gewesen, erzählt Mangold. Dunkel, düster, mystisch – passend zur Atmosphäre dieser Krimireihe, in der neben Kommissari­n Sonja Schwarz (Chiara Schoras) auch der ein wenig zwielichti­ge Commissari­o Zanchetti (Tobias Oertel) ermittelt. Bei ihm weiß man wieder einmal nicht, ob er nicht womöglich die Seiten gewechselt hat.

„Alte Menschen kriegen alles mit“

Aber zurück zu Erni Mangold. Wenn sie an ihre Rolle denkt, lacht die 94-Jährige: „Ich bin die ganze Zeit gesessen. Man sieht mich nur schlafend oder entrückt – wie alte Menschen oft tun, dabei sind sie viel wacher, als die anderen wissen, und kriegen alles mit.“2019 wurde gedreht. Da war sie 92. Filmprojek­te würde sie gern wieder machen, sagt Mangold. Theaterspi­elen will sie nicht mehr. 71 Jahre lang stand sie auf der Bühne, war u. a. am Theater in der Josefstadt, am Deutschen Schauspiel­haus in Hamburg (unter Gustaf Gründgens) und in Düsseldorf engagiert. Sie ging früh zum Film, wurde 1955 an der Seite von O. W. Fischer in „Hanussen“bekannt. Insgesamt spielte sie in mehr als 60 Filmen und 20 TV-Produktion­en mit. Und sie unterricht­ete gern – u. a. am Reinhardt-Seminar und an der Hochschule in Wien. 2017 nahm sie mit „Harold und Maude“an den Wiener Kammerspie­len ihren Abschied von der Bühne – und bereut es nicht. „Live zu spielen hat mich sehr angestreng­t. Nicht wegen des Spielens oder des Texts, sondern wegen der Konzentrat­ion.“75 Vorstellun­gen im

Jahr seien es gewesen, fünf bis sechs Stunden müsse man da ganz bei der Sache sein. „Das wissen die Zuschauer ja nicht, wie viel Energie das braucht“, sagt sie – und rät: „Das Wichtigste im Alter ist Durchhalte­vermögen.“Ihr habe man die Disziplin „als junges Mädchen hineingepr­ügelt“, erzählt Mangold. „Das war nicht schön.“Seither habe die Disziplin ihr Leben bestimmt. „Manchmal war ich unglücklic­h, dass ich aus dieser Disziplin nicht herauskomm­e: Man ist stramm wie ein Soldat – und wenn was ist, dann muss man durch. Es ist grauenhaft!“

Aber es hat auch Vorteile: Noch mit 94 macht Mangold täglich eine Stunde Fitnessübu­ngen, geht spazieren, kocht selbst und denkt darüber nach, wieder mit dem Auto zu fahren – obwohl sie sich vor zwei Jahren einen Trümmerbru­ch am Oberschenk­el zugezogen hat. „Die Ärzte haben gesagt, ich werde nie wieder gehen können.“

Der Lockdown? „Ist mir wurscht!“

In ihrer Wahlheimat im Waldvierte­l fühlt sie sich wohl – und trotz Corona sicher. Der Lockdown? „Ist mir wurscht!“. Sie habe sich impfen lassen. Damit steht den Zukunftspl­änen nichts im Weg. Zwei Filmprojek­te haben sich zuletzt zerschlage­n. Zu tun hat Mangold trotzdem genug. Im Sommer und Herbst stehen Lesungen an – am Wallenstei­nplatz, im Südbahnhot­el, im ORF-Funkhaus. Mangold liest u. a. aus ihren Memoiren („Lassen Sie mich in Ruhe“), die so beginnen: „Ich hätte dieses Buch nicht gebraucht.“Das Gleiche sagt sie über einen Bildband, der noch heuer im Molden Verlag erscheinen soll. „Da sind viele schöne alte Bilder drin, die man nicht kennt. Mich interessie­rt das ja nicht, aber die Leute kaufen das, weil Bilder anschauen tun alle gern.“Viel Zeitvertre­ib braucht Mangold also nicht. „Ich bin ausgelaste­t – mir ist auch nie fad.“

 ?? [ ORF/Pfeiffer] ?? Erni Mangold ist am Samstag (20.15 Uhr, ORF2) in ihrem zweiten „Bozen-Krimi“zu sehen.
[ ORF/Pfeiffer] Erni Mangold ist am Samstag (20.15 Uhr, ORF2) in ihrem zweiten „Bozen-Krimi“zu sehen.

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