Wie eine Astgabel entsteht
Genetische Veranlagung und Pflanzenhormone bestimmen die Architektur von Bäumen, eine Y-förmige Verzweigung ist aber eine Anomalie.
Forschungsfrage: Eine y-förmige Verzweigung von Bäumen ist eine Anomalie.
Wer gern Waldspaziergänge unternimmt, hat es sich vielleicht schon einmal gefragt: Warum können Bäume der gleichen Art so unterschiedliche Formen annehmen? Im Gegensatz etwa zu Säugetieren, deren genetischer Bauplan keine großen Abweichungen zulässt, bleiben Bäume über ihren Lebenszyklus flexibel. Das Wachstum ihrer Äste folgt zwar einigen Regeln, eine Astgabel ist aber eigentlich nicht vorgesehen. Wie entstehen Verzweigungen, und warum haben manche Bäume scheinbar zwei Stämme?
„Den ersten Spross des Baums nennen wir den Keimtrieb. Bei Nadelbäumen bleibt dieser meist dominant und bildet später den Haupttrieb, bei Laubbäumen ist die Hierarchie weniger streng“, erklärt Peter Hietz, Botaniker und Experte für Pflanzenphysiologie an der Boku Wien: „An welcher Stelle sich die Blätter bilden, ist durch die sogenannte Blattstellung genetisch vorgegeben.“Ahornblätter etwa wachsen gegenständig, das heißt immer zwei entstehen an einem Knoten auf gleicher Höhe. Viele Obstbäume wie Apfel und Marille haben hingegen eine wechselseitige Blattstellung mit nur einem Blatt pro Knoten.
Das hat entscheidenden Einfluss auf die Lage der Äste: „In der Achsel jedes Blattes verbleiben kleine Knospen, von denen theoretisch jede zu einem Zweig austreiben kann“, so Hietz. Doch nicht jede Knospe wird automatisch zum Seitentrieb. „Der Baum reguliert seine Form über eine Reihe von Pflanzenhormonen, um optimal zwischen Höhen- und Breitenwachstum zu wechseln.“
Diese Hormone heißen Auxine und werden an den Spitzen aller Zweige, im Scheitelmeristem, gebildet. Sie verhindern das Ausbilden von Seitenzweigen unmittelbar unter der Spitze des Triebs und fördern so das Längenwachstum. Erst wenn die Auxinkonzentration entlang des Zweigs sinkt, erwachen einige der schlafenden Achselknospen wieder zu neuen Trieben. „Das wird wiederum von Cytokininen gefördert. Die Hormone sind quasi die Gegenspieler des Auxins, entstehen an den Wurzeln des Baums und werden durch den Bast unterhalb der Rinde nach oben transportiert“, sagt Hietz. Das Zusammenspiel der Hormone erklärt auch, warum das Zurückschneiden von Astspitzen das Austreiben junger Blätter und Zweige fördert.
Verwirrte Triebe
Eine Astgabel ist eine Anomalie in diesem Prozess: „So eine Y-Form kann entstehen, wenn zwei gegenständige Knospen zu Ästen austreiben, der Haupttrieb jedoch in weite