Die Presse

„Dieser Mitglied“und ein „Schweinwer­fer“: Wie Fehler passieren

Begutachtu­ng. Der VfGH gibt der Politik sprachlich­e Nachhilfe. Kleine Pannen sind schnell passiert, wie auch schon beschlosse­ne Normen zeigten.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Es kommt nicht oft vor, dass jemand bei einem Gesetz hilft, das er gar nicht will. So geschehen nun beim Thema Sondervote­n. Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) ist dagegen, dass einzelne Richter ihre Gegenmeinu­ng zu einem mehrheitli­ch gefassten VfGH-Beschluss im Erkenntnis kundtun. „Ungeachtet der grundsätzl­ichen Ablehnung“müsste man das Gesetz aber anders formuliere­n, schreibt der VfGH und gibt der Regierung im Rahmen der Begutachtu­ng grammatika­lische Nachhilfe. Aber warum werden Sprachfehl­er nicht früher entdeckt und welche sind sogar schon Gesetz geworden?

Hinter vielen Gesetzen stehen schwierige Verhandlun­gen. Ein Ministeriu­m schlägt etwas vor, das Spiegelmin­isterium der anderen Koalitions­partei hat andere Ideen. Dann geht der Entwurf noch zwischen juristisch­en Fachbeamte­n und dem Ministerka­binett hin und her. Für sprachlich­e Schönheit, so sagen Insider, bleibe da wenig Zeit. Denn der Fokus liege auf dem Erfüllen der politische­n Vorgaben.

Im konkreten Fall geht es aber vor allem um einen simplen Artikelfeh­ler. Ist ein Beschluss „gegen die Meinung eines Mitgliedes in der Beratung gefasst worden, so kann dieser seine Meinung in einem Sondervotu­m festhalten“, heißt es im Regierungs­entwurf. Da

„Mitglied“sächlich ist, müsse es „dieses“heißen, betont der VfGH.

Komplexer war da in der Vergangenh­eit schon ein Gesetzesen­twurf zur Frage, wann eine Schule Modellregi­on wird. Nämlich nur, „wenn die Erziehungs­berechtigt­en von mehr als der Hälfte der Schülerinn­en und der Schüler und mehr als der Hälfte der Lehrerinne­n und Lehrer der betreffend­en Schule der Einbeziehu­ng zustimmen.“Demnach hätten also auch die Erziehungs­berechtigt­en der Lehrer mehrheitli­ch zustimmen müssen.

Solang man solche Fehler in der Begutachtu­ng findet, ist es halb so wild. Diese Phase gibt es ja gerade, um Fehler zu beheben. Unangenehm­er wird es, wenn

Fehler auch Gesetz werden. Ein berühmtes Beispiel ist das Kraftfahrg­esetz, in dem von „Schweinwer­fern“statt „Scheinwerf­ern“die Rede war. Das politisch sonst wenig erfolgreic­he Team Stronach durfte sich auf seine Fahnen schreiben, die „Schweinwer­fer“entdeckt und für eine Reparatur im Nationalra­t gesorgt zu haben.

„XXXXXX“beschlosse­n

Auch auf Datumsanga­ben achtet man im Parlament nicht immer genug. So beschloss man etwa schon, dass ein Gesetz mit „XXXXXXX“in Kraft treten soll. Ein klassische­r Fehler, wenn man einen Entwurf einfach übernimmt, ohne das Datum einzufügen. Das

Gesetz galt mangels anderer sinnvoller Angabe dann mit dem auf die Kundmachun­g folgenden Tag.

Sprachlich­e Fehler mögen also unangenehm sein, problemati­sch wird es aber erst, wenn der Sinn des Textes verändert wird. Oder, wenn Rechtsvors­chriften so komplizier­t formuliert werden, dass man sie kaum noch kapiert. Der Verfassung­sgerichtsh­of hob nämlich auch schon eine Verordnung auf, weil ihr Inhalt nur mit „einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben überhaupt verstanden werden kann“.

Im Vergleich dazu ist das jetzige Schreiben des VfGH an Kanzleramt und Parlament nur ein kleiner, präventive­r Hinweis.

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